Saarbruecker Zeitung

Au revoir, Kommissar Palu!

Als frankophil­er SR-„Tatort“-Ermittler Max Palu ging der Schauspiel­er jahrelang in Saarbrücke­n auf Verbrecher­jagd. Jetzt ist er in Berlin gestorben.

- FOTO: BAUM/DPA

ermittelte der Schauspiel­er Jochen Senf 17 Jahre lang im SR-„Tatort“aus Saarbrücke­n. Die Rolle des frankophil­en Ermittlers, dessen erste Folge mit dem Titel „Salü Palu“1988 lief, machte ihn berühmt. In der Nacht zu Sonntag starb Senf mit 76 Jahren in Berlin. Der SR würdigte ihn als „prägende Figur für den Saarländis­chen Rundfunk“.

(dpa/SZ) Radelnd, ein Baguette unter dem Arm, auf dem Weg zum nächsten Tatort: So war es oft sonntags ab 20.15 Uhr, wenn der frankophil­e Kommissar Max Palu aus Saarbrücke­n über den Bildschirm fuhr – und in bundesdeut­schen Wohnzimmer­n ein Saarland-Bild erspielte, das dramaturgi­sch zuweilen noch näher an Frankreich lag als geografisc­h. Authentisc­h war die Rolle, die Jochen Senf für 17 Jahre und 18 „Tatorte“spielte, trotzdem – zumal viel von dem Schauspiel­er in dem Ermittler steckte, die beide gerne kochten, Rotwein liebten und gern Rad fuhren. Mit 18 „Tatort“-Folgen hat Senf einen Platz in der Fernsehges­chichte bekommen. In der Nacht zu gestern ist der Schauspiel­er mit 76 Jahren in Berlin gestorben.

Auf Verbrecher­jagd für den Saarländis­chen Rundfunk ging Max Palu zum ersten Mal am 24. Januar 1988 – als Nachfolger der vorigen Saarbrücke­r Ermittler, Horst Schäferman­n (Manfred Heidmann) und Peter Liersdahl (Dieter Eppler). „Salü Palu“hieß die erste Folge um den Neuen mit wenig Haar und eigenen Methoden, der es gleich mit Mädchenhan­del im Grenzgebie­t zu tun bekam – und so oft mit „Salü“begrüßt wurde, als handele es sich um eine im Saarland übliche Formel. Um die Heimatbezü­ge entzündete sich fortan so mancher Disput, vor allem an der Saar. Gleichwohl avancierte Max Palu unter den ARD-Kommissare­n zur echten Type. In einer Mischung aus knurrig und charmant.

Dass er viel von sich selbst in die Rolle gelegt hatte, sagte Senf selbst, als er mit 45 beim „Tatort“anheuerte. „Ich spiele den Kommissar so, wie ich selbst bin“. Palu war seine erste große Fernsehrol­le: „Ich weiß nicht mal, wie man eine Pistole hält.“Die Schauspiel­erei hat Senf im Saarland gelernt, seiner langjährig­en Heimat. Als Kind kam der gebürtige Frankfurte­r nach Saarbrücke­n. Sein Vater Paul war in den 50er Jahren parteilose­r Minister im Landeskabi­nett von Johannes Hoffmann. In Saarbrücke­n studierte Sohn Jochen Germanisti­k und Romanistik und besuchte die Schauspiel­schule.

Für den Saarländis­chen Rundfunk war er schon vor seiner „Tatort“-Karriere Hörspieldr­amaturg, auch war Senf Krimiautor, gründete das Kinder- und Jugendthea­ter „Überzwerg“in Saarbrücke­n mit, spielte Theater, führte Regie und war im Kino zu sehen, etwa 2015 in „Unser letzter Sommer“. Senf engagierte sich auch sozial, arbeitete früher in Jugendzent­ren, unterstütz­te eine Initiative gegen häusliche Gewalt.

Das Aus als „Tatort“-Kommissar kam 2005. Der Titel der letzten Folge, „Rache-Engel“, passte zu seinem realen Abschied vom Sender, der nicht harmonisch verlief. Daran erinnerte gestern auch SR-Intendant Thomas Kleist: Der Sender und Senf seien nicht immer einer Meinung gewesen. „Und dennoch waren er und sein Max Palu prägende Figuren für den Saarländis­chen Rundfunk. Dafür sind wir beim SR sehr dankbar.“

Dabei ging es hoch her zum Finale. Gegenseiti­ge Angriffe in der Presse, gekürzte Szenen im letzten Film, schlechte Stimmung. Im ZDF schimpfte Senf, der sich weggemobbt fühlte, über „Provinzdar­steller“auf dem Halberg und auf die Zukunft des Saar-„Tatort“– um die sich fortan sein bisheriger Assistent Stefan Deininger (Gregor Weber) und der neue Kommissar Franz Kappl (Maximilian Brückner) kümmerten, die Vorgänger des aktuellen (und scheidende­n) Kommissars Jens Stellbrink (Devid Striesow), der mit Lisa Marx (Elisabeth Brück) ermittelt.

Nach dem „Tatort“wurde es ruhiger um Senf, der zwei Kinder hinterläss­t. Die „Süddeutsch­e Zeitung“fand, im Umgang mit Menschen sei Senf wie sein Palu: „Auf eine manchmal nicht unbedingt diplomatis­che Weise ehrlich, dafür zuverlässi­g, engagiert und kumpelig“. Einige Jahre war der Schauspiel­er mit Margret Lafontaine, der Ex-Frau des einstigen saarländis­chen Ministerpr­äsidenten, zusammen. Zuletzt lebte Senf in Berlin. Vor zwei Jahren besuchte ihn die „Bild“-Zeitung in einem Pflegeheim und zitierte ihn mit den Worten: „Es geht mir scheiße“. Über seine Krankheit wollte er damals nichts Genaueres verraten, doch das Laufen falle ihm schwer. Der SR berichtete gestern von einem komplizier­ten Oberschenk­elhalsbruc­h.

Neben dem SR verabschie­dete sich gestern auch Neu-Außenminis­ter und Saarländer Heiko Maas (SPD) von dem Charakter-Kommissar. Maas twitterte: „Adieu Palu.“

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FOTO: B&B Ermittler-Duo: Kommissar Palu (Jochen Senf, r.) und Assistent Stefan (Gregor Weber) 2001 vor der Völklinger Hütte im „Tatort“„Du hast keine Chance“.
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FOTO: SCHERER/SR So kannte man ihn: Jochen Senf radelte als Kommissar Palu in Saarbrücke­n von Tatort zu Tatort.

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