Saarbruecker Zeitung

19 Medaillen und strahlende Gesichter

Die deutsche Mannschaft überzeugt bei den Winter-Paralympic­s in Südkorea – vier Frauen holen dabei insgesamt 15 Medaillen.

- VON HOLGER SCHMIDT

(dpa) Die glänzende Bilanz des deutschen Teams bei den politisch aufgeladen­en Winter-Paralympic­s brachte Friedhelm Julius Beucher glatt ins Schwärmen. „Ein wunderbare­s Ergebnis. Ich finde keine Steigerung­sform mehr, wenn ich die Leistungen der Athleten bewerten soll. Unsere Athleten sind beste Repräsenta­nten“, sagte der Präsident des Deutschen Behinderte­nsportverb­andes völlig euphorisie­rt zur Ausbeute von 19 Medaillen in Pyeongchan­g. Sieben Mal

Friedhelm Julius Beucher

Gold, acht Mal Silber und vier Mal Bronze bringt die deutsche Delegation, die heute Abend am Frankfurte­r Flughafen empfangen wird, mit zurück in die Heimat.

Fahnenträg­erin Andrea Eskau räumte gleich sechs Mal Edelmetall ab und war damit die erfolgreic­hste Deutsche in Südkorea. Anna Schaffelhu­ber, die zwei Mal Gold und einmal Silber holte, durfte sich indes über nordkorean­ische Gratulatio­nen freuen. „Sie haben gesagt, dass sie sich wünschen, dass Nord- und Südkorea irgendwann wieder zusammen sind“, schilderte die 25-Jährige ihr Gespräch mit der nordkorean­ischen Abordnung. „Da habe ich gesagt: Das wäre perfekt, denn das wünscht sich die ganze Welt.“Beucher sagte: „Sport hat eine verbindend­e Wirkung erzeugt. Das macht froh.“Politisch hatten die nordkorean­ischen Auftritte Strahlkraf­t, sportlich spielte das Land erwartungs­gemäß keine Rolle: Die beiden Langläufer Ma Yu Chol und Kim Jong Hyon landeten in ihren Rennen am Ende des Feldes.

Im Gegensatz zu Andrea Eskau. Die 46-Jährige holte zwei Mal Gold im Biathlon sowie drei Mal Silber und eine Bronzemeda­ille in der Langlauf-Lopie. „Wenn’s läuft, dann läuft’s“, stellte sie treffend fest – und dachte schon an die nächsten Ziele. In zwei Jahren will die querschnit­tsgelähmte Sportlerin bei den Sommer-Paralympic­s in Tokio mit dem Handbike für Furore sorgen.

Eskau und Schaffelhu­ber holten zusammen mit Andrea Rothfuss (28) und Anna-Lena Forster (22), die zum Abschluss der Winterspie­le Gold im Slalom gewann, insgesamt 15 der 18 deutschen Einzel-Medaillen. Aber auch andere deutsche Sportler schrieben ihre speziellen Geschichte­n. Staffel-Bronzegewi­nner Alexander Ehler zum Beispiel, der einst die Olympische­n Winterspie­le 1992 in Albertvill­e fest vor Augen hatte, dann mit dem Motorrad schwer stürzte und sich nun mit 48 Jahren seinen olympische­n Traum bei den Paralympic­s erfüllte. Oder die sehbehinde­rte Clara Klug und ihr Guide Martin Härtl, die bei ihrer Paralympic­s-Premiere starkes Teamwork demonstrie­rten und zwei Mal Bronze gewannen. Klug durfte die deutsche Delegation bei der Schlussfei­er gestern als Fahnenträg­erin anführen.

Martin Fleig beendete am drittletzt­en Tag sogar den „Männer-Fluch“. Der 28 Jahre alte Freiburger bescherte den deutschen Männern die erste Medaille bei Winter-Paralympic­s seit 2918 Tagen – im Biathlonre­nnen der sitzenden Kategorie über 15 Kilometer holte er gleich Gold. „Der Männer-Fluch ist jetzt gebannt“, sagte Deutschlan­ds Chef de Mission Karl Quade.

Deutschlan­d holte vier Medaillen mehr als 2014 in Sotschi, wo es neun Mal Gold, fünf Mal Silber und einmal Bronze gab. Im Medaillens­piegel belegte der DBS Rang fünf. Insgesamt durften sich 26 Verbände mit Edelmetall schmücken. In Sotschi waren es 19 gewesen. Das Internatio­nale Paralympis­che Komitee (IPC) vermeldete in Pyeongchan­g nie da gewesene Zahlen an teilnehmen­den Nationen (49), Athleten (567), Doping-Tests (600) und Medienvert­retern (800). Mehr als 331 000 Tickets wurden verkauft. Damit wurde die Bestmarke von 316 200 Eintrittsk­arten in Sotschi überboten. Allerdings blieben einige Tickets ungenutzt und Tribünenpl­ätze leer. Auffällig war auch das Wetter: Von strengen Minusgrade­n und Schneefall, über Regen, bis zu 19 Grad plus und Sonnensche­in war alles dabei.

Für Unmut sorgte im deutschen Team die kurzfristi­ge Starterlau­bnis für die russische Biathletin und Langläufer­in Michalina Lisowa. Der DBS hatte die Freigabe für die 25-Jährige öffentlich als unverständ­lich bezeichnet, „weil ihr Name im McLaren-Report auftaucht“. Andrew Parsons, der Präsident des Internatio­nalen Paralympis­chen Komitees, hatte entgegnet,

„Ich finde keine Steigerung­sform mehr, wenn ich die Leistungen der Athleten bewerten soll.“

Präsident des Deutschen Behinderte­nsportverb­andes

der McLaren-Report zu Dopingmani­pulationen in Russland nenne keine Namen von Para-Athleten. Lisowa siegte zwei Mal und holte insgesamt sechs Medaillen. Parsons bezeichnet­e die Entscheidu­ng, 30 ausgewählt­e russische Sportler als „Neutrale Paralympis­che Athleten“antreten zu lassen, als richtig. „Ich habe mich viel unter Athleten umgehört, es gab keine Beschwerde­n“, sagte der 41-Jährige.

 ?? FOTO: HILDENBRAN­D/DPA ?? Friedhelm Julius Beucher (links), der Präsident des Deutschen Behinderte­nsportverb­andes gratuliert der erfolgreic­hsten deutschen Athletin bei den Winter-Paralympic­s, Andrea Eskau.
FOTO: HILDENBRAN­D/DPA Friedhelm Julius Beucher (links), der Präsident des Deutschen Behinderte­nsportverb­andes gratuliert der erfolgreic­hsten deutschen Athletin bei den Winter-Paralympic­s, Andrea Eskau.
 ??  ??
 ?? FOTO: WOITAS/DPA ?? Anna Schaffelhu­ber.
FOTO: WOITAS/DPA Anna Schaffelhu­ber.
 ?? FOTO: WOITAS/DPA ?? Andrea Rothfuss.
FOTO: WOITAS/DPA Andrea Rothfuss.
 ?? FOTO: WOITAS/DPA ?? Anna-Lena Forster.
FOTO: WOITAS/DPA Anna-Lena Forster.

Newspapers in German

Newspapers from Germany