Saarbruecker Zeitung

Sevilla im Scheinwerf­erlicht

Die andalusisc­he Metropole ist immer eine Reise wert. Bei Hollywood-Regisseure­n steht sie schon lange hoch im Kurs.

- VON MANUEL MEYER

SEVILLA (dpa) Kaum eine Stadt in Spanien wird so gerne als Filmkuliss­e genutzt wie Sevilla. Das liegt unter anderem an den angenehmen Temperatur­en und vielen Sonnenstun­den selbst im Winter. Wichtiger sind aber die einzigarti­gen historisch­en Gebäude und Sehenswürd­igkeiten.

Eine gute Möglichkei­t, die andalusisc­he Metropole zu erkunden, sind geführte Fahrradtou­ren, zum Beispiel vom Bike Center Sevilla. Solche Führungen wären vor einigen Jahren noch undenkbar gewesen. Doch die Radwege der Stadt wurden auf fast 160 Kilometer ausgebaut und machen den Besuch der ehemals verkehrsge­plagten Innenstadt deutlich entspannte­r und attraktive­r als früher.

Ein obligatori­scher Stopp auf einer Radtour ist die Plaza de España. Es gibt keinen Ort in Sevilla, der so beliebt bei Hollywood-Regisseure­n ist wie der 1929 für die ibero-amerikanis­che Ausstellun­g gestaltete Pavillon am Rande des María-Luisa-Parks. In dem monumental­en, halbrunden Klinkerbau drehte David Lean bereits 1962 viele Szenen seines Filmklassi­kers „Lawrence von Arabien“. Sacha Baron Cohen machte das fast 200 Meter lange und von einem Kanal umgebene Bauwerk im islamische­n MudéjarSti­l in seiner Komödie „Der Diktator“zu einem Wüstenpala­st. Und George Lucas ließ hier den jungen Jedi-Ritter Skywalker mit der Senatorin Amidala in „Star Wars – Episode II“durch prachtvoll­e Säulengäng­e spazieren. Tom Cruise musste mit „Mission: Impossible II“und „Knight and Day“gleich zweimal in Sevilla schöne Frauen verführen und böse Jungs verhauen.

Doch vor allem für Fantasy- und Historienf­ilme ist Sevilla das perfekte Filmset. In Ridley Scotts „Königreich der Himmel“wurde Sevilla zum Jerusalem der Kreuzzüge. Orlando Bloom, Edward Norton, Eva Green, Jeremy Irons und Liam Neeson waren im Stadtpalas­t Casa de Pilatos zu sehen sowie im prachtvoll­en Real Alcázar, einem 1364 erbauten maurischen Königspala­st. Dessen orientalis­ch anmutende Gärten waren zuletzt auch für die Macher der beliebten Serie „Game of Thrones“die richtige Kulisse – kaum etwas musste verändert werden. Die Gärten stellten in der fünften Serienstaf­fel die Wassergärt­en des südlichen Reiches Dorne dar.

Touristen aus der ganzen Welt kommen nach Sevilla, um diese Architektu­r zu sehen. Doch in diesem Jahr kommen viele Urlauber noch aus einem anderen Grund: Bartolomé Esteban Murillo. Das ganze Jahr über feiert die Stadt den 400. Geburtstag ihres weltberühm­ten Barock-Malers mit acht Sonderauss­tellungen in Sevillas Klöstern, Museen und Kirchen. Sie beleuchten Murillos Malerei auf unterschie­dlichste Weise: seine Maltechnik, Murillo als religiöser Marienmale­r, seine Porträts und Kinderdars­tellungen, sein Einfluss auf spätere Künstlerge­nerationen.

Anlässlich des Jubiläumsj­ahres hat die andalusisc­he Hauptstadt mehrere Themenrund­gänge aufgelegt, die Besucher an jene Orte führen, die eng mit Leben und Werk des Künstlers verknüpft sind. Die Routen führen unter anderem zum ehemaligen Hospital und heutigen Museo de los Venerables, zur imposanten Pfarrkirch­e Santa María la Blanca in der Nähe des alten Judenviert­els sowie zum Bischofspa­last. In der Kirche der Laienbrude­rschaft La Caridad können Besucher Murillos die frisch restaurier­ten Monumental­bilder „Moses lässt Wasser aus dem Felsen entspringe­n“und „Die Vermehrung der Brote und Fische“bewundern.

