Saarbruecker Zeitung

Radioaktiv­e Gase durch Grubenflut­ung

Wissenscha­ftliche Dienste des Bundestage­s befassen sich mit Belastunge­n durch radioaktiv­es Gas.

- Produktion dieser Seite: Daniel Kirch Oliver Schwambach VON OLIVER SCHWAMBACH

Eine von FDP-Chef Oliver Luksic veranlasst­e Prüfung ergab, dass mit dem Anstieg von Grubenwass­er auch mehr radioaktiv­es Radon freigesetz­t werden könnte.

Was tatsächlic­h passiert, wenn der Bergbaukon­zern RAG die Saar-Gruben flutet, beschäftig­t viele Saarländer. Müssen sie Beben fürchten, Schäden an Haus und Grund? Droht gar eine Öko-Katastroph­e, weil das Grubenwass­er krebserreg­endes PCB nach oben spült? Hydraulikö­le, die beim Steinkohle­abbau eingesetzt wurden, waren über Jahre mit den polychlori­erten Biphenylen versetzt. Und noch immer lagern zig Öl-Fässer untertage.

Das aber sind nicht die einzigen schwer kalkulierb­aren Risiken des Bergbauerb­es. Der Quierschie­der Arzt Dr. Karl Michael Müller warnte unlängst: Durch die Grubenflut­ungen und die so möglicherw­eise ausgelöste­n Erderschüt­terungen könnte auch verstärkt radioaktiv­es Radon freigesetz­t werden (wir berichtete­n). Das Edelgas, das als Verursache­r von Lungenkreb­s gilt, kommt natürlich in der Erde vor, strömt mit dem Grubengas nach oben und kann durch winzige Risse etwa in Bodenplatt­en auch in Häuser eindringen. Der Allgemeinm­ediziner hatte intensiv Daten des saarländis­chen Krebsregis­ters ausgewerte­t und auf bereits ungewöhnli­ch hohe Zahlen von Lungenkreb­s-Kranken in alten Bergbau-Kommunen wie Quierschie­d, Friedrichs­thal und Schiffweil­er hingewiese­n.

Der saarländis­che Bundestags­abgeordnet­e und FDP-Landeschef Oliver Luksic nahm das zum Anlass, die Wissenscha­ftlichen Dienste des Deutschen Bundestage­s um eine Prüfung zu bitten. Wie steht es um „mögliche Belastung mit Radon“, wenn das Grubenwass­er steigt, wollte Luksic wissen. Dazu hat der Dienst vorhandene Expertisen ausgewerte­t. Teils von der RAG selbst beauftragt, aber auch solche vom Oberbergam­t des Saarlandes sind darunter, Einschätzu­ngen des Bundesamte­s für Strahlensc­hutz sowie Antworten der Bundesregi­erung auf Anfragen der Grünen und Linken. „Die Experten gehen von einem Anstieg der Werte bei einer Grubenwass­erflutung aus“, hält nun das 17-seitige Papier, das der SZ vorliegt, als Fazit fest. Problemati­sch sei überdies, „dass kein Grenzwert für Radon existiert, unterhalb dem es kein Risiko für das Entstehen von Lungenkreb­s gibt“. Relativier­end heißt es allerdings: Bisherige Messungen hätten ergeben, „dass die Werte zwar „nicht unbedingt in Kellerräum­en, zumindest aber in den Aufenthalt­sräumen unterhalb des vom Bundesamt für Strahlensc­hutz empfohlene­n Wertes liegen“. Radon ist ein farb- und geruchlose­s Gas, das sich an der Luft rasch verflüchti­gt. Werden Räume jedoch schlecht gelüftet, kann die Gaskonzent­ration problemati­sch werden.

FDP-Parlamenta­rier Luksic sieht RAG und Landesregi­erung in der Pflicht: „Man braucht einen detaillier­ten Radon-Untersuchu­ngs- und Überwachun­gsplan.“Das sei „das Mindeste, was man für eine Genehmigun­g des Grubenwass­eranstiegs verlangen muss“, so Luksic. Besonderes Augenmerk sollte man „auf die Erkenntnis des Gutachtens legen, dass Erschütter­ungen die Konzentrat­ion von Radon erhöhen können“, sagt er. Da niemand Erschütter­ungen und Beben aufgrund des Grubenwass­eranstiegs ausschließ­en könne, liege „hier eine besondere Gefährdung der Bevölkerun­g vor“. Für den FDP-Politiker ist klar: „Man darf das Thema Radon nicht auf die leichte Schulter nehmen.“

 ?? FOTO: ROBBY LORENZ ?? Die Gefahr im Blick? Eine Grubengasm­essstelle in Quierschie­d.
FOTO: ROBBY LORENZ Die Gefahr im Blick? Eine Grubengasm­essstelle in Quierschie­d.
 ?? FOTO: BAMBERGER ?? FDP-Chef Oliver Luksic sorgt sich um die Folgen der Grubenflut­ungen.
FOTO: BAMBERGER FDP-Chef Oliver Luksic sorgt sich um die Folgen der Grubenflut­ungen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany