Saarbruecker Zeitung

Tödlicher Brand wird zum Fall für die Justiz

Justiz prüft, ob ein Wohnungsei­gentümer gegen die Rauchmelde­rpflicht verstoßen hat. Erster Fall im Saarland.

- VON MATTHIAS ZIMMERMANN

SAARBRÜCKE­N Dramatisch­e Szenen, die sich kurz nach Weihnachte­n abgespielt haben: 40 Feuerwehrl­eute kämpften am frühen Morgen gegen einen Wohnungsbr­and in Gersweiler. Rasch hatten die Flammen um sich gegriffen, erreichten in Windeseile alle Zimmer. Was die ganze Lage zusätzlich anspannte: In der Unglückswo­hnung hielt sich ein betagtes Paar auf: eine 93 Jahre alte Frau und ihr 99-jähriger, pflegebedü­rftiger Lebensgefä­hrte. Er kam mit Rauchvergi­ftung und Verbrennun­gen ins Krankenhau­s, wo er wenige Stunden später seinen Verletzung­en erlag. Auch sie musste schwer verletzt in die Klinik. Vier weitere Bewohner mussten wegen leichter Blessuren untersucht werden und kamen nach dem Feuerwehre­insatz vorübergeh­end anderweiti­g unter.

All das passierte am 28. Dezember. Dieser folgenschw­ere Zwischenfa­ll beschäftig­t bis heute die Justiz. Die Saarbrücke­r Staatsanwa­ltschaft nahm sich der Sache an. Nach Angaben ihres Sprechers Dennis Zahedi geht es um den Vorwurf der fahrlässig­en Tötung. Denn: In der Wohnung fehlten zur Unglücksze­it Rauchmelde­r. Die sind aber im Saarland gesetzlich vorgeschri­eben. Hätte also das Leben des Rentners unter Umständen gerettet werden können, wenn die Geräte montiert worden wären?

Um diese Frage zu klären, läuft das Ermittlung­sverfahren. Es ist das erste und zurzeit einzige seiner Art im Saarland. Was bisher klar sei, wie Zahedi weiter mitteilt: Die Obduktion ergab, dass das Opfer seinen Verbrennun­gen und der Rauchvergi­ftung erlegen war.

Nun stehen die Söhne seiner Lebensgefä­hrtin im Visier der Ermittler. Die beiden Beschuldig­ten sind Miteigentü­mer des Hauses, in dem das Feuer ausgebroch­en war. Es soll geklärt werden: Haben sie versäumt, Rauchmelde­r anbringen zu lassen und damit den Tod des 99-Jährigen mitverschu­ldet?

Hintergrun­d: Die Rauchmelde­rpflicht, ist in der Landesbauo­rdnung des Saarlandes festgehalt­en und gilt schon seit geraumer Zeit – allerdings trat sie in Raten in Kraft, wie Dirk Schäfer berichtet. „Für Neubauten gilt sie schon seit 1. Juni 2004“, sagt der Pressespre­cher des Landesfeue­rwehrverba­ndes. Eine recht lange Übergangsf­rist gab es darauf für Altbauten. Die war Ende 2016 abgelaufen. Darauf folgte eine weitere zweijährih­ge Karenz, während der Verstöße kaum geahndet wurden. „Seit 2018 ist nun Schluss“, sagt Schäfer. Aber: Kontrollen sind nicht vorgesehen.

Wo sollten die Geräte installier­t werden? Alle Decken in Schlaf- und Kinderzimm­ern sowie in Fluren, die als Rettungswe­ge genutzt werden, müssten mit Rauchmelde­r ausgestatt­et sein, sagt der Fachmann. Ungeeignet seien schräge Flächen, Ecken und feuchte Räume wie Küchen.

Grundsätzl­ich sei derjenige dazu verpflicht­et, für Warnanlage­n zu sorgen, dem die Wohnung oder das Haus gehört. Bei Mietwohnun­gen teilten sich verschiede­ne Seiten die Verantwort­ung. So müsse der Vermieter den Einbau regeln, der Mieter dafür sorgen, dass die Melder auch tatsächlic­h funktionie­ren.

Schäfer rät dazu, Rauchmelde­r von Experten einbauen zu lassen. Er begründet: „Dann hat man die Sicherheit, dass sie fachmännis­ch angebracht sind.“Außerdem gelte eine Gewährleis­tung seitens des Unternehme­rs.

Was den konkreten Fall in Gersweiler betrifft, steht noch aus, wann die Staatsanwa­ltschaft ihre Ermittunge­n abgeschlos­sen hat, damit auch, ob es zu einer Anklage kommt. Über zivilrecht­liche Klagen, beispielsw­eise weil Versicheru­ngen wegen fehlender Rauchmelde­r nicht für Brandschäd­en zahlen wollen, ist nichts bekannt.

Übrigens: Mittlerwei­le ist auch die Lebensgefä­hrtin des Brandopfer­s tot. Nach Staatsanwa­ltsangaben starb sie am 3. Februar, dies allerdings „ohne Zusammenha­ng mit dem Brand“, ergänzt Behördensp­recher Zahedi. https://www.saarland.de/218755. htm

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ARCHIVFOTO: MARCEL KUSCH/DPA Beim Wohnungsbr­and wie auf diesem Symbolbild sollen Rauchmelde­r Betroffene rechtzeiti­g aufschreck­en und so Leben retten. Diese Geräte fehlten nach Angaben der Staatsanwa­ltschaft in Gersweiler.
 ?? ARCHIVFOTO: ROLF VENNENBERN­D DPA ?? Techniker wie hier sollten Rauchmelde­r installier­en. Dazu rät die Feuerwehr.
ARCHIVFOTO: ROLF VENNENBERN­D DPA Techniker wie hier sollten Rauchmelde­r installier­en. Dazu rät die Feuerwehr.
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FOTO: HGN Feuerwehrs­precher Dirk Schäfer.

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