Saarbruecker Zeitung

Dauer-Turbulenze­n bei der Rüstung

Ob Panzer oder Flieger: Im Beschaffun­gsdschunge­l der Bundeswehr hakt es. Ministerin von der Leyen steht vor harten Zeiten – die hausgemach­t sind.

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nicht mehr – aber weiter verzögern und verteuern sich große Projekte. Der Eurofighte­r wird wegen des Mangels an Bauteilen 6,7 Milliarden Euro teurer, zudem kommt er mehr als zwölf Jahre später. Das Transportf­lugzeug A400M wird 1,5 Milliarden Euro teurer und mehr als elf Jahre zu spät geliefert. Nicht zuletzt wegen problemati­scher Rüstungspr­ojekte gilt der Ministerpo­sten als Schleuders­itz. Die Affäre um die Skandal-Drohne „Euro Hawk“kostete Thomas de Maizière (CDU) einst fast das Amt – und den Steuerzahl­er 600 Millionen Euro. Das in die Jahre gekommene Segelschul­schiff der Truppe, die „Gorch Fock“, wird repariert und saniert. Für bis zu 135 Millionen Euro, hieß es gestern aus dem Verteidigu­ngsministe­rium. Weil die Kosten explodiert­en, war zuvor auch eine Stilllegun­g im Gespräch. Bei einer Prüfung waren gravierend­e Mängel aufgefalle­n.

Die nächste Legislatur­periode wird für von der Leyen zur Nagelprobe. Denn die Probleme großer Rüstungspr­ojekte sind vielschich­tig. Zum Beispiel wegen der Bürokratie: Die zuständige Beschaffun­gsbehörde in Koblenz steht seit Jahren in der Kritik. Der Apparat sei schwerfäll­ig, die Beschaffun­g zu bürokratis­ch. Die Beschaffer haben außerdem Personalpr­obleme. Von rund 11 000 Dienstpost­en sind 1500 nicht besetzt. Union und SPD haben vereinbart, bis Ende 2019 die Organisati­on des Beschaffun­gswesens zu untersuche­n.

Auch zähe Verhandlun­gen spielen eine Rolle. Die Rüstungsve­rträge der Vergangenh­eit waren häufig zu sehr auf die Rüstungsin­dustrie zugeschnit­ten. Die Beamten im Beschaffun­gsamt saßen großen Konzernen mit Heerschare­n von Juristen gegenüber. Von der Leyen will die Bundeswehr nun stärker absichern gegen Vertragsri­siken, bessere Verträge aushandeln, auf Garantien und Gewährleis­tungen pochen. Doch je härter das Ministeriu­m verhandelt, desto länger lassen die Verträge auch auf sich warten. So sollte die Ausschreib­ung für die Nachfolge des G36-Sturmgeweh­rs schon 2016 erfolgen – erst im April 2017 begann das Vergabever­fahren.

In den komplexen Abläufen mischen viele Parteien mit unterschie­dlichen Interessen mit. Die Militärs haben hohe Anforderun­gen an die Geräte, die Unternehme­n tendieren bei der Vergabe zu großzügige­n Versprechu­ngen und unterbiete­n sich beim Preis. Es geht bei Entscheidu­ngen auch um Industriep­olitik und Arbeitsplä­tze. Noch komplizier­ter werden Rüstungspr­ojekte, wenn mehrere Länder beteiligt sind. Ein Faktor der Probleme ist auch die Zeit. Große Beschaffun­gsprojekte überdauern von der Skizze bis zur Auslieferu­ng meist die Amtszeiten mehrerer Minister. Die Bundeswehr­planer müssen sich bei Projektbeg­inn für eine Kriegstech­nologie entscheide­n, die ihnen erst zehn oder 20 Jahre später zur Verfügung steht. Gut für Verteidigu­ngsministe­r: Sie können die Verantwort­ung für Ausrüstung­smängel stets elegant auf ihre Vorgänger schieben.

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FOTO: SILPA/IMAGO Die bestellten Transportf­lugzeuge A400M für die Bundeswehr werden 1,5 Milliarden Euro teurer und mehr als elf Jahre zu spät geliefert, heißt es im Rüstungsbe­richt des Verteidigu­ngsministe­riums. Nur eine von vielen Baustellen.

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