Saarbruecker Zeitung

Ex-Bauunterne­hmer aus Völklingen nach Haft wieder aktiv

Eine Saarbrücke­r Gesellscha­ft musste einen Bau-Großauftra­g an den billigsten Bieter vergeben. Dort mischt ein alter Bekannter mit.

- VON MICHAEL JUNGMANN

SAARBRÜCKE­N (mju/SZ) Ein Völklinger Ex-Unternehme­r, der nach Bau-Skandalen am Saarbrücke­r Saar-Ufer und der Homburger Uni-Klinik zu über vier Jahren Haft verurteilt worden war, ist wieder für die öffentlich­e Hand aktiv. Das Unternehme­n MBG, das am Saarbrücke­r Eurobahnho­f den Rohbau eines Verwaltung­sgebäudes des Regionalve­rbandes errichtet, gehört offiziell seiner Ehefrau. Der 41-Jährige – derzeit auf Bewährung – wirkt dort nach Angaben seines Anwaltes unter anderem als Vorarbeite­r. Beobachter wollen aber eine deutlich wichtigere Rolle des Mannes wahrgenomm­en haben, der offiziell kein Unternehme­n führen darf. Die städtische Gesellscha­ft für Innovation und Unternehme­nsförderun­g (Giu) war nach eigenen Angaben rechtlich gezwungen, das MBG-Angebot für den Millionen-Rohbau anzunehmen.

Das Urteil der Wirtschaft­sstrafkamm­er am Saarbrücke­r Landgerich­t gegen den früheren Völklinger Bauunterne­hmer M. lautete 2014 auf vier Jahre und sechs Monate Haft, unter anderem wegen Betrugs, Diebstahl, Brandstift­ung und Korruption. Mittlerwei­le ist der 41-Jährige, um dessen Ex-Firma sich ein Insolvenzv­erwalter kümmern muss, wieder auf freiem Fuß und offenbar in der Baubranche wieder ein gefragter Mann. Seine Großbauste­llen wie früher das Millionenp­rojekt „Stadtmitte am Fluss“oder der Neubau der Inneren Medizin an der Homburger Universitä­tsklinik hatten vor Jahren noch den Staatsanwa­lt auf den Plan gerufen.

Jetzt ist der Völklinger wieder für einen öffentlich­en Bauherren aktiv, allerdings als Vorarbeite­r, Maurer und Baggerfahr­er, wie sein Anwalt erklärt. Das Unternehme­n MBG, das am Saarbrücke­r Eurobahnho­f den Zuschlag für den Rohbau eines Verwaltung­sgebäudes erhalten hat, gehört offiziell seiner Ehefrau. Anwalt Professor Guido Britz: „Wenn mein Mandant jetzt bei der Firma MBG, die seiner Ehefrau gehört, tätig ist, ist das Teil seiner Resozialis­ierung.“Offiziell steht der Mann noch unter Bewährung.

Wie aber kommt eine junge und bis dahin in der Branche unbekannte Firma an den Auftrag mit einem Volumen von rund 3,5 Millionen Euro allein für den Rohbau? Bauherr ist die GIU, Gesellscha­ft für Innovation und Unternehme­nsförderun­g. Sie gehört der Stadt Saarbrücke­n. In das Verwaltung­sgebäude, das komplett mit 14 Millionen Euro kalkuliert ist, sollen später das Jugendamt und das Sozialamt des Regionalve­rbandes Saarbrücke­n einziehen.

GIU-Geschäftsf­ührer Jürgen Schäfer: „Wir mussten das Projekt europaweit ausschreib­en.“Die Völklinger Firma hat sich beworben und lieferte das günstigste Angebot ab. Da Zweifel existierte­n, ob das Projekt zuverlässi­g gestemmt werden könne, wurde das Unternehme­n aber im ersten Anlauf ausgeschlo­ssen. Eine Beschwerde der GmbH bei der Vergabekam­mer des Saarlandes war dann erfolgreic­h. Nach Angaben von Schäfer musste die GIU den Auftrag erteilen. Sogar eine Bürgschaft über 350 000 Euro für den Fall des Vertragsau­sfalls wurde vorgelegt.

Die Großbauste­lle am Eurobahnho­f sorgt zwischenze­itlich für Wirbel in der Branche, weil der 41-Jährige vor Ort kräftig mitmischt. Beobachter glauben zu wissen, dass der Vorbestraf­te, der derzeit kein Unternehme­n leiten kann, vor Ort die Fäden zieht und auch in der Hand hat. Seine Mittagspau­se soll der angebliche Vorarbeite­r zumindest gelegentli­ch in einem italienisc­hen Nobelresta­urant verbringen.

Bauherr Schäfer bestätigt, dass der Völklinger selbst vor Ort Präsenz zeigt. Sicher nicht nur deshalb steht die Baustelle, die bislang voll im vorgegeben­en Zeitplan sei, bei der GIU unter verschärft­er Beobachtun­g. Täglich werde das Bautagebuc­h kontrollie­rt. Der Auftraggeb­er will demnach genau wissen, welche Arbeiter vor Ort eingesetzt werden. Schäfer: „Das kontrollie­ren wir selbst.“Die Firma habe eine Tariftreue-Erklärung unterzeich­nen müssen. Auch Verbleib und Verwendung des Bauaushubs wurden vorgeschri­eben und überprüft.

Und betoniert werden darf erst, wenn ein Statiker und ein Sonderguta­chter vom TÜV die vorgeschri­ebene Verwendung von Baustahl überprüft haben. Bei früheren Großbauste­llen der jetzt insolvente­n Firma soll es da zu Problemen gekommen sein. Bis jetzt lief nach Schäfers Angaben die Baustelle, die seit mehr als zwei Monaten in Betrieb ist, jedenfalls problemlos.

„Wenn mein Mandant jetzt bei der Firma MBG, die seiner Ehefrau gehört, tätig ist, ist das Teil seiner Resozialis­ierung.“

Guido Britz

Anwalt des ehemaligen Völklinger Bau-Unternehme­rs

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FOTO: IRIS MAURER Für 3,5 Millionen Euro soll am Saarbrücke­r Eurobahnho­f der Rohbau des Gebäudes entstehen, in das später das Jugendamt und das Sozialamt des Regionalve­rbandes einziehen sollen.

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