Nato wirft russische Diplomaten raus
Moskau kritisiert Ausweisungen von Diplomaten als Ergebnis von Washingtons Druck.
Als Reaktion auf den Giftanschlag in Großbritannien weist nun auch die Nato sieben russische Diplomaten aus. Moskau zeigte sich erneut erzürnt über die Sanktionen aus dem Westen.
MOSKAU/BRÜSSEL (dpa/afp) Im Fall des Nervengiftanschlags im englischen Salisbury hat sich die Nato den Strafmaßnahmen zahlreicher Staaten gegen Russland angeschlossen. Das Bündnis ließ gestern sieben Mitarbeiter der russischen Nato-Vertretung ausweisen. Zudem sollen drei Akkreditierungsanfragen abgelehnt werden. Die Bündnisstaaten beschlossen zudem, die Maximalgröße der russischen Delegation bei der Nato von 30 auf 20 Personen zu begrenzen, wie Generalsekretär Jens Stoltenberg in Brüssel ankündigte.
Hintergrund ist der Anfang März verübte Anschlag gegen den früheren Doppelagenten Sergej Skripal und seine Tochter. Die Täter nutzten dabei nach Darstellung Londons den in der früheren Sowjetunion entwickelten Kampfstoff Nowitschok. Russland weist jegliche Anschuldigungen zurück.
Vor der Nato hatten die USA, Deutschland sowie mehr als 20 weitere Länder in einer bislang beispiellosen Gemeinschaftsaktion mehr als 140 russische Diplomaten und Geheimdienstmitarbeiter ausgewiesen. Auch Irland ordnete gestern an, dass ein Diplomat das Land verlassen muss.
Stoltenberg deutete an, dass zumindest ein Teil der ausgewiesenen Diplomaten verdächtigt wird, für russische Geheimdienste zu arbeiten. Er machte allerdings klar, dass die Nato trotz der Strafmaßnahmen den Dialog mit Russland fortsetzen wolle. Die Arbeit der russischen Nato-Vertretung hatte das Bündnis bereits im Zuge des Ukraine-Konflikts stark eingeschränkt. Uneingeschränkten Zugang zum Hauptquartier in Brüssel haben so nur noch vier Personen. Russland habe die „Einheit der Nato-Verbündeten unterschätzt“, sagte Stoltenberg.
Moskau zeigte sich gestern erneut erzürnt über die Sanktionen aus dem Westen. „Wir werden antworten. So eine Gemeinheit will niemand einfach hinnehmen, auch wir werden das nicht tun“, sagte Außenminister Sergej Lawrow in Taschkent. Er teilte jedoch nicht mit, welche Schritte unternommen werden und zu welchem Zeitpunkt diese folgen sollen. „Russland ist bereits dabei, Maßnahmen als Antwort vorzubereiten“, sagte Außenamtssprecherin Maria Sacharowa.
Lawrow führte die Ausweisung der russischen Diplomaten aus EU-Staaten auf Druck der USA zurück. „Das alles ist ein Ergebnis des kolossalen Drucks, den Washington leider als Werkzeug auf internationaler Ebene nutzt“, sagte der Chefdiplomat. Das Vorgehen spiegele lediglich den Willen der herrschenden Eliten wider, nicht jedoch den der einfachen Bürger. Sacharowa sagte der Agentur Tass zufolge, dass lediglich die USA und Großbritannien von den Maßnahmen profitierten. „Die Begünstigten sind natürlich letztlich London und Washington, indem sie diesen russophoben Kurs fortsetzen.“
Die russische Botschaft in Washington forderte ihre Twitter-Anhänger auf, im Kurzbotschaftendienst darüber abzustimmen, welches US-Konsulat in Russland geschlossen werden solle: St. Petersburg, Wladiwostok oder Jekaterinburg.
Kritik an den Strafmaßnahmen kam auch vom luxemburgischen Außenminister Jean Asselborn. „Wenn man die Eskalation so weit treibt, dass es kein Zurück mehr gibt und ohne dass man schon Ergebnisse der Organisation für das Verbot von Chemiewaffen hat, dann ist das gewagt“, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“.
Dagegen sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), die EU habe mit der harten Reaktion eine „sehr eindrucksvolle europäische Solidarität“bewiesen. „Deshalb muss jedermann akzeptieren, dass wir hier auch eine moralische Führungsaufgabe wahrnehmen“, sagte Altmaier in Düsseldorf.
Auch aus Deutschland gab es Kritik an den Maßnahmen der EU. Berlin habe „nichts zu gewinnen und viel zu verlieren, wenn es sich von Scharfmachern in einen neuen Kalten Krieg verwickeln lässt und mutwillig diplomatische Gesprächskanäle zuschüttet“, sagte der AfD-Vorsitzende Alexander Gauland.
„So eine Gemeinheit will
niemand einfach hinnehmen, auch wir werden das nicht tun.“
Sergej Lawrow
Russischer Außenminister