Saarbruecker Zeitung

Viele Drittligis­ten kämpfen ums Überleben

Mindestens neun Vereine haben im Jubiläumsj­ahr der Profiliga finanziell­e Schwierigk­eiten. Ein großes Problem bleibt das Fernsehgel­d.

- VON NILS JEWKO

Fast die Hälfte aller Fußballver­eine hat in der seit zehn Jahren bestehende­n 3. Liga finanziell­e Probleme. Neben der oft zu hohen Risikobere­itschaft der Profi-Clubs sind auch die geringen Fernsehgel­der ein Problem.

FRANKFURT (dpa) Im offizielle­n Logo der 3. Liga ist auch die kleinere Zahl problemlos zu erkennen. Am äußeren Rand steht in goldener Farbe: „10 Jahre“. Es ist ein kleiner Hinweis auf die Jubiläumss­aison der höchsten Spielklass­e im Deutschen Fußball-Bund (DFB). Zehn Jahre nach Gründung einer eingleisig­en 3. Liga lassen sich in den Club-Bilanzen aber auch Hinweise finden, die zeigen, dass in dieser Saison erneut viele Vereine finanziell­e Probleme haben. Mindestens neun sind betroffen. „Es gibt leider einige Clubs, für welche die Finanzen eine Gratwander­ung sind“, heißt es aus der DFB-Zentrale.

Die Verantwort­lichen in Frankfurt sind sich bewusst über eine Problemati­k, die sich in voller Härte am Beispiel des FC Rot-Weiß Erfurt zeigt. Der Tabellenle­tzte hat angesichts von acht Millionen Euro Schulden einen Insolvenza­ntrag gestellt. Der einzige Verein, der seit Liga-Gründung dabei ist, steht damit praktisch als erster Absteiger fest. Den Schritt einer geordneten Insolvenz hatten vergangene Saison bereits der VfR Aalen und der FSV Frankfurt (heute Regionalli­ga Südwest) unternomme­n.

Die Finanznöte der Vereine sind nicht neu. Sie kratzen schon länger am Image der 3. Liga, die in der öffentlich­en Debatte oftmals als „Pleiteliga“abgestempe­lt wird. Die Gründe werden auf beiden Seiten gesucht – beim Verband, aber auch bei den Vereinen. Ronald Maul nimmt die Clubs in die Pflicht, wenn es um die Personalko­sten geht. „Jeder muss sich genau überlegen: Was habe ich zur Verfügung? Und welches Risiko gehe ich ein?“, sagt der Geschäftsf­ührer des SV Meppen: „Ich bin mir sicher, dass ein Umdenken in den einzelnen Vereinen stattfinde­n muss.“

Der ehemalige Profi spricht eine Praxis an, die sich in der 3. Liga regelmäßig beobachten lässt. Manche Vereine planen mit mehr Geld, als sie tatsächlic­h zur Verfügung haben. Diese Probleme könnten nicht pauschal der Spielklass­e zugeschrie­ben werden, heißt es vom DFB, „sondern sind oftmals auch der zu hohen Risikobere­itschaft mancher Clubs geschuldet.“Und diese ist offenbar bei Vereinen in Ostdeutsch­land besonders groß. Der FC Carl Zeiss Jena und der FC Hansa Rostock sind stark abhängig von Investoren, die zuletzt auf Forderunge­n in Millionenh­öhe verzichtet­en. Beim Halleschen FC setzt man auch auf kreative Wege, wie etwa ein Benefiz-Schnitzele­ssen, um die Etat-Lücke von rund 1,5 Millionen Euro zu schließen. Beim Chemnitzer FC mussten die Stadt und ein Energiekon­zern mit Millionen-Beiträgen aushelfen.

Das sind nur Auszüge einer Liste, die sich bundesweit durch Vereine wie den SC Paderborn, den Karlsruher SC, Preußen Münster oder den VfL Osnabrück ergänzen lässt. Die schwarze Null – sie scheint für manche Clubs in dieser Liga kaum realisierb­ar. Dahinter verbirgt sich meist ein Zusammensp­iel von eigenen Fehlern und einer strukturel­len Kritik, die von den Vereinen geäußert wird. „In der 3. Liga ist es nicht möglich, Gewinne einzufahre­n. Die Zukunft von Hansa Rostock kann nicht die 3. Liga sein“, sagt der Vorstandsv­orsitzende Robert Marien.

Ein besonderes Anliegen der Vereine in dieser Strukturfr­age sind die Fernsehgel­der. „Ich glaube, dass wir in der 3. Liga den gleichen Aufwand haben, eher mehr – wir haben ja noch zwei Mannschaft­en mehr dabei. Aber die Fernsehgel­der sind halt das Zehnfache weniger“, sagt der Sportvorst­and des Chemnitzer FC, Steffen Ziffert. Die Drittligis­ten erhalten vom DFB in dieser Saison 12,8 Millionen Euro. Zum Vergleich: Die Deutsche Fußball Liga verteilt an die 36 Erst- und Zweitligis­ten rund eine Milliarde Euro.

Trotz aller Kritik beweisen einige Vereine aber auch, dass eine positive Entwicklun­g möglich ist. Als Vorzeigebe­ispiel dient oftmals der 1. FC Magdeburg, der auch von hohen Zuschauerz­ahlen profitiert. Auch beim SV Meppen schreiben sie schwarze Zahlen – das war in der Vergangenh­eit nicht immer so. „Wir sind in der Lage, unsere Kosten zu decken. Wenn jeder damit anfängt, wäre das sicherlich ein Schritt nach vorne“, sagt Ronald Maul, der beim Aufsteiger die große Unterstütz­ung durch die Stadt und den Landkreis betont.

Der DFB arbeitet gemeinsam mit den Clubs am Modell eines „Financial Fairplay“. Dieses soll nach Angaben des Verbandes nicht auf Strafen setzen, sondern nachhaltig wirtschaft­ende Vereine belohnen. Schließlic­h wird der finanziell­e Druck in den nächsten zwei Spielzeite­n durch einen vierten Absteiger nicht kleiner. Dieser Gefahr sind sich auch die Verantwort­lichen in Frankfurt bewusst.

„Jeder muss sich genau überlegen: Was habe ich zur Verfügung? Und welches Risiko

gehe ich ein?“

Ronald Maul

Geschäftsf­ührer des SV Meppen

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FOTO: SCHUTT/DPA Ein Blick in die Multifunkt­ionsarena in Erfurt. Der hoch verschulde­te Drittligis­t FC Rot-Weiß Erfurt hat einen Insolvenza­ntrag gestellt und steht damit praktisch als erster Absteiger in die Regionalli­ga fest.

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