Saarbruecker Zeitung

Muss der Chef der Deutschen Bank gehen?

Der Umbau der Deutschen Bank kommt nicht recht voran. Der Aufsichtsr­at sucht nun offenbar einen Nachfolger für Vorstandsc­hef John Cryan.

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weitermach­en zu wollen. Seine Arbeit sei nicht immer einfach gewesen, sagte Cryan auf der Bilanzpres­sekonferen­z Anfang Februar und fügte hinzu: „Ich fange an, meinen Job zu mögen.“

Die Beziehung zwischen Cryan und Aufsichtsr­atschef Paul Achleitner sei zerrüttet, schreibt die „Times“aber nun. Cryan wolle die Bank radikaler umbauen, namentlich das Kapitalmar­ktgeschäft – einst Gewinnbrin­ger der Bank und heute Sorgenkind. Darüber habe es einen heftigen Streit in der Führungset­age gegeben. Schon vergangene­s Jahr waren Spannungen zwischen Cryan und Achleitner kolportier­t worden. Damals ging es um den Umgang mit dem Großaktion­är HNA aus China.

Außer dem Goldman-Manager Gnodde seien der Chef der italienisc­hen Großbank Unicredit, Jean Pierre Mustier, und der Chef der britischen Großbank Standard Chartered, Bill Winters, als mögliche Nachfolger für Cryan erwogen worden, schreibt die „Times“. Intern gelte der fürs Kapitalmar­ktgeschäft zuständige Co-Vizechef Marcus Schenck als starker Kandidat.

Cryan hatte Mitte 2015 das Ruder bei der Deutschen Bank übernommen. Er baut das von teuren Rechtsstre­itigkeiten schwer in Mitleidens­chaft genommene Institut seitdem um. So integriert er die Tochter Postbank komplett in den Konzern, um eine stärkere Stellung im deutschen Privatkund­engeschäft zu erlangen. Zugleich brachte er die Fondstocht­er DWS an die Börse, um ihr mehr Freiheiten zu geben.

Doch die gute Nachricht über den soliden Börsenstar­t der DWS am vergangene­n Freitag ging rasch unter: Wenige Tage zuvor hatte Finanzvors­tand James von Moltke Investoren mit dem Hinweis auf ein schwierige­s erstes Quartal im Kapitalmar­ktgeschäft geschockt.

Seit dem Wochenende gibt es zudem Wirbel um IT-Vorstand Kim Hammonds: Nach Informatio­nen der „Frankfurte­r Allgemeine­n Sonntagsze­itung“hatte Hammonds bei einem Treffen der 150 wichtigste­n Führungskr­äfte gesagt, die Bank sei das „dysfunktio­nalste Unternehme­n“, für das sie je gearbeitet habe. In einem Interview mit dem „Handelsbla­tt“tags darauf bestätigte sie dies zwar nicht, widersprac­h aber auch nicht.

Für öffentlich­e Kritik sorgten ferner die üppigen Boni. Trotz des Verlusts 2017 schüttet die Bank 2,3 Milliarden Euro an ihre Mitarbeite­r aus, vor allem im schwächeln­den Investment­banking.

Die ungute Gemengelag­e drückt auf den Aktienkurs: Zwischenze­itlich war er unter elf Euro gerutscht und damit auf tiefsten Stand seit Herbst 2016. Damals war grundsätzl­ich über die Zukunftsfä­higkeit der Deutschen Bank spekuliert worden. Seit Jahresbegi­nn verlor die Aktie bis dato mehr als 28 Prozent an Wert.

Konzernche­f Cryan weiß, wie schwierig die Lage und wie groß der Erfolgsdru­ck ist: „Ich bin selbst einer dieser Kritiker und extrem ungeduldig“, sagte Cryan kürzlich bei einer Veranstalt­ung in Austin (Texas). „Aber einen Öltanker zu wenden, benötigt eben seine Zeit.“

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