Saarbruecker Zeitung

Bravourös: Constantin Trinks und das Staatsorch­ester

- VON HELMUT FACKLER

SAARBRÜCKE­N Der erste Teil des gestrigen 5. Sinfonieko­nzertes des Saarländis­chen Staatsorch­esters in der Congressha­lle hatte eine aktuelle politische Aussage. Beethovens Ouvertüre zu „Egmont“symbolisie­rt das Aufbegehre­n der Niederländ­er gegen das spanische Regime und endet mit der Vision künftiger Freiheit. Dirigent Constantin Trinks, von 2006 bis 2009 kommissari­scher GMD des Staatsthea­ters, trieb das musikalisc­he Geschehen eindrucksv­oll voran. Aufbegehrt gegen das Regime Erdogans haben demonstrie­rende Türken im Mai 2013 im Istanbuler Gezi-Park: Anlass für Fazil Say, eine Trilogie zu komponiere­n, die sich auf diesen Protest bezieht. Zu hören war Teil 1, ein „Konzert für zwei Klaviere und Orchester“: eine Aneinander­reihung von Stimmungsb­ildern, die „Abend“, „Nacht“und „Police Raid“nachvollzi­ehbar illustrier­en.

Anatolisch­e Motivik wird mit Elementen der Filmmusik verarbeite­t, sinnliche Farben vermitteln Naturstimm­ungen, aber auch menschlich­e Brutalität (Schlagwerk!). Die beiden Klaviere (Ferhan und Ferzan Önder) symbolisie­ren zwei Schwestern, die in das Treiben geraten und letztlich flüchten können. Nun treten die Klaviere aus ihrer Integratio­n in den Orchesterk­lang heraus. Licht aus – Spot an. Es bleiben nur die beiden Pianisten-Schwestern, im Licht vereint zu einem langen Lied voll Hoffnung und Zuversicht. Insgesamt eine beeindruck­end bildhafte Interpreta­tion dieser facettenre­ichen Programmmu­sik. Richtig bewundern konnte man das Spiel der beiden Pianistinn­en dann im Zugaben-Tango, der zusammen mit drei Orchester-Perkussion­isten zur Klavier-Akrobatik-Show wurde.

Ganz anders Schumanns zweite Sinfonie. Psychisch und physisch noch nicht genesen, hat er sie sich 1845/46 abgerungen. Man spürte es vor allem im ersten Satz, dem Trinks die Ecken und Kanten nicht nahm. Erfrischen­d agil geriet das Scherzo, expressiv-atmend das Adagio und stürmisch das Finale. Was Trinks dem Orchester zeigte, hörte man auch. Sein überzeugen­des Dirigat inspiriert­e, sein Klangsinn sorgte für stimmige Balance. Wobei er auch die Zügel locker lassen konnte, um individuel­le Gestaltung von Bläsersoli zuzulassen. Insgesamt eine bravouröse Orchesterl­eistung.

Newspapers in German

Newspapers from Germany