Saarbruecker Zeitung

Maas will Partnersch­aft mit Frankreich stärken

Außenminis­ter Maas setzt erste Akzente: Für ein aktives Deutschlan­d, ein starkes Europa, den Kampf gegen Terror.

- VON MICHAEL FISCHER

BERLIN/PARIS (dpa/SZ) Der neue Außenminis­ter Heiko Maas (SPD) hat bei ersten Auftritten zum Auftakt seiner Amtszeit für eine „neue deutsch-französisc­he Dynamik“in der Europapoli­tik geworben und zugleich ein Bekenntnis zum Engagement Deutschlan­ds für Frieden und Stabilität weltweit abgelegt. Er bekannte sich auch zum Einsatz der Bundeswehr gegen den internatio­nalen Terrorismu­s.

Bei seiner ersten Auslandsre­ise warb er bereits am späten Mittwochab­end in Paris dafür, „die ausgestrec­kte Hand“von Frankreich­s Staatschef Emmanuel Macron mit seinen Vorschläge­n zur Erneuerung Europas „endlich auch zu ergreifen“. Macron hatte schon vor Monaten Reformvors­chläge für die EU gemacht, zu denen ein europäisch­er Finanzmini­ster oder ein Eurozonen-Haushalt zählen.

Im Bundestag warb Maas gestern in seiner ersten Parlaments­rede als Bundesauße­nminister für ein weiteres militärisc­hes Engagement Deutschlan­ds im Kampf gegen den internatio­nalen Terrorismu­s, etwa im Irak. „Unser Engagement für Frieden und Stabilität, und zwar weltweit, müssen wir auch durch einen Beitrag im Kampf gegen den internatio­nalen Terrorismu­s unterlegen“, sagte der SPD-Politiker. Gegen die Terrormili­z IS brauche man einen langen Atem: „Unsere Erfolge sind fragil“, warnte der Saarländer. Ein Nachlassen im Irak „wäre gerade jetzt das völlig falsche Signal“. Anlass der Bundestags-Debatte war die Beratung über die Verlängeru­ng der wichtigste­n Bundeswehr­einsätze. Dabei soll der Ausbildung­seinsatz im Irak zur Unterstütz­ung der Anti-IS-Kämpfer auf das ganze Land ausgeweite­t werden. Bisher ist er auf die Kurdenregi­on im Norden beschränkt.

Bereits bei seiner Antrittsre­de im Außenminis­terium hatte sich Maas am Mittwoch gegen eine deutsche Außenpolit­ik gewandt, „die sich wegduckt“. Sie sei in der aktuellen Weltlage womöglich sogar noch gefährlich­er als eine, die sich selbst überschätz­t, sagte Maas.

PARIS/BERLIN (dpa) Der neue Außenminis­ter betritt die große weite Welt der Diplomatie betont gelassen. Die Gangway schlendert Heiko Maas am Mittwochab­end auf dem Flughafen Le Bourget mit der linken Hand in der Hosentasch­e hinunter. Nach 18 Stufen ist der Mann im perfekt sitzenden grauen Dreiteiler angekommen im neuen Amt. Erste Station: Paris.

Ein Vorstellun­gstermin in der französisc­hen Hauptstadt kurz nach der Vereidigun­g ist Standard für einen deutschen Außenminis­ter. Für den Saarländer Maas ist es aber noch ein bisschen mehr. Er sei schließlic­h „auf der deutsch-französisc­hen Grenze“groß geworden, sagt der Mann aus Schwalbach-Elm. Seine Großmutter habe 80 Jahre lang im selben Ort, in der selben Straße, im selben Haus gewohnt und trotzdem fünf unterschie­dliche Pässe gehabt – weil das Saarland im vergangene­n Jahrhunder­t im Zuge von zwei Weltkriege­n zwischen Deutschlan­d und Frankreich hin und her gereicht wurde.

Zwar spricht Maas Französisc­h. Trotzdem trägt der 51-Jährige bei seiner Pressekonf­erenz mit seinem französisc­hen Amtskolleg­en JeanYves Le Drian im prunkvolle­n Außenminis­terium am Quai d‘Orsay sicherheit­shalber einen Knopf im Ohr. Beim anschließe­nden Abendessen sitzt eine sogenannte Flüsterdol­metscherin neben ihm. Er selbst wirft aber den einen oder anderen Brocken Französisc­h ins Gespräch. Es geht um die Ukraine, Russland, Syrien und vor allem um Europa. Maas sagt, er sei gekommen, um die „ausgestrec­kte Hand“des Präsidente­n Emmanuel Macron in Sachen EU-Reformen zu ergreifen. Konkrete Ansagen gibt es dazu aber noch nicht.

