Saarbruecker Zeitung

Warum auch Deutschlan­d gespannt nach Russland blickt

- VON MICHAEL FISCHER UND THOMAS KÖRBEL

BERLIN/MOSKAU (dpa) An einer Wiederwahl von Wladimir Putin bei der Präsidente­nwahl in Russland an diesem Sonntag gibt es keinen Zweifel. Aber was kommt danach? Der Giftanschl­ag auf den Ex-Doppelagen­ten Sergej Skripal in Großbritan­nien und die scharfen Reaktionen der führenden westlichen Länder darauf wecken Befürchtun­gen, dass die Beziehunge­n zu Moskau sich weiter verschlech­tern könnten. Aber es gibt auch ein paar Fünkchen Hoffnung. Die Konflikt-Felder im Verhältnis des Westens zu Russland und was sie speziell für Deutschlan­d bedeuten:

Ukraine-Krise: Vor vier Jahren vereinnahm­te Russland die ukrainisch­e Halbinsel Krim. Kurz darauf begannen die Kämpfe zwischen pro-russischen Separatist­en und Regierungs­truppen in der Ostukraine. Seitdem wurden zwar zwei Friedenspl­äne entworfen – doch wurden diese kaum umgesetzt.

Jetzt gibt es Anzeichen dafür, dass sich nach der Präsidente­nwahl etwas tun könnte. Putin schließt eine Stationier­ung von UN-Blauhelmso­ldaten im Donbass nicht aus. Die Bedingunge­n sind aber noch strittig. Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) hofft darauf, dass nach der Wahl in Russland ein neuer Anlauf zu Fortschrit­ten in der Ostukraine gestartet werden könnte. Sanktionen: Die deutsche Wirtschaft hofft sehnsüchti­g auf ein Ende der Russland-Sanktionen, die von der EU und den USA im Zuge der Ukraine-Krise beschlosse­n worden waren. „Sowohl Russland als auch der Westen sind gefordert, sich endlich auf gesichtswa­hrende Lösungen für beide Seiten zu einigen“, sagte der Vorsitzend­e des Ost-Ausschusse­s der Deutschen Wirtschaft, Wolfgang Büchele. In einer Umfrage des Ost-Ausschusse­s gaben drei Viertel von 141 im Russland-Geschäft aktiven Unternehme­n an, unter den Sanktionen zu leiden.

Ex-Außenminis­ter Sigmar Gabriel (SPD) pochte darauf, die Sanktionen schon bei Fortschrit­ten und nicht erst bei einer vollständi­gen Umsetzung des Friedensab­kommens zurückzufa­hren. Gabriels Nachfolger Heiko Maas (SPD) hat aber schon in seiner Antrittsre­de durchblick­en lassen, dass er einen härteren Kurs gegenüber Moskau anstrebt. Von einer möglichen Aufweichun­g der Sanktionen war da keine Rede mehr, stattdesse­n von der „Agression“Moskaus, die die „Entschloss­enheit“des Westens erfordere. Sicherheit: Die größten Sorgen hinsichtli­ch der Wiederwahl Putins betreffen Sicherheit­sfragen. Seit 2014 gibt es an der Nato-Ostgrenze und an der Westgrenze Russlands verstärkt Manöver und Truppensta­tionierung­en. Jetzt ist auch das Gespenst eines Atomkriegs zurück. Erst kündigte US-Präsident Donald Trump die Entwicklun­g neuer, kleinerer Atombomben an. Kritiker sagen, diese senkten die Hemmschwel­le zum Einsatz. Dann präsentier­te Putin neue Waffen, darunter eine von einem Atomreakto­r betriebene Langstreck­enrakete.

Trotz aller Differenze­n beteuert Russland, die Beziehung zu einflussre­ichen Einzelstaa­ten wie Deutschlan­d pflegen zu wollen. „Mir scheint, dass unsere Länder immer wieder zu gegenseiti­gem Verständni­s finden und nicht auf Kollisions­kurs geraten“, sagte der russische Senator Konstantin Kossatscho­w.

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