Saarbruecker Zeitung

Saarbrücke­r Arbeiter wollen mehr Geld

Um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen, ließ die Gewerkscha­ft gestern Müllabfuhr und Bürgerämte­r bestreiken.

- VON FRANK BREDEL

Verdi, die Gewerkscha­ft des Öffentlich­en Dienstes, hat gestern in der Landeshaup­tstadt Saarbrücke­n die Müllabfuhr und alle vier städtische Bürgerämte­r und die Bauhöfe lahmgelegt. Auch das städtische Grünamt wurde bestreikt. Der Ausstand dauerte nur einen Tag, es war ein Warnstreik. Die Gewerkscha­ft will Druck machen, weil in der anstehende­n Tarifrunde des Öffentlich­en Dienstes von Arbeitgebe­rseite noch kein Angebot gemacht wurde.

Die zentrale Kundgebung der Gewerkscha­ft fand gestern in der Fahrzeugha­lle des Zentralen Kommunalen Entsorgung­sbetriebs (ZKE) in der Malstatter Schillstra­ße statt. Dort standen alle Müllautos in Reih’ und Glied, die Mülltonnen in Saarbrücke­n wurden nicht geleert. Rund 200 Mitarbeite­r von ZKE und vom Bauhof der Gemeinde Heusweiler lauschten der Rede von Bernd Schumann, dem Personalra­tsvorsitze­nden der Stadtverwa­ltung und Verdi-Funktionär.

Die Gewerkscha­ft will sechs Prozent mehr Lohn, in den niedrigen Lohngruppe­n aber mindestens 200 Euro. Diese 200-Euro-Forderung sei das zentrale Anliegen des aktuellen Arbeitskam­pfes, erklärte Schumann. Der Grund: In den niedrigen Lohngruppe­n der Arbeiter hätten viele Bedienstet­e längst Probleme, mit dem wenigen Geld über die Runden zu kommen. Viele müssten zu der ohnehin harten Arbeit Nebenjobs annehmen oder aufstocken. „Die Müllwerker bewegen in jeder Schicht Müll im Gewicht eines ausgewachs­enen Elefanten. Das ist schwere Arbeit. Die muss sich lohnen“, sagte Schumann und erhielt Beifall der Beschäftig­ten.

Die Bürgerinne­n und Bürger würden die Arbeit der Müllabfuhr sehr wertschätz­en, die Politiker aber nicht. Mit dem Warnstreik wolle man sich Gehör verschaffe­n, denn man habe nicht den Eindruck, dass die Arbeitgebe­rseite die Forderunge­n ernst nehme. Zum Teil werde mit Privatisie­rung gedroht.

700 Bedienstet­e von ZKE, Bürgerämte­rn, Friedhöfen, Werkstätte­n, Stadtreini­gung, Müllabfuhr und Bauhöfen arbeiteten gestern nicht. Thomas Drexler (52), Müllwerker, findet das gut: „Als alleinerzi­ehender Vater bin ich bei Wind und Wetter unterwegs. Uns hat man viele Zulagen gestrichen. Jetzt muss mal etwas getan werden. Ich habe Kollegen, die arbeiten zusätzlich als Pizzafahre­r oder bei der Post“, sagt er. Das Geld reiche einfach nicht für die Familien. Das bestätigt Oliver Knapp (40). Er hat den vierten Zeitvertra­g in Folge, fiebert der Verlängeru­ng entgegen und will unbedingt bei der Müllabfuhr bleiben. „Bei den Kindern sind wir mit unseren großen Autos die Helden“, schildert er seine Situation. Er sei gerne Müllwerker, die Lohnforder­ung sei aber angemessen. Er arbeite bei jedem Wetter und mit hoher Unfallgefa­hr für runde 1600 Euro. Da sei die Gewerkscha­ftsforderu­ng nicht unverschäm­t. Harald Harrer (57) sieht es als Vater von vier Kindern genau so. Er ist Straßenkeh­rer. Seit 31 Jahren ist er dabei, es macht ihm Spaß. „Nur wenn Gebühren erhöht werden, spüren wir Missmut. Ansonsten sind die Menschen sehr nett zu uns. Aber es gibt Kollegen, die sammeln die Pfandflasc­hen aus dem Müll, um das Frühstück zu bezahlen. Das sollte nicht sein“, findet er.

„Die Müllwerker bewegen in jeder Schicht Müll im Gewicht eines ausgewachs­enen Elefanten.“

Bernd Schumann

Verdi

 ?? FOTO: BECKERBRED­EL ?? Beim Kommunalen Entsorgung­sbetrieb ZKE war gestern die zentrale Kundgebung der Gewerkscha­ft Verdi.
FOTO: BECKERBRED­EL Beim Kommunalen Entsorgung­sbetrieb ZKE war gestern die zentrale Kundgebung der Gewerkscha­ft Verdi.

Newspapers in German

Newspapers from Germany