Die heißeste SUV-Versuchung seit Langem
Der neue schicke Jaguar E-Pace macht im Segment der Kompakt-SUVs Jagd auf die Konkurrenz von Porsche, BMW und Mercedes.
KRONBERG Man muss nicht gleich Automobil-Historiker sein, um sich noch der Zeiten zu erinnern, da die britische Raubkatze ein trauriges Dasein als lahmer Stubentiger fristete. Reichlich von dem, was unter der Motorhaube an Leistung versprochen wurde, vernichtete garantiert die Automatik, während sich der Rost zuverlässig der Karosserie annahm. Immerhin machte man als Fahrer in einem Jaguar stets eine elegante Figur, sofern der Wagen lief; die Elektrik halt.
Vorbei die schlimmen Jahre. Die Raubkatze brüllt unter indischer Obhut (Tata Motors) wieder so kraftvoll, dass es eine Lust ist. Sicher, die flachen, fast filigranen Limousinen-Silhouetten von einst sind passé. Jaguar-Chefdesigner Ian Callum triezt die Katze seit Jahren im Trainingslager. Herrlich muskulös sind die Linien im Blech mittlerweile. Der neue, kompakte E-Pace braust gar als heißeste SUVVersuchung seit Langem über den Asphalt.
Und wenn’s denn sein muss, wühlt er sich dank Vierrad-Antrieb mit gleich zwei elektronisch steuerbaren Lamellenkupplungen auch tapfer durch Matsch und Schlamm. Wer aber wollte diesem AllradDandy, der in den vier Ausstattungslinien S, SE, HSE und R-Dynamic angeboten wird, ernsthaft eine Moddertour zumuten? Allenfalls mal ein Abstecher zum Strand, um fix mit dem Board über die Wellen zu surfen. Da kommt auch ein EPace-Gimmick wie gerufen: ein Kunststoffarmband mit integriertem Schlüsselchip. Auch Jogger werden es lieben.
Neben dem wuchtigen Bruder FPace (4,73 Meter lang) wirkt der EPace wie ein agiler Sprinter neben einem Kugelstoßer. Während die Karosserie des F-Pace überwiegend aus Aluminium gefertigt ist, fährt der E-Pace mit einem höheren Stahl-Anteil durch die Lande. Auf knappen 4,40 Metern bietet das kompakte SUV mit 577 bis 1234 Litern Stauraum ein überraschend geräumiges Lastenfach, das gut zu beladen ist. Vorne sitzen auch TopModells und Lulatschs noch bequem. Zudem auf straffen Sitzen, die selbst aktiven Fahrern Halt geben. Hinten verdient der Platz immerhin noch das Etikett passabel. Beim Einsteigen gilt es jedoch, bußfertig das Haupt zu neigen, sonst verpasst einem die abflachende Dachlinie eine Kopfnuss. Und die Fondtüren sind so schmal geschnitten wie James Bonds Anzüge. Da der kleine Jaguar aber auch auf junge wie finanzstarke Familien zielt, darf Gelenkigkeit der Fondpassagiere wohl vorausgesetzt werden. Nicht nur den Nachwuchs wird es hingegen freuen: Einen WLAN-Hotspot für bis zu acht Endgeräte bietet der E-Pace auch, Jaguar E-Pace AWD
Ausführung: Kompakt-SUV
Preis: 52 850 Euro
Länge: 4,39 Meter
Breite: 2,08 Meter
Höhe: 1,65 Meter
Radstand: 2,68 Meter
Leergewicht: 1894 Kilogramm Zuladung: 596 Kilogramm Anhängelast: 1800 Kilogramm Gepäckraum: 577 – 1234 Liter Motor: Vierzylinder-Benziner Hubraum: 1998 ccm
Leistung: 300 PS/221 kW Drehmoment: 400 Nm (1500/min) Schadstoffklasse: Euro 6
Spitze: 243 km/h
0 auf 100 km/h: 6,4 Sekunden Normverbrauch: 8,0 Liter CO2-Ausstoß: 181 g/km
dazu einen mittigen Zehn-ZollTouchscreen. Auch ein Head-upDisplay ist an Bord, ebenso digitale Instrumente in den besseren Ausstattungen. Und auf die mittlerweile in einem Auto dieser Klasse erwartbaren Helferlein wie Notbremsassistent, automatische Abstandsregelung, Spurhaltewarner und Rückfahrkamera muss man ebenfalls nicht verzichten.
Der neue E-Pace, der in der günstigsten Variante 34 950 Euro kostet, wurde konsequent, aber doch mit Verstand auf sportlich getrimmt, selbst wenn nur noch Vierzylinder mit je zwei Litern Hubraum unter der Haube werkeln. Shocking, entrüsten sich da die alten Herren im Jaguar Owners Club, wo ein Motor ja erst ab sechs und wahrer Maschinen-Adel mit zwölf Zylindern beginnt. In modernen Zeiten sind drei Diesel – mit 150, 180 oder 240 PS – am Start. Bei den Benzinern hat man die Wahl zwischen 250 oder 300 PS. Letzterer erweist sich just in Verbindung mit der ZF-Neunstufen-Automatik als Kraftpaket, das gut am Gas hängt, den Fünfsitzer in 6,4 Sekunden von 0 auf Tempo 100 wuchtet. Ein Motor, der einfach Spaß macht – und sich trotzdem nicht zu Tode säuft. Auch bei forcierter Gangart kommt man über 14 Liter kaum hinaus.
Das wirklich faszinierende am EPace aber ist: Man fühlt sich als Fahrer nicht wie in einem hochbeinigen SUV. Hinterm Lenkrad sitzt man eher tief, vom weit herumgezogenen Cockpit angenehm umfangen und der Straße nah genug, eben eher wie in einer Limousine. Da reicht Jaguar tatsächlich an den Porsche Macan heran, nach wie vor der Maßstab in Sachen Fahraktivität dieses Segments. Ganz so sportlich wie der Schwabe hat man den E-Pace allerdings nicht abgestimmt, auch die Lenkung arbeitet nicht so direkt. Trotzdem macht mit ihm jede Kurve Laune, und jede Gerade spornt an. Das bringt nicht nur auf Landstraßen Freude. So kompakt und handlich wie der EPace konstruiert ist, drücken einen mit diesem Jag auch in der Stadt nicht die üblichen SUV-Sorgen: zu viel Auto nämlich für enge Spuren und Parklücken. Der E-Pace ist da gerade die noch richtige Dosis Auto – und ein hinreißender Jaguar.