Tiefe Sehnsucht nach Freiheit
Die Begegnung mit einem Wolf wird in „Wild“für eine Frau zum Wendepunkt ihres Lebens.
SAARBRÜCKEN (ry) Auf dem Weg zur Arbeit macht Ania (Lilith Stangenberg) eine seltsame Bekanntschaft. Mitten im Park steht sie einem Wolf gegenüber. Sie sehen sich direkt in die Augen – und es kommt ihr so vor, als wäre ihr bisheriges Leben ein Witz. Der Moment lässt sie nicht mehr los, genau wie der Gedanke, den Wolf wiederzufinden und nie mehr gehen zu lassen. Ania wird zur Jägerin, legt Fährten und schafft es, das wilde Tier zu fangen. Sie sperrt es in ihrer Hochhauswohnung ein – und sprengt sämtliche Fesseln ihres bisherigen bürgerlichen Lebens. Erstaunlicherweise finden die Menschen um sie herum daran Gefallen, besonders ihr Chef Boris (Georg Friedrich), der ihre Nähe sucht wie nie zuvor. Fast scheint es, als teilten sie alle eine ähnliche, geheime wilde Sehnsucht.
„Wild“ist ein Gedankenspiel über die Freiheit – die Idee einer Liebesgeschichte zwischen einem Wolf und einer Frau konsequent und radikal zu Ende gedacht. Was zunächst wie bedrückender Realismus daherkommt, wird bald zu einer wilden Reise in die Abgründe der Fantasie. Der Filmdienst schreibt: „Bald bröckeln die Grenzen zwischen Jägerin und Beute, Mensch und Tier. Überzeugend erzählt der Film von der ‚Tierwerdung‘ als Befreiung aus zivilisatorischen Zwängen, wobei die Verwilderung nicht als Kontrollverlust, sondern als Emanzipationsgewinn ausbuchstabiert wird. Dabei verlässt der utopische Entwurf nie den Boden der Realität, skizziert vielmehr ein ebenso offenes wie anspielungsreiches Szenario, das in der beeindruckend furchtlosen Hauptdarstellerin und der kongenialen Kameraarbeit seine Basis findet.“
„Wild“ist nach „Jeans“, „Das Herz ist ein dunkler Wald“und „Deutschland 09“der vierte Film, bei dem Nicolette Krebitz für Drehbuch und Regie verantwortlich zeichnet. Für „Wild“erhielt sie 2016 den „Günter Rohrbach Filmpreis“und den „Bayerischen Filmpreis“. Krebitz ist auch als Schauspielerin tätig, so war sie unter anderem in „Treffen sich zwei“(2016) und „Besser als Nix“(2014) zu sehen. Auch als Sprecherin von Hörbüchern und Hörspielen ist sie immer wieder tätig.
Hauptdarstellerin Lilith Stangenberg wurde für ihre schauspielerischen Leistungen in „Wild“2016 ausgezeichnet, unter anderem beim „Preis der deutschen Filmkritik“. Beim „Deutschen Filmpreis“wurde „Wild“als „Bester Spielfilm“, für die „Beste männliche Nebenrolle“, die „Beste Kamera/Bildgestaltung“und die „Beste Tongestaltung“ausgezeichnet.
Wild, 22.30 Uhr, ARTE