Hymne bildet heutige Lage gut ab
Unter „Vaterland“wurde bis in die Neuzeit das vom Vater ererbte und in Verantwortung der Familie bebaute Acker-, Wiesen-, Weidenund Gartenland verstanden. Realerbteilung ist seit der Revolution allgemeines Gesetz: Alle Kinder, auch die weiblichen, erbten zu gleichen Teilen. Der Familienbesitz setzte sich also aus den von Vater und Mutter in die Ehe gebrachten oder ererbten Gütern zusammen. So verlor das Wort „Vaterland“seine ursprüngliche Bedeutung als Bezeichnung für ererbtes Land, an seine Stelle trat das Wort „Eigentum“. Eine neue Karriere machte das Wort „Vaterland“in den Befreiungskriegen als Lehnübersetzung des französischen „Patrie“beziehungsweise des lateinischen „Patria“. Es drückte die Sehnsucht aus nach einem Nationalstaat, in dem sich alle Deutschen wiederfinden sollten. Als Hoffmann von Fallersleben 1841 den Text der heutigen Hymne schrieb, waren „Recht und Freiheit“in einem „einigen“deutschen Staat, die von der französischen Revolution übernommenen Ideale, noch Zukunftsmusik. Aber auch in unserem heutigen „Vaterland“stellt uns das Streben nach „Einigkeit und Recht und Freiheit“immer wieder vor neue Aufgaben. „Mutterland“oder „Heimatland“eignen sich nicht als Ersatz für das Wort „Vaterland“, weil die Bedeutung dieser Wörter in andere Richtungen geht („Ursprungsland“, „Herkunftsland“). Auch das „brüderliche“Streben der Hymne hat seinen Ursprung im Ideal der Französischen Revolution („Fraternité“). Die BRD ist diesem Ideal an vielen Stellen verpflichtet (Schutz der Minderheiten). Nicht viele Hymnen lassen sich so gut auf die heutigen Lebensverhältnisse anwenden. Wir sollten nichts an unserer ändern. nicht bedacht. Für die meisten deutschen Vertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg sind Ostpreußen, Schlesien, Pommern und das Sudetenland ihre Heimat, diese Gebiete gehören aber heute zu Polen und Tschechien. Wenn man für Einigkeit, Recht und Freiheit für das deutsche Heimatland eintritt, kann man leicht missverstanden werden; für Reichsbürger und andere Revanchisten ist dies eine Steilvorlage im Kampf um die deutschen Grenzen von 1937. Gar nicht auszudenken aber sind die Reaktionen in Polen, Tschechien und im übrigen Europa. Der modische Wahn, die Sprache geschlechtsneutral zu säubern, kann verheerende Folgen haben.