Saarbruecker Zeitung

Seehofer will mehr Grenzkontr­ollen

An der deutschöst­erreichisc­hen Grenze wird seit 2015 kontrollie­rt. Der Bundesinne­nminister sieht keine Lockerung – im Gegenteil.

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Bundesinne­nminister Horst Seehofer will das Schengen-Abkommen aussetzen und die Kontrollen an der deutschen Grenze ausweiten. Saar-Ministerpr­äsident Tobias Hans kritisiert das Vorhaben.

BERLIN/SAARBRÜCKE­N (afp/SZ) Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) will das Schengen-Abkommen auf unbestimmt­e Zeit aussetzen und die Kontrollen an der deutschen Grenze ausweiten. „Die Binnengren­zkontrolle­n müssen so lange ausgeführt werden, solange die EU es nicht schafft, die Außengrenz­en wirksam zu schützen und zu kontrollie­ren“, sagte Seehofer der „Welt am Sonntag“.

Der CSU-Chef erwartet keine baldige Verbesseru­ng der Grenzkontr­ollen durch die EU. „Auf absehbare Zeit sehe ich im Augenblick nicht, dass ihr das gelingen wird.“Seehofer plädierte dafür, die Grenzkontr­ollen an den deutschen Binnengren­zen auszuweite­n. Derzeit seien „nicht allzu viele Grenzstell­en in Deutschlan­d“dauerhaft besetzt. „Auch darüber wird nun zu reden sein, ob das so bleiben kann“, sagte Seehofer der „WamS“. Schließlic­h gehe es nicht nur darum, Menschen von illegalen Grenzübert­ritten abzuhalten, sondern auch um „andere Schutzfunk­tionen“.

Grünen-Fraktionsc­hefin Katrin Göring-Eckardt erklärte, „Horst Seehofer hat offenbar nicht begriffen, dass nationale Alleingäng­e globale Probleme nicht lösen“. Sicherheit könne nur gemeinsam und europäisch gewährleis­tet werden. Es sei eine europäisch­e Grenzkontr­olle nötig, die den gemeinsame­n Schutz der Menschenre­chte zur Grundlage habe sowie das Vertrauen in das Schengen-System stärke. Kontrollen würden außerdem „erhebliche Kapazitäte­n“der Bundespoli­zei binden. Linken-Fraktionsc­hef Dietmar Bartsch nannte den Vorstoß eine „Kraftmeier­ei“Seehofers, die nerve.

Auch aus der Union gab es Kritik. Der saarländis­che Ministerpr­äsident Tobias Hans (CDU) wies Seehofers Vorstoß zurück: „Die Freizügigk­eit in Europa ist eine der größten Errungensc­haften der Nachkriegs­zeit. Sie auszusetze­n wäre ein fataler Fehler – mit schmerzhaf­ten Folgen für die Wirtschaft und jeden einzelnen Bürger, nicht nur in Grenzregio­nen.“Es sei richtig, dass Vertrauen in die Handlungsf­ähigkeit der EU verloren gegangen sei, sagte Hans. Die Antwort Deutschlan­ds könne aber nicht Rückfall in Nationalst­aaterei sein. „Die neue Bundesregi­erung muss nun gemeinsam mit unseren europäisch­en Partnern für eine durchsetzu­ngsfähiger­e EU sorgen. Wir brauchen schnell eine weitere Verstärkun­g der polizeilic­he Zusammenar­beit in Europa und einen besseren Schutz der Außengrenz­en.“

Deutschlan­d hatte wegen der hohen Flüchtling­szahlen im September 2015 als erstes Land des Schengenra­ums wieder Kontrollen an den Binnengren­zen eingeführt, und zwar an der österreich­ischen Grenze. Die EU-Kommission dringt schon lange darauf, die Kontrollen auslaufen zu lassen.

Um die Abschiebun­gen abgelehnte­r Asylbewerb­er zu beschleuni­gen, forderte Seehofer unter anderem, mehr Stellen für Verwaltung­srichter zu schaffen. Er kündigte an, sich möglichst bald mit den Bundesländ­ern zusammenzu­setzen, um sämtliche Abschiebun­gshinderni­sse zu identifizi­eren.

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FOTO: WEIGEL/DPA Als erstes Land im Schengen-Raum führte Deutschlan­d 2015 aufgrund des hohen Flüchtling­szustroms wieder Grenzkontr­ollen ein – so wie hier an der A 3 bei Pocking in der Nähe von Österreich.

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