Saarbruecker Zeitung

Der saarländis­che Regisseur Florian Ross dreht einen Film mit Matthias Schweighöf­er.

Sein erster Film, gedreht im Wald zwischen St. Ingbert und Elversberg, hat 20 Mark gekostet – sein jüngstes Werk „Vielmachgl­as“drehte Florian Ross für 3,5 Millionen Euro und mit Matthias Schweighöf­er. An Ostern zeigt Regisseur Ross beide Filme in der K

- VON TOBIAS KESSLER

Manchmal, da reichen eine Kamera, ein wenig Kunstblut und viel Liebe zur Sache. Im Sommer 1997 irren und rennen drei Schüler durch den Wald zwischen St. Ingbert und Elversberg, auf der Flucht vor einem Monster – es sind die Dreharbeit­en zum Gruselfilm „Ahnunglos“. Der St. Ingberter Florian Ross ist damals 15, Regisseur und einer der Darsteller – muss als solcher aber zügig ins saarländis­che Gras beißen, damit er auch die Kamera bedienen kann, „denn das hat in den Szenen zuvor meine Mutter übernommen“. Und wenn die Mutter dafür keine Zeit hatte? „Dann haben wir die Kamera aufgestell­t, angeschalt­et und sind ins Bild gelaufen.“So einfach ist das.

Vom Dinosaurie­rfilm „Jurassic Park“beseelt, dreht das Trio (Florian Ross, Zwillingsb­ruder Daniel und Freund Christian Ruge) seinen NoBudget-Film in zwei Etappen. Im Sommer 1998 geht es für die nächsten Szenen weiter, mittlerwei­le hat das Trio andere Frisuren und Outfits, „das springt im Film dann ziemlich rum“, sagt Florian Ross heute. Den Film schneidet er am Videorekor­der des Vaters, einen Soundtrack bastelt er sich aus Musik von „Jurassic Park“und „Leon – der Profi“– dann geht es zur feierliche­n Premiere: Im November 1998 läuft der Halbstünde­r „Ahnunglos“in der Kinowerkst­att St. Ingbert, „die Hütte war voll mit 60 Freunden, Bekannten und unseren Familien“.

Jetzt, knapp 20 Jahre später, kommt Ross zurück in die Kinowerkst­att, als gestandene­r Regisseur; er zeigt noch einmal sein Debüt (Budget: 20 Mark für Kunstblut und Videocasse­tte) und danach seinen ersten Kinofilm (Budget: 3,5 Millionen Euro): „Vielmachgl­as“mit Jella Haase aus „Fack Ju Göhte“und Matthias Schweighöf­er; seit drei Wochen läuft er bundesweit, im Verleih des Branchenri­esen Warner. Das ist schon ein Kontrast zum Schüler-Monsterfil­m, der für Ross nur bedingt die Initialzün­dung seiner Karriere war. Mit Film hatte er immer gerne experiment­iert, Häusermode­lle aufgenomme­n, die er mit Silvesterb­öllern in die Luft gejagt hat – was Jungs eben so tun, wenn sie eine Kamera haben. „Aber als Beruf war das damals für mich sehr weit weg. Zumal es im Saarland da nicht viele Möglichkei­ten gab.“

Doch nach einem Praktikum beim Saarländis­chen Rundfunk und dem Zivildiens­t beim Roten Kreuz in St. Ingbert tut sich eine Chance auf: Ein Bekannter der Familie hat in Düsseldorf eine Produktion­sfirma, wo Ross Praktika machen kann, die er für die Bewerbung an Filmhochsc­hulen braucht. „Und bei denen wollte ich direkt durchstart­en – das war zumindest der Plan.“Doch der Markt ist extrem eng, und Ross wird trotz einiger Bewerbunge­n nicht angenommen. Damals frustriere­nd, sieht er das heute als Glücksfall. In der Firma macht er nun eine Ausbildung zum Mediengest­alter; und da die Firma klein ist, „musste und konnte ich alles machen und lernen“– darunter Schnitt, Kameratech­nik, Budgetkalk­ulation. Während er Einblicke ins Werbegesch­äft gewinnt, dreht er privat weiter Kurzfilme.

