Saarbruecker Zeitung

Besuchte Kim heimlich China?

Nordkoreas Machthaber soll sich in Peking Schützenhi­lfe im Atomkonfli­kt geholt haben.

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PEKING (dpa) Spekulatio­nen über einen Geheimbesu­ch von Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un in Peking haben Hoffnungen auf neue Bewegung im Atomkonfli­kt mit Pjöngjang geweckt. Chinas Außenminis­terium wollte die Visite „gegenwärti­g“nicht bestätigen, unterstric­h aber, dass Peking alle Bemühungen für eine Beseitigun­g der Atomwaffen von der koreanisch­en Halbinsel unterstütz­e.

Die US-Nachrichte­nagentur Bloomberg berichtete unter Hinweis auf drei Personen, die über den Besuch Bescheid wüssten, dass es sich bei dem mysteriöse­n hohen Gast aus Nordkorea tatsächlic­h um Machthaber Kim Jong Un handele.

Es wäre das erste Mal seit seinem Amtsantrit­t als Führer 2011, dass Kim Jong Un sein Land verlassen und China besucht hätte. Der Besuch dauerte nur rund 24 Stunden. Der dunkelgrün­e Sonderzug, der am Montag eingetroff­en war, verließ Peking gestern Nachmittag wieder.

Wenn es sich bei dem Besucher tatsächlic­h um Kim Jong Un gehandelt hat, wäre es der vorläufige diplomatis­che Höhepunkt in dem Streit über das Atomwaffen- und Raketenpro­gramm Nordkoreas. Nach seiner Annäherung an Südkorea fasst Nordkoreas Machthaber voraussich­tlich im April und Mai Gipfel mit dem südkoreani­schen Präsidente­n Moon Jae In sowie mit US-Präsident Donald Trump ins Auge.

In der Gipfeldipl­omatie stand der große Nachbar China bisher etwas außen vor. Beide Länder pflegen eigentlich traditione­ll freundscha­ftliche Beziehunge­n, aber das Verhältnis ist wegen der nordkorean­ischen Atom- und Raketentes­ts sehr angespannt. Peking setzt die im Weltsicher­heitsrat beschlosse­nen Sanktionen der Vereinten Nationen gegen seinen Nachbarn verstärkt um.

Beobachter spekuliert­en, dass Nordkoreas Machthaber vielleicht eine Lockerung der Sanktionen bewirken und sich in China Schützenhi­lfe für seine diplomatis­chen Bemühungen holen will. „Er braucht dringend Unterstütz­ung“, sagte ein Diplomat. „Besonders wenn der Gipfel mit Trump platzt, dann wächst wieder die Wahrschein­lichkeit, dass es auf eine militärisc­he Lösung zuläuft.“Dann brauche Kim Jong Un die Chinesen, um mäßigend auf die USA einzuwirke­n. Umgekehrt könne China auch Kim brauchen. Angesichts eines drohenden Handelskri­eges mit den USA könne Peking jetzt Nordkorea „als Druckmitte­l“benutzen.

Ob Kim Jong Un aber wirklich seine Atomwaffen aufgeben will, ist zweifelhaf­t. „Ohne Atomwaffen ist er nichts“, sagte Zhang Lifan. „Wenn er sie aufgeben soll, muss er bekommen, was er will.“Wenn er tatsächlic­h China besucht habe, wäre das ein Hinweis, dass der junge Machthaber Vertrauen zur Führung in Peking gewonnen habe.

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FOTO: YEON-JE/AFP Ein japanische­r Fernsehsen­der berichtete über einen grünen Sonderzug, der in Peking eintraf und der Kim Jong Un befördert haben soll.

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