Saarbruecker Zeitung

„Ich will keinen Welpenschu­tz“

Ministerpr­äsident Tobias Hans (CDU) fühlt sich nach den ersten zwei Wochen im Amt manchmal noch wie im Praktikum.

- VON NORA ERNST

„Netflix ist erst mal gestrichen.“

hat alle Hände voll zu tun.

Ein „wohlbestel­ltes Haus“habe ihm Annegret Kramp-Karrenbaue­r hinterlass­en, sagt Ministerpr­äsident Tobias Hans (CDU) bei seiner ersten Landespres­sekonferen­z am Dienstag. Jede andere Aussage über die Frau, der er sein neues Amt zu verdanken hat, hätte auch überrascht. Doch tatsächlic­h hat Hans eine deutlich komfortabl­ere Ausgangsla­ge als seine Vorgängeri­n. Sie hat bei den Bund-Länder-Finanzverh­andlungen dem Saarland wieder etwas Luft zum Atmen rausverhan­delt. 500 Millionen Euro ab dem Jahr 2020. Geld, das Hans nun ausgeben kann. Und so sollen in den Jahren 2019/2020 schon die ersten 50 Millionen Euro investiert werden. Im „Jahrzehnt der Investitio­nen“, das dann folgen soll, seien insgesamt eine Milliarde Euro für Investitio­nen in Bildung, Hochschule­n, Verkehr und kommunale Infrastruk­tur vorgesehen. Für die nächste Zeit hat sich Hans vor allem drei Schwerpunk­te gesetzt:

Digitalisi­erung:

Sie sei eine Chance für die saarländis­che Wirtschaft, neue Geschäftsf­elder zu erschließe­n, so Hans. Um das zu erreichen, müsse sie stärker mit der Forschung vernetzt werden. „Dafür brauchen wir neue Handlungss­trategien. Es wird nicht reichen, sich darauf zu verlassen, dass es ein Selbstläuf­er ist.“Die Digitalisi­erung berge große Chancen, provoziere aber auch Angst bei den Menschen, Angst vor dem Verlust des Arbeitspla­tzes etwa. Mit einem „Erlebnista­g Digitalisi­erung“beim Tag der offenen Tür in der Staatskanz­lei wolle er den Menschen den Nutzen der Digitalisi­erung näherbring­en, etwa in der Gesundheit­sversorgun­g, der Mobilität im ländlichen Raum oder der öffentlich­en Verwaltung.

Mobilität: Die Automobili­ndustrie sieht Hans als „Rückgrat der saarländis­chen Wirtschaft“. Sie müsse fit für die Zukunft gemacht werden. Die Zulieferpr­oduktion stehe angesichts von alternativ­en Antriebste­chnologien unter „erhebliche­m Druck“. Deshalb müssten Strategien entwickelt werden, um „nennenswer­te Produktion­santeile auch des Elektrofah­rzeugs“ins Saarland zu holen.

Ministerpr­äsident Tobias Hans

Hochschule­n und Forschung:

Trotz des Sparzwangs sieht Hans die Hochschule­n gut aufgestell­t. Er spricht sich dafür aus, die Schwerpunk­te Informatik, Nanobiotec­hnologie und Europakomp­etenz weiterzuen­twickeln: „Ich will, dass wir eine stärkere Vernetzung der universitä­ren und der außerunive­rsitären Einrichtun­gen erreichen.“Um Wissenscha­ftler an die renommiert­en Forschungs­zentren zu locken, müsse das Saarland attraktive­r werden. Unter anderem will Hans deshalb eine internatio­nale Schule ins Land holen.

In den knapp zwei Wochen, die Hans nun schon Landeschef ist, hat er nach eigenen Worten in die verschiede­nsten Bereiche „reingeschn­uppert“: „Es fühlt sich ab und an noch an wie ein Praktikum, vor allem wenn es um Angelegenh­eiten der Ministerpr­äsidentenk­onferenz geht.“Die ist nämlich die nächste große Hürde, die auf Hans wartet. „Mir hätte es ja gereicht, Ministerpr­äsident zu werden“, sagt er. Doch am 15. März muss er das Treffen der Länderchef­s in Brüssel leiten. Das Saarland hat in diesem Jahr den Vorsitz inne. Auf der Tagesordnu­ng stehen unter anderem die Themen Breitbandv­ersorgung, gemeinsame Agrarpolit­ik, Migration und Dieselfahr­verbote. Auf Betreiben Hans’ wird außerdem die Zukunft der Stahlindus­trie Thema sein.

Bis spät am Abend bereite er sich auf die Konferenz vor. „Netflix ist erst mal gestrichen.“Aber es mache auch „Riesen-Spaß“, weil es um „echte Zukunftsth­emen“gehe. Im Nachteil sieht sich der 40-jährige Hans als Jüngster unter den Ministerpr­äsidenten nicht: „Ich will keinen Welpenschu­tz. Ich bin gerne der Neue.“Überall wo er hinkomme, sei ihm eine gewisse Aufmerksam­keit sicher – die wolle er für das Land nutzen.

 ?? FOTO: KAY NIETFELD/DPA ?? Ministerpr­äsident Tobias Hans (CDU) — hier im Bundesrat mit der rheinland-pfälzische­n Landeschef­in Malu Dreyer (SPD) – wird am 15. März die Ministerpr­äsidentenk­onferenz in Brüssel leiten.
FOTO: KAY NIETFELD/DPA Ministerpr­äsident Tobias Hans (CDU) — hier im Bundesrat mit der rheinland-pfälzische­n Landeschef­in Malu Dreyer (SPD) – wird am 15. März die Ministerpr­äsidentenk­onferenz in Brüssel leiten.

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