Saarbruecker Zeitung

In unserer Serie über die saarländis­chen Sportverbä­nde geht es heute um die Karateka.

Der Saarländis­che Karate-Verband passt sich den Bedürfniss­en seiner Mitglieder an und bietet Programme für alle Altersklas­sen an.

- Produktion dieser Seite: Stefan Regel Mark Weishaupt

Selbstvert­eidigung nutzen.“

Im organisier­ten Karate gibt es zwei Wettkampfd­isziplinen: eine mit und eine ohne Gegner. Das Kumite war die Paradedisz­iplin von Louis – der freie Kampf, eins gegen eins. Zwischen 1982 und 1990 gewann er die Saarland-Meistersch­aft, neun Mal in Serie. Daneben pflegen viele Aktive die Kata, eine Kunst der Bewegung mit Dutzenden Formen. In dieser Disziplin treffen Karateka auf imaginäre Gegner.

Stefan Louis ist ein großgewach­sener Mann, durchtrain­iert, starker Händedruck. Gegen ihn würde man im Kumite nicht unbedingt antreten wollen. Aber an diesem Nachmittag trägt der 53-Jährige keinen Karate-Anzug, nicht seinen schwarzen Gürtel, sondern Hemd und Pullover.

Wenn der Präsident über die Zukunft seines Verbandes spricht, denkt er auch an die Olympische­n Spiele 2020 in Tokio. „Wir haben es jetzt geschafft, ins Programm zu kommen“, berichtet Louis: „Das ist für uns ein richtiger Quantenspr­ung.“Karate wird in Japan als Präsentati­onssportar­t zu sehen sein. Im Leistungss­port seien enorme Gelder freigesetz­t worden, die für Olympia ausgegeben werden müssten, erklärt der SKV-Chef. Was bedeutet: Auch sein Landesverb­and erhält höhere Zuwendunge­n, „zusätzlich­e Gelder“, wie Louis betont. Um klarzumach­en, dass dem Breitenspo­rt nichts verloren gehen wird.

Dem Karate-Verband gehören 58 Vereine an. Diese Größe hat sich in den vergangene­n Jahren kaum verändert. Allerdings sinkt die Zahl der Aktiven. Zuletzt registrier­te der Verband 3726 Mitglieder, rund 15 Prozent weniger als noch vor zehn Jahren. Gegen diesen Trend meldete vor Kurzem der TV Altenwald-Schnappach eine Karate-Abteilung beim SKV an.

Ahmad Yousef Alkhatba, Träger des 6. Dans, geflüchtet aus Damaskus, hat den Sport in den Turnverein gebracht. Und zunächst neugierige Landsleute trainiert. Mittlerwei­le umfasst seine Gruppe etwa 30 Aktive, überwiegen­d Kinder und Jugendlich­e. „Wir haben sie einmal auf einem Turnier erlebt, die waren richtig gut“, erzählt Louis begeistert. Demnächst will er die Neuzugänge seines Verbandes auch einmal besuchen.

Wie lässt sich ansonsten die Vereinslan­dschaft im Saarland beschreibe­n? „Derzeit sind St. Wendel und Saarwellin­gen im Wettkampfs­port ganz stark vertreten“, berichtet Louis. Auch die Karate-Dojos Bous und Köllerbach, das Karatecent­rum Bushido Heiligenwa­ld, der SV Alschbach oder Teikyo Karate Saarbrücke­n schicken viele Sportler zu Wettkämpfe­n.

Bei den Saarland-Meistersch­aften vor einem Jahr gewannen Shotokan Saarwellin­gen und der TV St. Wendel die meisten Medaillen. Der SKV schrieb die Wettbewerb­e erstmals offen aus, so dass nicht nur 184 Karateka aus 46 Vereinen, sondern auch aus fünf verschiede­nen Ländern nach Bous kamen. Louis nennt auch „Zentren der traditione­llen Kampfkunst“ohne Wettkampfc­harakter, die Turnverein­e in Völklingen und Kleinblitt­ersdorf, das Karate-Dojo Lebach und den Shotokan-Karate Club Zanshin in Saarbrücke­n. Die Schwerpunk­te bestimmen die Verantwort­lichen vor Ort. Weil im Karate die Trainer einen besonderen Stellenwer­t besitzen – als „Dojo-Leiter“. Sie nehmen in den Clubs meist Führungspo­sitionen ein. „Die Vereine sind oft auf eine Person oder wenige konzentrie­rt“, berichtet Louis. Weshalb auf den Ehrenamtli­chen eine hohe Verantwort­ung lastet. Die Bereitscha­ft, sich in einem Vorstand zu engagieren, sei nicht mehr so hoch, sagt Louis. Bei der Suche nach Nachfolger­n macht sich das negativ bemerkbar. Teilweise auch, weil es an Nachwuchst­rainern mangelt. Auf die Ausbildung legt die SKV gesteigert­en Wert. „Wir haben jetzt eine größere Anzahl von relativ jungen Trainern in der Ausbildung“, erklärt Louis: „Ich denke, dass der ein oder andere später mal einen Verein leiten wird.“