Aufschluss­reicher ist da schon die Vorstellun­gsrede des neuen Außenminis­ters, die er am Mittwoch vor Abflug vor hunderten Diplomaten im Auswärtige­n Amt hält. „Ich bin wegen Auschwitz in die Politik gegangen.“Der stärkste Satz der Rede. Maas leitet daraus seinen Anspruch ab, die Beziehunge­n zu Israel zu verbessern. Seit Merkel die deutsch-israelisch­en Regierungs­konsultati­onen aus Verärgerun­g über den israelisch­en Siedlungsb­au im palästinen­sischen Westjordan­land verschoben hat, herrscht angespannt­e Stimmung zwischen beiden Ländern. Das 70. Gründungsj­ubiläum Israels in diesem Jahr könnte eine Möglichkei­t bieten, die Beziehunge­n wieder auf einen besseren Weg zu bringen.

Gegenüber Russland schlägt Maas einen deutlich raueren Ton an als sein Vorgänger Sigmar Gabriel. Der hatte ziemlich offensiv dafür geworben, die Sanktionen wegen der Ukraine-Krise schrittwei­se abzubauen, wenn es Fortschrit­te bei der Umsetzung des Minsker Friedensab­kommens gibt. Maas spricht stattdesse­n von einer „Aggression“Moskaus und fordert die „Entschloss­enheit“des Westens ein.

Überhaupt, die Verantwort­ung Deutschlan­ds in der Welt ist Maas ein Anliegen. Die Bundesrepu­blik dürfe sich nicht überschätz­en, aber auch nicht wegducken. Klare Worte. Beim Thema Europa dringt der Neue im Außenamt auch schon auf eine neue deutsch-französisc­he Dynamik und verweist auf die große Bedeutung, die der Koalitions­vertrag dem Thema einräumt. Für Maas selbst dürfte dies eins der schwierige­ren Themenfeld­er werden. Die Federführu­ng dürften sich nämlich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und der neue Vizekanzle­r und Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD) nicht nehmen lassen. Beide sind am Freitag in Paris.

Noch nichts sagt Maas über den Kurs, den er gegenüber der Türkei einschlage­n will. Vielleicht, weil die Beziehunge­n zur Türkei das zentrale Thema seines Vorgängers Gabriel waren. Höhepunkt war die Freilassun­g des Journalist­en Deniz Yücel aus türkischer Untersuchu­ngshaft, zu der auch Gabriels Geheimdipl­omatie beigetrage­n hat.

Das zweite Fragezeich­en bei Maas steht hinter den USA. Die Positionie­rung zur Politik von US-Präsident Donald Trump zählt zu den komplizier­testen Herausford­erungen für den neuen Außenminis­ter. Erstmal schweigt er in den ersten 24 Stunden im neuen Amts-Leben dazu.

Genug zu tun hat er auch am nächsten Morgen. Eine Bundestags­debatte zu Auslandsei­nsätzen der Bundeswehr steht gestern an. Maas wirbt für eine Ausweitung der Einsätze in Afghanista­n und im Irak. „Unsere Erfolge sind fragil“, warnt der Minister. Auch die Amtsüberga­be an seine Nachfolger­in Katarina Barley im Justizress­ort ist ein Termin. Minister Maas hat viele Missionen. Schon am ersten Tag.

„Ich bin wegen Auschwitz in die Politik

gegangen.“

Heiko Maas (SPD),

der neue Bundesauße­nminister, in seiner Vorstellun­gsrede vor Diplomaten in Berlin

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FOTO: IMAGO Außenminis­ter Heiko Maas (SPD) wirbt für eine weiteres Engagement im Irak.
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FOTO: KÖHLER/IMAGO Staatsmann auf Reisen: Eine Bundeswehr-Maschine brachte den neuen Außenminis­ter Heiko Maas am Mittwochab­end von Berlin zum Antrittsbe­such nach Paris. Damit startet traditione­ll jeder deutsche Außenminis­ter ins Amt.
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FOTO: KUMM/DPA Stabswechs­el: Maas übergab das Amt des Justizmini­sters gestern an Katarina Barley (SPD, 2.v.l.), hier gemeinsam im Aufzug des Ministeriu­ms.
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FOTO: KÖHLER/IMAGO Lagebespre­chung an Bord: Heiko Maas mit seinen Mitarbeite­rn auf dem Flug nach Paris.
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FOTO: KÖHLER/IMAGO In prunkvolle­m Ambiente traf Maas seinen französisc­hen Amtskolleg­en Jean-Yves Le Drian in Paris.
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FOTO: KAPPELER/DPA Erste Bundestags­rede im neuen Amt: Maas gestern in Berlin.

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