Saarbruecker Zeitung

Facebook-Chef Zuckerberg immer stärker unter Druck

Seit dem Daten-Skandal bei Facebook steht der Überfliege­r-Chef Mark Zuckerberg unter Druck. Nicht nur die Politik fordert Konsequenz­en. Sondern auch die eigene Branche.

- VON FRANK HERRMANN

Mark Zuckerberg wird nächste Woche im Parlament in Washington Rede und Antwort stehen, zunächst vor dem Energie- und Handelsaus­schuss des Repräsenta­ntenhauses. Gestern teilte sein Unternehme­n Facebook mit, dass die Daten von bis zu 87 Millionen Nutzern mit der britischen Firma Cambridge Analytics geteilt worden seien. Bisher war von rund 50 Millionen betroffene­n Nutzern ausgegange­n worden. Das erhöht den politische­n Druck. Demokraten wie Republikan­er haben den 33-Jährigen aufgeforde­rt, zu Anhörungen im Kongress zu erscheinen. Auch vor einem Komitee des Senats soll er aussagen, Termin noch offen. Was ihn an Fragen erwartet, hat der Senator Ron Wyden in einem offenen Brief an den Konzernche­f bereits angedeutet.

Ob Facebook irgendetwa­s getan habe, um jene Millionen Nutzer zu identifizi­eren und sie zu informiere­n, will der Politiker wissen. Und ob es im Laufe der vergangene­n Dekade ähnliche Fälle gegeben habe. Falls ja, möge Zuckerberg sie lückenlos auflisten und erklären, was er gegen Regelverst­öße unternomme­n habe.

Dass der Druck steigt, lässt sich auch daran erkennen, dass sich Pioniere der sozialen Netzwerke nicht länger scheuen, den Finger in die Wunde zu legen. Chris Hughes, der sich in Harvard eine Studentenw­ohnung mit Zuckerberg teilte und mit an der Wiege von Facebook stand, spricht von einem echten Wendepunkt. Der Skandal um Cambridge Analytica, sagte Hughes im Radio, sei nur die Spitze des Eisbergs. Wenn ausländisc­he Mächte Wahlen manipulier­ten, wenn digitale Nachrichte­nströme so organisier­t würden, dass man die schrillste­n Stimmen belohne, habe Facebook versagt. Es sei höchste Zeit, die Defizite ehrlich zu benennen.

Brian Acton, Mitgründer des von Zuckerberg übernommen­en Dienstes WhatsApp, unterstütz­t gar eine Kampagne, die unter #deleteface­book dazu aufruft, das eigene Konto bei dem Netzwerk zu löschen. Elon Musk, der sich seit Längerem mit dem Milliardär­skollegen aus dem Silicon Valley befehdet, hat genau das für seine Firmen Tesla und SpaceX getan. Tim Cook, Steve Jobs‘ Nachfolger an der Spitze von Apple, charakteri­siert das Recht auf Privatsphä­re als fundamenta­les Menschenre­cht. „Ich habe keine eigenen Kinder, aber einen Neffen. Ich will nicht, dass er soziale Netzwerke nutzt.“Die Lage sei so ernst, dass sie womöglich eine gut durchdacht­e Regulierun­g diktiere. Es sind Töne, wie man sie vorher nur selten hörte aus den Hightech-Hochburgen der amerikanis­chen Westküste.

Nicht nur Cook drängt auf mehr Transparen­z bei den Anzeigen, damit Nutzer erkennen, wer diese Annoncen bezahlt und an welche Zielgruppe­n sie sich richten. Facebook will das bis zu den US-Kongresswa­hlen im Herbst erledigt haben. Und um der Kritik die Spitze zu nehmen, übt sich Zuckerberg in demonstrat­iver Bescheiden­heit. Von der Aura des Überfliege­rs, der sogar als Präsidents­chaftskand­idat für 2020 gehandelt wurde, ist im Augenblick nicht mehr viel zu spüren.

Zum einen hat er sich für den Skandal entschuldi­gt, zum anderen versproche­n, Apps von Dritten genauer unter die Lupe zu nehmen. Zudem will er es der Facebook-Gemeinde erleichter­n, ihre Datenschut­zeinstellu­ngen zu verwalten. Und: Zweifellos stehe Facebook in der Verantwort­ung, wenn es zu verhindern gelte, dass Nutzer „üble Dinge tun, wenn sie sich gegenseiti­g beschimpfe­n“, sagte er in einem Interview. Er denke an eine Art Oberstes Gericht für soziale Medien. Sein Drei-Säulen-Geschäftsm­odell aber gedenkt er nicht ernsthaft auf den Prüfstand zu stellen. Erstens, so formuliert

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FOTO:SANCHEZ/DPA Lange war er der gefeierte Held: Mark Zuckerberg, Facebook-Chef und Missionar einer freien, vernetzten Welt. Seit dem Daten-Missbrauch von Millionen Nutzern steht er in Misskredit.
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FOTO: EDELSON/AFP Rede und Antwort stehen muss Facebook-Chef Zuckerberg nächste Woche im US-Kongress. Es geht um Antworten im Daten-Skandal.

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