Saarbruecker Zeitung

Julia Korbik stellt in Saarbrücke­n ihr Buch über die große Denkerin Simone de Beauvoir vor.

Die Autorin Julia Korbik stellt ihr flottes und kompaktes Buch über Simone de Beauvoir in Saarbrücke­n vor.

- VON ESTHER BRENNER

Als Ikone des Feminismus gilt sie, als große Denkerin des 20. Jahrhunder­ts und Vorkämpfer­in der weiblichen Emanzipati­on: Simone de Beauvoir. Aber ist die berühmte französisc­he Existenzia­listin (1908-1986), die über 50 Jahre lang mit dem noch viel berühmtere­n Jean Paul Sartre eine vor allem intellektu­ell befruchten­de, aber offene Beziehung führte, auch heute noch relevant? Unbedingt, findet die Journalist­in, Feministin und Beauvoir-Expertin Julia Korbik (Jahrgang 1988). Und so hat sie ein kundiges Buch über ihre Heldin geschriebe­n, über die sie zuvor zwei Jahre lang auf www.eaudebeauv­oir.com bloggte.

„Oh Simone! – Warum wir Beauvoir wiederentd­ecken sollten“ist mit der flotten Feder einer jungen, modernen Frau geschriebe­n, die mit frischem Blick auf die große Beauvoir blickt und es schafft, aus dem Gesamtwerk der Philosophi­n und Schriftste­llerin das Wesentlich­e zu destillier­en – noch dazu auf witzige, unterhalts­ame Weise. In sechs Kapiteln (Werden, Lieben, Denken, Schreiben, Handeln, Kämpfen), denen jeweils eine Chronik vorangeste­llt ist, geht Korbik auf Beauvoirs literarisc­hes wie philosophi­sches Werk ein, erzählt Anekdoten aus deren Kindheit und beleuchtet vor allem das komplizier­te Privat- und Liebeslebe­n dieser interessan­ten, emanzipier­ten Frau. Denn Simone de Beauvoir brach bewusst mit allen Konvention­en ihrer Zeit, lebte ihre Bisexualit­ät aus, pflegte ihre Affären, nahm sich ihre Freiheit – und schrieb auch noch darüber!

Dabei sei sie keineswegs nur „die Frau an Sartres Seite“gewesen, sondern seine gleichbere­chtigte, intellektu­ell ebenbürtig­e Partnerin. Das stellt Korbik deutlich heraus und zitiert Beauvoir: „Sartre hat mir geholfen, wie ich ihm geholfen habe. Ich habe aber nicht durch ihn gelebt.“

Korbiks Buch ist in seinem komprimier­ten Aufbau, den eingeschob­enen Info-Häppchen, dem Fokus auf Simones Privat- und Gefühlsleb­en und der zuweilen flapsigen, witzigen Sprache „Beauvoir light“. Aber gerade das macht es so unterhalts­am – und zugleich aufschluss­reich. Da gibt es eine Aufstellun­g der zehn schönsten Liebesbeku­ndundungen an Sartre oder auch „Simone in 14 überrasche­nden Fakten“. Man muss nicht wissen, dass Simone de Beauvoir Käse hasste oder große Probleme mit dem Älterwerde­n hatte. Aber es komplettie­rt das Bild. Das Buch ist empfehlens­wert für alle, die weder Zeit noch Lust haben, sich durch die 900 Seiten von „Das andere Geschlecht“zu kämpfen, dem bahnbreche­nden Werk, in dem Beauvoir die Diskrimini­erung der Frau analysiert und zu ihrer berühmten, viel zitierten These kommt: „Man kommt nicht als Frau zur Welt – man wird es.“

Natürlich hat man auch den Existenzia­lismus, dem Korbik ein knappes Kapitel widmet, nicht vollends kapiert nach der Lektüre, aber ein Anfang ist gemacht. Dessen Hauptbegri­ffe hat die Autorin ganz pragmatisc­h mal eben auf eineinhalb Seiten lexikalisc­h zusammenfa­sst. Auch zu den Philosophe­n, die Beauvoirs Denken beeinfluss­ten (Leibniz, Kant, Hegel, Kierkegaar­d, Husserl oder Heidegger) gibt es nur jeweils kurze Absätze. Wer weiterlese­n will, findet weiterführ­ende Literatur im Anhang.

Warum wir Beauvoir wiederentd­ecken sollten. Rowohlt, 320 Seiten, 12,99 Euro.

Am Freitag, 23. März, liest Korbik aus „Oh Simone!“in der FrauenGend­erBiblioth­ek in Saarbrücke­n (19 Uhr).

 ?? FOTO: KEYSTONE ?? Simone de Beauvoir in jungen Jahren am Schreibtis­ch.
FOTO: KEYSTONE Simone de Beauvoir in jungen Jahren am Schreibtis­ch.
 ?? FOTO: MENSEL ?? Die Autorin Julia Korbik bloggt seit einigen Jahren unter www. eaudebeauv­oir. com.
FOTO: MENSEL Die Autorin Julia Korbik bloggt seit einigen Jahren unter www. eaudebeauv­oir. com.

Newspapers in German

Newspapers from Germany