Unterwegs im Tal der Dordogne
Zahlreiche Schlösser, Burgen, Grotten und einige der schönsten Dörfer im Südwesten Frankreichs laden zum Entdecken ein.
DORDOGNE Die Provinzen Quercy und Périgord in Frankreich sind nicht so überlaufen wie die Küsten. Vielleicht zählen sie auch deswegen zu den reizvollsten Landschaften: unberührte Natur, endlose Sonnenblumenfelder, Bauernhöfe aus goldfarbenem Kalkstein mit spitzen Schieferdächern. Verzierte Taubentürmchen stehen verstreut in der Landschaft. An den Flussläufen reihen sich bezaubernde Dörfer, gibt es mittelalterliche Städtchen, Burgen und planmäßig angelegte Wehrdörfer zu sehen: die Bastiden – eine Bilderbuchlandschaft.
Die Region ist ebenso beliebt bei Feinschmeckern: Trüffel und Entenstopfleber, Steinpilze und Ziegenkäse, Lamm und Ente. Das alles bietet mittwochs und samstags der Markt in Sarlat, ein Städtchen unweit des Flusses Dordogne, an. Malerisch das Gewirr von Gassen und Plätzen mit Bürgerhäusern, mittelalterlichen Glockentürmen und stattlichen Renaissancepalais. Das neue Wahrzeichen ist allerdings die Markthalle. Die ehemalige Kirche hat der Stararchitekt Jean Nouvel, ein Sohn der Stadt, zu einem Gourmet-Tempel umgestaltet.
Sarlat gelte als einer der schönsten Orte Frankreichs, sagt die Reiseleiterin Josephine Assmann. Täglicher Ausgangspunkt ist das bei Saint-Beauzeil zwischen Wald und Weinbergen gelegene Château de l’Hoste, ein gepflegtes Herrenhaus aus dem 17. Jahrhundert. Fast um die Ecke thront auf einem Felssporn die Burg Bonaguil. Mit seinen zahlreichen Türmen, Zugbrücken und unterirdischen Gängen ist es die imposanteste Anlage Frankreichs. Bei den 800 Stufen bis zur Aussichtsplattform kommen Besucher zwar schnell ins Schnaufen. Dafür werden sie oben angekommen mit einem herrlichen Blick auf die Täler und Wälder rund um den Fluss Lot belohnt.
Mit dem Kleinbus geht es auf Nebenstraßen weiter nach Norden zu den hängenden Gärten von Marqueyssac. Die Kalkwände des Hochplateaus fallen hier 130 Meter fast senkrecht zur Dordogne ab. Zu bestaunen ist historische Gartenbaukunst mit Wasserfällen, Pavillons und einem Labyrinth aus über 150 000 akkurat zugeschnittenen Buchsbäumen als Kugeln, Kuben und amorphe Formen.
Eine halbe Autostunde entfernt hängt an einer Steilklippe über dem Alzou-Tal in drei Etagen völlig verschachtelt der Wallfahrtsort Rocamadour. Die schwindelerregende Szenerie mit Kirchtürmen und Steinkapellen unterhalb einer Burg ist laut Josephine einer der meistbesuchten Orte Frankreichs.
Rocamadour ist auch Namensgeber für einen bei Gourmets geschätzten Ziegenfrischkäse. Nördlich des Ortes können Touristen den Ziegenhof „La Borie d’Impert“besichtigen. Marc und Sophie Vilard besitzen 450 Ziegen. Die junge Bäuerin führt durch die Produktionsstätten, wo im Jahr 31 Millionen Stück der runden Köstlichkeit hergestellt werden. Dann geht es weiter zu den großzügig angelegten Ställen und zum Schluss sitzen alle Besucher unter einem Kakibaum und verkosten den Käse in unterschiedlichen Reifegraden. Sahnig zerschmilzt er auf der Zunge. Dazu wird Quinqui Noix gereicht, ein Wein-Aperitif mit Walnusssaft.
In der Region finden sich zudem zahlreiche Grotten mit prähistorischen Malereien. Viele sind aus konservatorischen Gründen geschlossen. In der Nähe von Cahors, dem Hauptort des Quercy, wurde 1922 die Grotte von Pech-Merle entdeckt. Bei ihr ist die tägliche Besucherzahl auf 700 begrenzt. Wie Grotten-Führerin Audrey erklärt, finden sich hier rund 500 Felsbilder, die bis zu 20 000 Jahre alt sind.
Bei Cahors liegt hundert Meter über dem Lot Saint-Cirq-Lapopie, mit nur 200 Einwohnern. Der Ort streckt sich einen Kalksteinfelsen hoch. Hier kommen MittelalterFans auf ihre Kosten: Schmale Kopfsteinplaster-Gassen, Fachwerkhäuser mit Terrakottadächern, eine befestigte Kirche, Wachtürme und oben von der Burgruine ein spektakulärer Blick ins Lot-Tal.
20 Kilometer flussabwärts lockt, ebenfalls vom Mittelalter geprägt, Cahors. Das Highlight ist hier die Pont Valentré, eine der schönsten Wehrbrücken, mit drei 40 Meter hohen Türmen als Teil der städtischen Festungsanlagen. Den Namen der Stadt tragen die Cahors-Weine, die auf den Geländeterrassen des Lot wachsen: Bei einem Besuch im Château de Rouffiac nahe Duravel lässt sich mehr erfahren. Besitzer Philippe Ducoum (61) ist in fünfter Generation Winzer. Er bewirtschaftet 76 Hektar. Nach der Kellerbesichtigung gibt es im Salon eine Weinprobe. Tiefdunkle Rotweine werden kredenzt. Monsieur Philippe traut seinen Weinen eine Lagerfähigkeit von bis zu 20 Jahren zu. Also dann: auf ein langes Leben.