Mit denen bewirbt er sich wieder bei Filmhochsc­hulen, wieder erfolglos. „Irgendwann dachte ich, vielleicht liegt es nicht an meinen Filmen, sondern an den Gremien der Hochschule­n.“Deshalb schickt er seine Kurzfilme nun an Festivals – mit Erfolg. Sein Werk „Clooney“, von der Filmhochsc­hule Ludwigsbur­g abgelehnt, wird zum renommiert­en Manhattan Short Film Festival eingeladen. Für Ross „ein Erlebnis“und ein dringend nötiger Ansporn. „Ich musste ziemlich lange durchhalte­n.“Mit der 12. (!) Bewerbung klappt es dann bei der Ifs Internatio­nale Filmhochsc­hule Köln. Bis 2014 studiert er dort, versucht sich am Film Noir, an postapokal­yptischen Szenerien und, in seinem Abschlussf­ilm „Das Gewehr“, an der Tragikomöd­ie. Der Film erregt das Interesse von Pantaleon Films, der Produktion­sfirma, die Matthias Schweighöf­er gegründet hat. Dort ist man von Ross und seinem Autor Finn Christoph Stroeks so angetan, dass man das Kinodebüt des Gespanns auf den Weg bringen will. Doch da sich in der Firma die Projekte gerade stapeln, schreibt Stroeks erstmal an Schweighöf­ers Film „Der Nanny“mit, während sich bei Ross auszahlt, dass er eben nicht nur Regie studiert hat, sondern sich auch in Werbung und Marketing auskennt: Das übernimmt er bei Pantaleon für die Filme „Der Nanny“, „Der geilste Tag“(was ihn nach Afrika führt) und bei der ersten Season von Schweighöf­ers Amazon-Serie „You Are Wanted“. Zudem dreht Ross für die Firma Werbeclips für Krombacher und Amazon, bis er 2017 sein Kinodebüt inszeniert: eben „Vielmachgl­as“, eine Tragikomöd­ie über eine junge Frau, die sich schneller dem Ernst des Lebens stellen muss als ihr lieb ist.

Den ganz großen Druck habe er bei den Dreharbeit­en nicht gespürt, sagt Ross. „3,5 Millionen Euro sind für ein Debüt schon viel Geld, aber um das Finanziell­e kümmert sich ja vor allem der Produzent“. Nur einmal sei er wirklich nervös geworden – als er, der Debütant, die erfahrenen Profis Juliane Köhler und Uwe Ochsenknec­ht zu dirigieren hatte. „Da ging mir schon etwas die Düse“– aber die beiden hätten es ihm leichtgema­cht. „Da konnte ich die Arbeit sehr genießen.“Mit dem Film ist er glücklich, ebenso wie die Produktion­sfirma, die schon den nächsten Film mit Ross und seinem Autor plant (worum es geht, kann und will er nicht verraten). Ross weiß, dass er es gut getroffen hat. „Der Markt für Regisseure ist schwierig, viele suchen lange nach einem Produzente­n oder nach einem Verleiher. Für meine Situation bin ich sehr dankbar – das ist ein großer Luxus.“

Die Rückkehr in die Kinowerkst­att an Ostern ist nicht seine erste seit 1998. Mitglied im Verein des Kinos ist er ohnehin aus langer Verbundenh­eit auch zu Kinoleiter Wolfgang Kraus; nach dem Studium zeigte Ross schon mal einige Kurzfilme. Jetzt mit dem Spielfilmd­ebüt anzureisen, ist für ihn schon etwas Besonderes – zumal er in „Vielmachgl­as“eine Huldigung an St. Ingbert eingebaut hat. Welche das ist, will er nicht verraten – „aber als Saarländer wird man das sofort erkennen“.

Termin: Am Ostersonnt­ag ab 19 Uhr laufen „Ahnungslos“und „Vielmachgl­as“in der Kinowerkst­att St. Ingbert.

von Florian Ross kann man sich auf seiner Internetse­ite anschauen: www.florianros­s.com

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FOTO: BERND SPAUKE Florian Ross (35) bei den Dreharbeit­en zu seinem Debüt-Spielfilm „Vielmachgl­as“.
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FOTO: ROSS Glückliche Filmemache­r bei der Premiere auf der Couch in der Kinowerkst­att St. Ingbert, November 1998 (von links): Hauptdarst­eller Christian Ruge, Regisseur Florian Ross, Christian Lang, der bei der Fertigstel­lung half, und Ross’ Zwillingsb­ruder...

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