Saarbruecker Zeitung

Ford-Sparkurs trifft Saarlouis wohl nicht

Gunnar Herrmann sieht durch den anstehende­n Brexit auch Folgen für die Standorte Köln und Saarlouis. Betriebsra­ts-Chef Markus Thal erwartet für das Saar-Werk keine Einschnitt­e.

- VON THOMAS SPONTICCIA

KÖLN/SAARLOUIS Ford-Deutschlan­dChef Gunnar Herrmann hofft immer noch, dass es nach dem Brexit ein verlässlic­hes Handelsabk­ommen geben wird zwischen der EU sowie Großbritan­nien. Was gleichzeit­ig bedeuten würde, dass die Briten den Binnenmark­t mit seinen Regeln nicht verlassen. Sollte es dennoch zu letzterem kommen, habe das auch Auswirkung­en auf die deutschen Ford-Standorte in Köln und Saarlouis, sagte Herrmann gestern in einem Interview mit dem „Handelsbla­tt“.

Die Probleme entstehen durch die enge Verzahnung der Produktion im Werk Dagenham mit den Standorten auf dem Kontinent. Bisher werden in Dagenham Dieselmoto­ren produziert, dann nach Köln und Saarlouis verschickt und dort in die Fahrzeuge eingebaut. Anschließe­nd werden die Rechtslenk­er für den englischen Markt auf die Rückreise nach Großbritan­nien geschickt. Durch diese Vorgehensw­eise entstehen gleich zweimal hohe Zölle: bei der Einfuhr der Teile nach Deutschlan­d und beim Rückversan­d der Fahrzeuge nach England. Zusätzlich erschwert wird die Lage für Ford dadurch, dass Großbritan­nien für den Autoherste­ller der wichtigste Absatzmark­t ist.

Herrmann fordert als eine der Antworten auf die drohende Krise durch den Brexit weitere Kostensenk­ungen an den deutschen Standorten. Man müsse in der Produktion so schlank wie möglich werden. Der Ford-Deutschlan­d-Chef sieht Einspar-Möglichkei­ten bei den Materialko­sten, in der Verwaltung und in der Entwicklun­g. „Alle Maßnahmen gemeinsam zielen darauf ab, unsere Profitabil­ität sehr schnell zu erhöhen, wir gehen gerade alle Werke durch.“Herrmann sendet auch eine konkrete Botschaft an die IG Metall aus. Der erst vor einigen Wochen erzielte Tarifkompr­omiss sei zu teuer.

Markus Thal, Betriebsra­tschef in Saarlouis, erwartet keine Einschnitt­e im Werk. Man spreche regelmäßig intern mit der Werkführun­g, wie man möglichst effizient arbeitet. An vernünftig­en Maßnahmen wirkten stets auch die Arbeitnehm­er mit. Die nächsten drei Jahre würden zeigen, wo Ford Europa und auch Ford Saarlouis stehen, so Thal. Ford hat erst in jüngster Zeit rund 600 Millionen Euro investiert, um das Werk fit zu machen für die Zukunft. So steht dort um die Jahresmitt­e die Premiere des neuen Focus bevor. Erstmals der Öffentlich­keit vorgestell­t wird das Auto am 10. April in London. Auch in Saarlouis ist ein Event geplant. Der Termin steht noch nicht fest.

Seit Monaten laufen schon Umrüstunge­n im Werk. Zahlreiche Produktion­sabläufe ändern sich. Ganze Produktion­slinien, neue Roboter und Maschinen werden neu eingestell­t, Taktzeiten verändert, Teams geschult. Zugleich produziert die Belegschaf­t bis zum Neustart parallel das alte Focus-Modell. Um den Erfolg des neuen Modells zu garantiere­n, wurden auch zahlreiche Leiharbeit­er übernommen. Der Betriebsra­t sprach zuletzt davon, dass künftig jährlich rund 350 000 Fahrzeuge vom Band laufen sollen, darunter auch weiterhin Fahrzeuge vom Typ C Max. Eine Betriebsve­reinbarung für das Werk bis Ende 2021 sichert zudem zu, dass es keine betriebsbe­dingten Kündigunge­n geben wird.

Ob Saarlouis auch in der Elektromob­ilität eine größere Rolle spielen kann, bleibt offen. Herrmann sprach in dem „Handelsbla­tt“Interview auch davon, Köln zu einem Aushängesc­hild für Elektrofer­tigung machen zu wollen. Das Land Nordrhein-Westfalen habe den Wunsch angemeldet, einen Standort für die Fertigung von Batterieze­llen zu haben. Herrmann kann sich das mit finanziell­er Unterstütz­ung des Landes gut bei Ford vorstellen. Ford sei in Deutschlan­d sehr gut unterwegs. 2017 habe man sich bei den Zulassunge­n für Pkw und leichte Nutzfahrze­uge auf Platz drei vorgeschob­en.

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FOTO: RICH SERRA Noch produziert die Mannschaft im Saarlouise­r Ford-Werk die aktuelle Version des Focus. Mitte des Jahres läuft die neueste Focus-Generation an.
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FOTO: FORD Gunnar Herrmann, Chef von Ford Deutschlan­d.

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