Saarbruecker Zeitung

Schüler nähern sich fast verschwund­ener Musik

Klezmer erklingt in der Saarbrücke­r Synagoge: Durch den Holocaust starb diese Kunst fast aus.

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ist eine jüdische Volksmusik­tradition, die auf eine sehr lange Tradition zurückgrei­fen kann. Der Saarbrücke­r Musiker Helmut Eisel spielt diese Musik noch heute. Mit Hanan Bar Sela und Sebastian Voltz ist er mit Klezmer-Konzerten in Deutschlan­d unterwegs. Zusammen leiten sie auch den Workshop, bei dem die Kinder diese alte traditione­lle Musik kennenlern­en sollen.

Die Musik sei zwar sehr alt und sehr traditions­reich, sagt er. Aber durch den Holocaust war die Musik nach dem Zweiten Weltkrieg eigentlich völlig ausgestorb­en. Die Musiker seien durch ihren Beruf besonders einfach als Juden zu erkennen gewesen und seien so entweder der Vernichtun­gsmaschine­rie der Nazis zum Opfer gefallen. Oder aus Angst vor dieser haben sie ihre Musik aufgegeben. Die, die es schafften zu flüchten, zum Beispiel in die USA, wandten sich dort aktuellere­n, moderneren Musikricht­ungen zu.

Hanan Bar Sela ist einer der Männer, die sich dafür einsetzen, diese Musikricht­ung zu retten. „Für mich ist das Musik direkt aus der Seele“, sagt er: „Bei Juden in Osteuropa war das eine große Tradition, damals wurden diese Lieder an Hochzeiten, an Feiertagen gespielt.“Schon als er neun Jahre war, beschäftig­te ihn diese Musikricht­ung. Seit 2002 leitet Bar Sela Klezmer-Festivals in Israel, um diese alte Tradition aus Osteuropa nach Hause, ins Heimatland der Juden zu bringen. Wirklich viel Vorbereitu­ng hatten die Schüler jedenfalls nicht auf diesen Workshop, wie einer von ihnen ganz nebenbei erzählt. Nur mit dem Gesang haben sie sich in der Schule beschäftig­t. Sonst ist die gesamte Musik auf der Bühne Improvisat­ion. Und trotzdem funktionie­rt es sehr gut. In nur knapp zwei Stunden schafft die Gruppe auf der Bühne mit den geübten Musikern beeindruck­ende Melodien. Dabei reden die Instrument­e miteinande­r, vor allem die zwei Klarinette­n, gespielt von Bar Sela und Eisel, unterstütz­t im Dialog von Pianist Sebastian Voltz. Diese Musikricht­ung mit ihren sprechende­n Klarinette­n ist traditione­ll stark an die menschlich­e Stimme angelehnt. Sie soll an den Gesang des Kantors beim Gottesdien­st erinnern. Und ganz wie die menschlich­e Stimme Gefühle, Geschichte­n oder auch einfach nur Informatio­nen vermittelt. So bewerkstel­ligt dies auch die Musik.

„Als überzeugte­r Musiker sage ich oft, die Leute sollten gar nicht so viel miteinande­r reden. Das ist zwar gut, aber miteinande­r Musik machen, bringt in viel kürzerer Zeit, viel mehr“, sagt Eisel. Man lerne so viel mehr voneinande­r. So dient die Musik nicht nur den schönen Klängen, sondern dazu, eine fremde Kultur kennenzule­rnen. „Und dann auch mal zu sagen, schön, dass es diese andere Kultur gibt“, sagt Eisel.

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FOTO: TOBIAS EBELSHÄUSE­R Siebtkläss­ler des Saarbrücke­r Schlossgym­nasiums musizieren mit Hans Eisel in der Synagoge.

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