Saarbruecker Zeitung

Ein General als letzte Stimme der Vernunft

Warum zumindest Minister Mattis Donald Trump nicht fürchten muss.

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WASHINGTON (dpa) Zwischen dem Weißen Haus und dem Pentagon liegen rund dreieinhal­b Kilometer Luftlinie. Wer die Schaltzent­rale des US-Militärs besuchen will, muss raus aus Washington­s Regierungs­viertel und über den Fluss nach Virginia. Hinter den schweren Holztüren des fünfeckige­n Baus offenbart sich eine seltsame, eigene Welt. Es gibt einen Schuster, ein Blumengesc­häft, einen Zahnarzt. Es ist eines der größten Gebäude der Welt, 26 000 Menschen arbeiten hier. In einem Korridor im Außenring E liegt das Büro von Verteidigu­ngsministe­r James Mattis. Der 67-Jährige hat eine ungewöhnli­che Stellung im Kabinett von Donald Trump. Er hat viel Einfluss, besetzt eine zentrale Position, steht aber gleichzeit­ig im Abseits. Vielleicht ist die Lage seines Arbeitspla­tzes bezeichnen­d dafür.

Jetzt, nachdem Trump Außenminis­ter Rex Tillerson und den Nationalen Sicherheit­sberater Herbert Raymond McMaster gefeuert hat, kommt Mattis eine weitere wichtige Rolle zu: Er ist einer der Letzten in der US-Regierung, mit denen Begriffe wie Zurückhalt­ung oder Integrität verbunden werden. Der Vier-Sterne-General blickt auf eine lange Militärkar­riere zurück. Er genießt Ansehen in beiden Parteien. Niemand nennt ihn mehr „Mad Dog“.

In Kabinettst­reffen sitzt Mattis meist rechts von Trump, oft hört er dann mit regungslos­er Miene zu. Im vergangene­n Juni, bei der ersten dieser Runden, als Trump seine Minister auffordert­e, sich reihum vorzustell­en, und sie ihn einer nach dem anderen mit Lob überschütt­eten, als Vizepräsid­ent Mike Pence etwa sagte, es sei das größte Privileg seines Lebens, Trump zu dienen, hielt sich der Verteidigu­ngsministe­r auffällig zurück. Er sagte lediglich, es sei ihm eine Ehre, die Mitarbeite­r des Pentagons zu vertreten, und er sei dankbar für die Opfer, die sie erbringen, um das Militär zu stärken.

Er ist keiner von denen, die in die Sonntagssh­ows der Nachrichte­nsender ausschwirr­en, um Trumps Politik zu erklären. Anders etwa als der designiert­e Außenminis­ter Mike Pompeo, der als CIA-Chef regelmäßig bei Fox News auftrat und Trump glühend verteidigt­e.

Mattis steht dennoch hoch in Trumps Gunst. Und das obwohl er oft andere Positionen vertritt als der Präsident. Er war dagegen, die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen. Er hat sich für einen Verbleib der USA im Atomabkomm­en mit dem Iran ausgesproc­hen, obwohl er als Kommandeur des US-Zentralkom­mandos wegen seines harten Kurses gegenüber Teheran mit der Regierung von Barack Obama aneinander­geriet, was ihn letztendli­ch sogar den Job kostete. Trump hat Nordkorea oft mit militärisc­hen Schritten gedroht. Mattis hingegen betonte immer wieder, dass der Konflikt mit diplomatis­chen Mitteln gelöst werden müsse.

Im Juli, als Trump auf Twitter schrieb, Gespräche mit Nordkorea hätten keinen Sinn, erklärte der Verteidigu­ngsministe­r wenig später, den USA gingen die diplomatis­chen Lösungen niemals aus. In solchen Momenten hört es sich manchmal so an, als sei er der Außenminis­ter und nicht der Pentagon-Chef.

Mattis drängt nicht in den Vordergrun­d. Er gibt selten große Pressekonf­erenzen vor Kameras, aber er taucht oft in den Presseräum­en des Ministeriu­ms auf, um mit Journalist­en zu sprechen. In diesen Stehrunden ist er höflich und charmant, aber seine Worte wirken stets wohlüberle­gt. Er redet viel, man kann meist einige Seiten mit seinen Zitaten füllen, aber am Ende steht dort kaum etwas von Gehalt. Und anders als Tillerson bleibt Mattis unter dem Radar. Er setzt sich ab, er hält eigene Positionen, wirkt trotz seiner Loyalität so, als befände er sich in stiller Opposition. Bislang hat er noch kein einziges Mal den öffentlich­en Zorn Trumps auf sich gezogen. Der Präsident verlor nicht ein einziges harsches Wort über ihn. Nicht einmal auf Twitter.

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FOTO: DPA/WALSH US-Verteidigu­ngsminiter James Mattis

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