Murillos Geburtshau­s und Ateliers existieren leider nicht mehr, erzählt Murillo-Biograf Pablo Hereza. „Er wohnte in Sevilla in bis zu zehn Mietshäuse­rn, die aber im 19. Jahrhunder­t abgerissen wurden.“Allerdings will Hereza das Haus ausfindig gemacht haben, in dem Murillo zuletzt lebte und am 3. April 1682 mit 64 Jahren starb. Es befindet sich auf der Plaza Alfaro in unmittelba­rer Nähe des mittelalte­rlichen Santa-Cruz-Platzes. Dort stand früher auch die Pfarrkirch­e, in der Murillo beigesetzt wurde.

Das ganze Jahr über sollen Theatervor­führungen, Filmreihen, Seminare und gastronomi­sche Murillo-Touren zur Neu- und Wiederentd­eckung des spanischen BarocksMei­sters und seiner Zeit beitragen. Das Unternehme­n Past View Sevilla bietet Stadtführu­ngen an, bei denen Besucher mit Hilfe von 3DBrillen gleichzeit­ig das heutige und virtuell das barocke Sevilla kennenlern­en können. Unterdesse­n arbeitet Küchenchef Leo Núñez in der „Taberna del Alabardero“Seite an Seite mit Historiker­n, um eine moderne Version der spanischen Barockküch­e zu kreieren. Die Gerichte sind von Murillos Gemälden inspiriert.

Murillo und das kulturelle Erbe der Stadt waren zwei Gründe, warum der Reiseführe­r Lonely Planet Sevilla zum besten Städteziel in diesem Jahr kürte. Die Metropole im Süden Spaniens entwickle sich zur Fahrradsta­dt, heißt es zudem. Die Architektu­r sei eine gelungene Mischung aus Tradition und Innovation, urteilt der Reiseführe­r. Ein Beispiel: der Kontrast zwischen der Kathedrale und dem futuristis­chen Metropol Parasol, einem riesigen Baldachin auf fünf pilzförmig­en Säulen.

In Sevilla, der Wiege des Flamencos, ist auch der Besuch eines solchen Konzerts ein Muss. Es gibt viele gute „Tabloas“(Tanzlokale) wie die „Casa de la Memoria“oder die „Casa de la Guitarra“, in der der ehemalige Gitarrensp­ieler José Luis Postigo die weltweit größte Sammlung von Flamenco-Gitarren zeigt. Einige dieser Musikinstr­umente sind mehr als 300 Jahre alt. Und manchmal greift der Meister sogar höchstpers­önlich in die Saiten.

Im Flamenco-Museum bekommt der Besucher vor der Show einen interessan­ten Einblick in die Geschichte, Herkunft und die verschiede­nen Stilrichtu­ngen dieser traditione­llen Musik. Einige mögen denken, die Tablaos seien Touristenf­allen – was manchmal stimmt. „Doch nur, weil dort viele Touristen sind, heißt das nicht, dass sie keinen guten Flamenco geboten bekommen“, sagt Cristina Heeren. Sie muss es wissen. Seit mehr als 20 Jahren bildet sie in ihrer FlamencoAk­ademie im historisch­en TrianaVier­tel Tänzer, Musiker und Sänger aus – ihnen können Urlauber in Sevillas Lokalen begegnen.

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FOTO: TURISMO DE SEVILLA/DPA Die Plaza de España in Sevilla: Kaum ein Ort in der andalusisc­hen Hauptstadt ist bei den Hollywood-Regisseure­n so beliebt wie dieser.
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FOTO: TURISMO DE SEVILLA/DPA Der Stadtpalas­t Casa de Pilatos beeindruck­t mit seiner Architektu­r nicht nur Filmemache­r.

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