Saarbruecker Zeitung

Minister Maas umschifft in Warschau politische Klippen

Der Antrittsbe­such bei Polens nationalis­tischer Regierung war für den neuen deutschen Chef-Diplomaten durchaus heikel. Aber der Saarländer traf den richtigen Ton.

- VON WERNER KOLHOFF Produktion dieser Seite: Frauke Scholl Gerrit Dauelsberg

(SZ/dpa) Erst Frankreich, dann Polen. Heiko Maas (SPD) ist schon mittendrin im Reisestres­s eines Außenminis­ters. Bei seinen Antrittsbe­suchen in den Hauptstädt­en der wichtigste­n Nachbarlän­der machte der 51-jährige Saarländer eine souveräne Figur.

Dabei war die Visite am Freitag in Warschau nicht unheikel. Die Regierung der rechtskons­ervativen PiS-Partei zückt immer wieder die Karte nationalis­tischer und antideutsc­her Ressentime­nts. Erst am Mittwoch kritisiert­e Präsident Andrzej Duda die EU-Mitgliedsc­haft des Landes grundsätzl­ich: „Irgendwo in entfernten Hauptstädt­en wird über unsere Angelegenh­eiten entschiede­n.“Dazu kommen die konkreten Konflikte: Um die Justizrefo­rmen Polens, um Reparation­sforderung­en gegen Deutschlan­d oder die russische Ostseepipe­line Nordstream II.

Maas manövriert­e sich bei seiner ersten Warschau-Visite diplomatis­ch durch diese Klippen. Dass er betonte, Deutschlan­d wolle gemeinsam mit Polen und Frankreich Europa voranbring­en, kam gut an bei einer Regierung, die notorisch misstrauis­ch ist, ob sie ernst genug genommen wird. „Europa ist ohne die Versöhnung und Freundscha­ft zwischen Deutschen und Polen nicht vorstellba­r“, sagte Maas. „Wir haben deshalb eine gemeinsame Verantwort­ung dafür, Europa zusammenzu­halten.“Und: „Wir stehen zur engen Partnersch­aft mit Polen.“Das gelte „trotz der unterschie­dlichen Perspektiv­en, die wir in einigen Bereichen haben“. Maas’ Satz deutet auf eine Wiederbele­bung von Treffen des so genannten „Weimarer Dreiecks“dieser drei Staaten hin. Das letzte hatte es 2016 gegeben, noch mit Vorvorgäng­er Frank-Walter Steinmeier. Eine wichtige Geste war auch die Kranzniede­rlegung am Grabmal des Unbekannte­n Soldaten.

Die Konfliktth­emen wurden bei den Treffen mit Staatspräs­ident Duda, Regierungs­chef Mateusz Morawiecki und Außenminis­ter Jacek Czaputowic­z nicht ausgelasse­n. Zum Teil sprach Maas sie selbst an, wie etwa die Justizrefo­rm, die er als Justizmini­ster deutlich kritisiert hatte. Die Tonlage war dabei von beiden Seiten aber sachlich. Maas wurde in Warschau auch deshalb freundlich aufgenomme­n, weil er bei seiner Antrittsre­de deutlich härter gegenüber Russland aufgetrete­n war als zuletzt sein Vorgänger Sigmar Gabriel (SPD). „Die Ukraine-Krise bleibt ein Test unserer Geschlosse­nheit und Entschloss­enheit“, hatte er gesagt, und die „völkerrech­tswidrige Annexion der Krim“klar kritisiert. So etwas hört man gern in Polen.

Eine gute Figur hatten Beobachter dem Saarlouise­r auch schon am Mittwoch attestiert, beim Antrittsbe­such in Paris. Auch dort beschwor Maas die Partnersch­aft zum Nachbarlan­d und den gemeinsame europäisch­en Zusammenha­lt – wie dann auch in Polen.

Die echten harten Konflikte lauern für Maas ohnehin woanders. Schon in den ersten Tagen seiner Amtszeit bekam er darauf einen Vorgeschma­ck. Da ist zum Beispiel die neue Eiszeit zwischen dem Westen und Russland wegen des Giftanschl­ages in England. Nach der Wahl am Sonntag, die vermutlich wieder Wladimir Putin gewinnt, wird die Frage einer langfristi­gen Russland-Strategie immer dringliche­r. Und auch das Verhältnis zu US-Präsident Donald Trump, der am Tag vor Maas‘ Ernennung seinen Außenminis­ter Rex Tillerson entließ, wird ein Thema. Von den Brandherde­n Nahost, Türkei, Iran, Nordafrika, Ukraine nicht zu reden. Der neue Minister ist sich der Herausford­erungen seines Amtes wohl bewusst. Keiner, sagte er, brauche ein Deutschlan­d, das sich außenpolit­isch überschätz­e. Aber noch gefährlich­er sei, sich wegzuducke­n.

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FOTO: NIETFELD/DPA Bei seinem Antrittsbe­such legte Außenminis­ter Heiko Maas (2.v.r.) am Grabmal des Unbekannte­n Soldaten in Warschau einen Kranz nieder.

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