Land will Schulen vor Antisemitismus schützen
Das Bildungsministerium will Schulen vor Antisemitismus schützen. Mit der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem will man kooperieren.
Die Meldungen über antisemitische Straftaten an deutschen Schulen häufen sich. Das saarländische Bildungsministerium will Judenfeindlichkeit möglichst früh bekämpfen und plant dazu jetzt eine Kooperation mit der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem.
SAARBRÜCKEN Die Meldungen über antisemitische Straftaten an den Schulen haben Deutschland aufgewühlt. Dabei geht es um Mobbing auf dem Schulhof, wenn Mitschüler als „Judenschweine“beschimpft werden, um Gewaltdrohungen von muslimischen oder rechtsradikal eingestellten Schülern gegen ihre jüdischen Kollegen oder um das Aufsprühen von Sprüchen oder Emblemen der Nazis auf Schulgebäude.
Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) forderte jetzt ein härteres Einschreiten der Jugendämter bis zur Inobhutnahme der Kinder aus den betroffenen Familien. „Wenn Kinder zu Antisemiten erzogen werden, darf man nicht davor zurückschrecken, sie aus ihren Familien herauszunehmen“, sagte Gewerkschaftschef Rainer Wendt der „Augsburger Allgemeinen“. Der Berliner Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) hatte ein bundesweites Melderegister für antisemitische Vorfälle an Schulen angemahnt:
Denn mit den Meldungen über antisemitische Angriffe ist es bisher nicht zum Besten bestellt. Zu Jahresanfang hatte der Chef der Synagogengemeinde Saar, Richard Bermann, berichtet, dass die Schändungen jüdischer Friedhöfe zunähmen. Zudem würden jüdische Sprachschüler antisemitisch gemobbt. So hätten Juden, die aus der Ex-UdSSR ins Saarland übersiedelten, nach Deutsch-Kursen in der Volkshochschule verbale Attacken von muslimischen Mitschülern erleben müssen. „Unsere Leute sind dann nicht mehr zu den Deutsch-Kursen hingegangen, die fühlten sich bedroht“, so Bermann.
Das Bildungsministerium verfügt über keine Daten zu antisemitischen Vorfällen an Saar-Schulen und verwies an das Innenministerium. Katrin Thomas, Sprecherin von Saar-Innenminister Klaus Bouillon (CDU), erläuterte der SZ das umständlich anmutende Meldeverfahren für antisemitische Straftaten. Demnach werden solche Fälle nicht in der Statistik der Saar-Kripo geführt, sondern vom Saarland direkt an das Bundeskriminalamt gemeldet. „Erst nach erneuter Prüfung und Abstimmung zwischen den beteiligten Behörden auf Bundes- und Landesebene – auch unter Einbeziehung des Bundesamtes für Verfassungsschutz sowie der Landesämter für Verfassungsschutz – werden die Zahlen der politisch motivierten Kriminalität dann veröffentlicht“, sagte Thomas. In den Jahren von 2013 bis 2017 gab es demnach 62 antisemitische Straften im Saarland. Davon sei ein Fall aus religiösen Motiven verübt worden. Das Gros hatte einen rechtsextremen Hintergrund. „Eine händische Auswertung der Fälle ergab, dass in den Jahren 2013 und 2014 das Landespolizeipräsidium jeweils eine antisemitische Straftat an saarländischen Schulen registrierte. Dabei wurden Hakenkreuze oder antisemitische Schriftzüge an einer Hauswand und am Haupteingang angebracht. Beide Straftaten wurden nicht aufgeklärt“, erklärte Thomas. Diese „händische Auswertung“scheint aber ungenau zu sein, da der SZ zumindest von 2015 eine weitere Hakenkreuzbemalung an der Saarbrücker Bruchwiesen-Gemeinschaftsschule bekannt ist (siehe Fotos).
Nach Angaben seines Sprechers Fabian Bosse bemüht sich Saar-Bildungsminister Ulrich Commerçon (SPD) derzeit um eine gemeinsame Initiative mit der Gedenkstätte für Holocaust und Heldentum Yad Vashem in Jerusalem. „Beide Partner wollen zukünftig im Bereich der schulischen Bildung zusammenarbeiten“, sagte Bosse. Ziel sei es, den Austausch zwischen israelischen und saarländischen Lehrern und Mitarbeitern der jeweiligen Bildungsbehörden zu intensivieren. Darüber hinaus solle das gegenseitige Verständnis für die Geschichte, die Kultur und die Gegenwart Israels und des Saarlandes weiterentwickelt werden. Commerçon werde Ende Mai dazu nach Israel reisen, um eine gemeinsame Absichtserklärung zu unterzeichnen. Bereits seit Jahren liefen Seminare für Lehrer zum Thema Extremismus-Vorbeugung bei Schülern am Landesinstitut für Pädagogik und Medien in Dudweiler. Das Thema Antisemitismus gehört nach Angaben des Chefs der Landeszentrale für politische Bildung, Erik Harms-Immand, „zum festen Themenportfolio“seiner Einrichtung. Das Thema stehe auch beim Schulnetzwerk „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“obenan, dem mittlerweile 46 Saar-Schulen angehörten.