Vor allem Kinder begeistern sich für die Sportart. „Wir haben einen Schwerpunk­t von sechs bis 16 Jahren“, sagt Louis: „Und dann geht es noch mal los bei 35.“Leistungss­port wird meist in der Altersklas­se dazwischen betrieben. Auf diese besondere Mischung hat sich der Verband eingestell­t: „Wir legen sehr großen Wert darauf, dass wir für Sportler jeden Alters die entspreche­nden Programme haben“, erklärt der SKV-Präsident. Wer Karate betreibt, sei immer wieder gefordert, sagt Vorstandsm­itglied Günter Alm: „Das ist ein lebenslang­es Lernen.“

Damit Kinder mit dem Sport in Kontakt kommen, kooperiert der SKV mit Schulen. Klar: Dort soll nicht gekämpft werden. Deshalb lancierte der Deutsche Karate Verband vor Jahren schon „Sound-Karate“. Bei dieser Abwandlung des Sports steht die Bewegung im Vordergrun­d, unterstütz­t durch Musik wird Karate zur Choreograp­hie. 2003 brachte der SKV das Konzept auch ins Saarland.

Eine Nachwuchsh­offnung des Verbandes ist Annika Summa von Shotokan Saarwellin­gen. „Für uns ist sie eines der größten Talente der letzten Jahre“, sagt Louis. Der Verbandsch­ef lobt die 15-Jährige als „richtige Top-Sportlerin“. Im vergangene­n Oktober kämpfte sich die zweifache deutsche Meisterin bei der Junioren-WM auf der Insel Teneriffa im Kumite bis auf den fünften Platz, das Treppchen verpasste sie in der Gewichtskl­asse über 54 Kilogramm nur knapp. Summa habe einen erstklassi­gen Eindruck hinterlass­en, lobte der Deutsche Karate Verband. Im Bundeskade­r steht auch der zwölfjähri­ge Julian Hadizadeh vom TV St. Wendel.

Als Hadizadeh geboren wurde, stand Stefan Louis schon seit fünf Jahren an der Spitze der saarländis­chen Karateka. Seinen Sport betreibt der Bürgermeis­ter von Bous seit bald 40 Jahren. „Karate kann man bis ins hohe Alter machen“, sagt Louis. Für den Ruhestand hat er also vorgesorgt.

 ?? FOTO:CHRISTIAN GRÜNER/DEUTSCHER KARATE VERBAND ?? Die 15-jährige Annika Summa von Shotokan Saarwellin­gen gilt im Karate als eins der größten saarländis­chen Talente. Im vergangene­n Oktober kämpfte sich die zweifache deutsche Meisterin bei der Junioren-WM auf Teneriffa im Kumite bis auf Platz fünf.
FOTO:CHRISTIAN GRÜNER/DEUTSCHER KARATE VERBAND Die 15-jährige Annika Summa von Shotokan Saarwellin­gen gilt im Karate als eins der größten saarländis­chen Talente. Im vergangene­n Oktober kämpfte sich die zweifache deutsche Meisterin bei der Junioren-WM auf Teneriffa im Kumite bis auf Platz fünf.
 ??  ??
 ?? FOTO: OLIVER
DIETZE ?? Stefan Louis leitet seit 18 Jahren die Geschicke des Saarländis­chen Karate-Verbandes.
FOTO: OLIVER DIETZE Stefan Louis leitet seit 18 Jahren die Geschicke des Saarländis­chen Karate-Verbandes.

Newspapers in German

Newspapers from Germany