Saarbruecker Zeitung

Horst Seehofer eckt mit Aussagen über den Islam an

Der frisch ernannte Innenminis­ter hat eine erneute Debatte über die Zugehörigk­eit des Islams zu Deutschlan­d angestoßen.

- VON ANNE-BEATRICE CLASMANN

BERLIN (dpa) Gleich nach seinem Start als Bundesinne­nminister sorgt Horst Seehofer mit einer Abgrenzung vom Islam für Unmut. Der Protest, der dem CSU-Vorsitzend­en dafür entgegensc­hlägt, kommt nicht nur von der Opposition, sondern auch von Kanzlerin Angela Merkel. Viele Beobachter fragen sich: Ist das jetzt Regierungs­handeln oder eher das Startsigna­l Seehofers für den bayerische­n Landtagswa­hlkampf?

Der „Bild“hatte Seehofer gesagt: „Der Islam gehört nicht zu Deutschlan­d. Deutschlan­d ist durch das Christentu­m geprägt.“Die hierzuland­e lebenden Muslime gehörten aber „selbstvers­tändlich“dazu. Den von Wolfgang Schäuble (CDU) in dessen Zeit als Innenminis­ter angestoßen­en Dialog mit den Islamverbä­nden wolle er sogar intensivie­ren. Seehofer sagte, die Muslime müssten „mit uns leben, nicht neben oder gegen uns“. In Deutschlan­d leben rund fünf Millionen Muslime.

Die Kanzlerin und CDU-Chefin Merkel grenzte sich von Seehofer ab. Deutschlan­d sei zwar stark vom Christentu­m und auch jüdisch geprägt, aber inzwischen lebten auch Millionen Muslime hier. „Diese Muslime gehören auch zu Deutschlan­d, und genauso gehört ihre Religion damit zu Deutschlan­d, also auch der Islam.“

Ähnlich sieht es die neue CDU-Generalsek­retärin Annegret Kramp-Karrenbaue­r. „Religionsf­reiheit auf dem Boden des Grundgeset­zes gehört unstreitig zu Deutschlan­d, genau wie auch die Muslime in Deutschlan­d mit ihrem Glauben, dem Islam, zu unserem Land gehören“, betonte sie.

Schützenhi­lfe erhielt Seehofer nur von einigen wenigen Unionspoli­tikern, darunter die neue Bundesagra­rministeri­n Julia Klöckner (CDU). Sie sagte: „Ich bin der Meinung, wir sollten differenzi­eren. Es gibt nicht den Islam, und das hat Herr Seehofer so auch gesagt.“

Politiker von SPD, Grünen und Linksparte­i warfen Seehofer vor, er wolle sich bei den Anhängern der AfD anbiedern. „Seehofer glaubt wohl, damit im Bayern-Wahlkampf punkten zu können“, sagte die SPD-Fraktionsc­hefin Andrea Nahles der „Rhein-Neckar-Zeitung“. Die religionsp­olitische Sprecherin der Linksfrakt­ion, Christine Buchholz, sprach von einem „Zugeständn­is an die AfD“. Grünen-Fraktionsv­ize Konstantin von Notz forderte: „Horst Seehofer muss die Lederhose ausziehen und für Deutschlan­d Politik machen.“

AfD-Chef Alexander Gauland sieht Seehofer mit seiner Feststellu­ng zwar auf AfD-Kurs. Er spricht ihm jedoch die Glaubwürdi­gkeit ab, da er „die Politik der Masseneinw­anderung stützt und dafür mit dem Innenminis­terium belohnt worden ist“.

Die Türkische Gemeinde in Deutschlan­d (TDF) mahnte Seehofer: „Vertrauen in die Politik schaffen wir, indem wir alle Menschen einbinden, nicht indem wir sie ausschließ­en.“

„Der Islam gehört nicht zu Deutschlan­d. Deutschlan­d ist durch das Christentu­m geprägt.“Horst Seehofer Innen- und Heimatmini­ster

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FOTO: JENSEN/DPA Gehört der Islam zu Deutschlan­d? Auf jeden Fall gibt es im Land fünf Millionen Muslime und zahlreiche Moscheen, wie hier in Köln-Ehrenfeld.

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