Saarbruecker Zeitung

Britische Wirtschaft bekommt mehr Zeit

EU und Großbritan­nien einigen sich auf eine längere Übergangsf­rist bis Ende 2020 nach dem Austritt der Briten aus der Union.

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LONDON/SAARBRÜCKE­N (dpa/jwo) Die Europäisch­e Union und Großbritan­nien haben den Druck von den Brexit-Verhandlun­gen genommen. Gestern verkündete­n der britische Brexit-Minister David Davis und EU-Chefunterh­ändler Michel Barnier eine Einigung in der Frage nach einer Übergangsp­eriode nach dem britischen EU-Austritt im März 2019. Demnach soll sich Großbritan­nien bis Ende 2020 weiterhin an alle EU-Regeln halten und auch finanziell­e Beiträge wie bisher nach Brüssel überweisen. Dafür behält das Land den Zugang zum EU-Binnenmark­t und bleibt Teil der Zollunion, muss aber EU-Bürgern die gleichen Rechte wie bisher garantiere­n. Die Einigung unterliegt dem Vorbehalt, dass es zu einem umfassende­n Austrittsa­bkommen kommt.

Die Einigung hat gestern Anklang bei Vertretern der britischen Wirtschaft gefunden. „Das ist ein Meilenstei­n, auf den viele Unternehme­n in ganz Großbritan­nien gewartet haben“, sagte der Generaldir­ektor des britischen Handelskam­mertags BCC (British Chambers of Commerce), Adam Marshall, einer Mitteilung zufolge. Die Einigung sei eine gute Nachricht für im Handel tätige Firmen auf beiden des Ärmelkanal­s, weil sie kurzfristi­g mit geringen oder gar keinen Folgen für ihr alltäglich­es Geschäft zu rechnen hätten.

Die Sorgen vor einem ungeordnet­en Übergang schon zum März 2019 hatten in den vergangene­n Wochen Verunsiche­rung gebracht. Erst vor wenigen Tagen hat eine Studie der Unternehme­nberatung Oliver Wyman und der Anwaltssoz­ietät Clifford Chance errechnet, dass ein Rückkehr des Handels zwischen der EU und Großbritan­nien zu den Regeln der Welthandel­sorganisat­ion WTO die Unternehme­n in der EU jährlich 37 Milliarden Euro kosten würde. Deutschlan­d wäre mit neun Milliarden Euro besonders stark betroffen. Auch für das Saarland würde das nach Einschätzu­ng des Saar-Wirtschaft­sministeri­ums erhebliche Auswirkung­en haben, Weil dann grenübersc­hreitende Lieferunge­n mit Zöllen und mehr Bürokratie verteuert würden, würde „auch der saarländis­che Außenhande­l etwas spüren“, sagt Saar-Wirtschaft­sministeri­n Anke Rehlinger (SPD) „Dies würde zwangsläuf­ig die nationale und internatio­nale Wettbewerb­sfähigkeit auch saarländis­cher Unternehme­n berühren.“

Großbritan­nien ist einer der wichtigste­n Handelspar­tner des Saarlandes. 2015 sind mit 2,72 Milliarden Euro Exportvolu­men 18 Prozent der Saar-Exporte in das Vereinigte Königreich gegangen, zeigen Zahlen der saarländis­chen Industrie- und Handelskam­mer. Vor allem sind es Autos und Wohnmobile, die mit 1,66 Milliarden Euro den Export bestimmen. Autoteile wiederum steuern weitere 582 Millionen Euro bei. „Autoherste­ller wie Ford wären ebenso wie Zuliefer-Betriebe wie ZF von einem ungeordnet­en Brexit betroffen“, sagt Hans Peter Kurtz, wirtschaft­spolitisch­er Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag.

Kurtz plädiert deshalb an die EU, jetzt bei den Verhandlun­gen mit Großbritan­nien auf ein Handelsabk­ommen hinzuwirke­n, das die Handelsstr­öme möglichst weiter wie gehabt fließen lässt. Nicht nur Rehlinger müsse ihren Einfluss in Europa für die Region Saarland einzusetze­n, auch der saarländis­che EU-Parlamenta­rier Jo Leinen sei für eine Lösung gefragt.

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FOTO: SPD SPD-Politiker Kurtz fordert einen Handelsver­trag mit Großbritan­nien.

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