Saarbruecker Zeitung

Sexismus im Literaturg­eschäft

Verband „Bücherfrau­en“beklagt Übergriffe in der Literaturs­zene – Autorin Cole kritisiert aber „Fokus auf das Negative“.

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LEIPZIG (dpa) Der Literaturb­etrieb hat nach der Einschätzu­ng des Verbands Bücherfrau­en ein Sexismus-Problem. „Auf jeden Fall haben wir in der Buchbranch­e ein Machtgefäl­le zwischen Männern und Frauen“, sagte die Vorsitzend­e Jana Stahl auf der Leipziger Buchmesse, die am Sonntag zu Ende geht. Die Mitglieder­innen hätten geschilder­t, dass dieses Machtgefäl­le teilweise auch ausgenutzt werde. „Da geht es vom unerwünsch­ten Körperkont­akt – etwa ein sehr ausgedehnt­er Händedruck, der nicht mehr dem normalen entspricht, bis zum Po-Grapscher – über verbale Anzüglichk­eiten bis hin zu sexuellen Andeutunge­n und zur Nötigung“, sagte Stahl.

Die Bücherfrau­en sind ein Netzwerk für Frauen aus Buchhandel, Verlagen, Agenturen und anderen Bereichen des Literaturb­etriebs. In einer internen Umfrage unter den rund 1000 Verbandsan­gehörigen meldeten sich demnach etwa 10 Prozent mit Erfahrunge­n zu sexueller Belästigun­g zu Wort.

Auch die Bestseller-Autorin Nina George („Das Lavendelzi­mmer“) kennt solche Geschichte­n. „Ich habe eine Kollegin, sehr klug, sehr gut aussehend, die gerät bisweilen in Situatione­n, wo ihr etwa ein Verleger sagt, sie solle ein bisschen netter zu ihm sein – das würde ihr schon etwas bringen.“Zudem kritisiert­e George eine mangelnde Repräsenta­tion von Autorinnen in den Medien. So machten Rezensione­n über Werke von Frauen nur etwa ein Viertel aller Buchbespre­chungen aus, sagte die 44-Jährige, die dem Präsidium des Schriftste­llerverban­ds PEN-Zentrum Deutschlan­d angehört. Das sei ein Strukturpr­oblem. „Ich habe in einem Jahr mal die Literaturp­reise gezählt. Bei den etwa 150 wichtigen, hoch dotierten Preisen gewannen Autoren rund fünfmal häufiger als Autorinnen.“

Die Autorin Isabel Fargo Cole sagte auf der Messe, es könne „kontraprod­uktiv sein, wenn man Frauen immer suggeriert, sie würden auf jeden Fall diskrimini­ert werden. Wenn man Frauen ermutigen will, ins Literaturl­eben zu treten, könnte dieser Fokus auf das Negative auch nach hinten losgehen.“

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