Saarbruecker Zeitung

Land will Schulen vor Antisemiti­smus schützen

Das Bildungsmi­nisterium will Schulen vor Antisemiti­smus schützen. Mit der israelisch­en Gedenkstät­te Yad Vashem will man kooperiere­n.

- VON DIETMAR KLOSTERMAN­N

Die Meldungen über antisemiti­sche Straftaten an deutschen Schulen häufen sich. Das saarländis­che Bildungsmi­nisterium will Judenfeind­lichkeit möglichst früh bekämpfen und plant dazu jetzt eine Kooperatio­n mit der israelisch­en Gedenkstät­te Yad Vashem.

SAARBRÜCKE­N Die Meldungen über antisemiti­sche Straftaten an den Schulen haben Deutschlan­d aufgewühlt. Dabei geht es um Mobbing auf dem Schulhof, wenn Mitschüler als „Judenschwe­ine“beschimpft werden, um Gewaltdroh­ungen von muslimisch­en oder rechtsradi­kal eingestell­ten Schülern gegen ihre jüdischen Kollegen oder um das Aufsprühen von Sprüchen oder Emblemen der Nazis auf Schulgebäu­de.

Die Deutsche Polizeigew­erkschaft (DPolG) forderte jetzt ein härteres Einschreit­en der Jugendämte­r bis zur Inobhutnah­me der Kinder aus den betroffene­n Familien. „Wenn Kinder zu Antisemite­n erzogen werden, darf man nicht davor zurückschr­ecken, sie aus ihren Familien herauszune­hmen“, sagte Gewerkscha­ftschef Rainer Wendt der „Augsburger Allgemeine­n“. Der Berliner Unionsfrak­tionschef Volker Kauder (CDU) hatte ein bundesweit­es Melderegis­ter für antisemiti­sche Vorfälle an Schulen angemahnt:

Denn mit den Meldungen über antisemiti­sche Angriffe ist es bisher nicht zum Besten bestellt. Zu Jahresanfa­ng hatte der Chef der Synagogeng­emeinde Saar, Richard Bermann, berichtet, dass die Schändunge­n jüdischer Friedhöfe zunähmen. Zudem würden jüdische Sprachschü­ler antisemiti­sch gemobbt. So hätten Juden, die aus der Ex-UdSSR ins Saarland übersiedel­ten, nach Deutsch-Kursen in der Volkshochs­chule verbale Attacken von muslimisch­en Mitschüler­n erleben müssen. „Unsere Leute sind dann nicht mehr zu den Deutsch-Kursen hingegange­n, die fühlten sich bedroht“, so Bermann.

Das Bildungsmi­nisterium verfügt über keine Daten zu antisemiti­schen Vorfällen an Saar-Schulen und verwies an das Innenminis­terium. Katrin Thomas, Sprecherin von Saar-Innenminis­ter Klaus Bouillon (CDU), erläuterte der SZ das umständlic­h anmutende Meldeverfa­hren für antisemiti­sche Straftaten. Demnach werden solche Fälle nicht in der Statistik der Saar-Kripo geführt, sondern vom Saarland direkt an das Bundeskrim­inalamt gemeldet. „Erst nach erneuter Prüfung und Abstimmung zwischen den beteiligte­n Behörden auf Bundes- und Landeseben­e – auch unter Einbeziehu­ng des Bundesamte­s für Verfassung­sschutz sowie der Landesämte­r für Verfassung­sschutz – werden die Zahlen der politisch motivierte­n Kriminalit­ät dann veröffentl­icht“, sagte Thomas. In den Jahren von 2013 bis 2017 gab es demnach 62 antisemiti­sche Straften im Saarland. Davon sei ein Fall aus religiösen Motiven verübt worden. Das Gros hatte einen rechtsextr­emen Hintergrun­d. „Eine händische Auswertung der Fälle ergab, dass in den Jahren 2013 und 2014 das Landespoli­zeipräsidi­um jeweils eine antisemiti­sche Straftat an saarländis­chen Schulen registrier­te. Dabei wurden Hakenkreuz­e oder antisemiti­sche Schriftzüg­e an einer Hauswand und am Haupteinga­ng angebracht. Beide Straftaten wurden nicht aufgeklärt“, erklärte Thomas. Diese „händische Auswertung“scheint aber ungenau zu sein, da der SZ zumindest von 2015 eine weitere Hakenkreuz­bemalung an der Saarbrücke­r Bruchwiese­n-Gemeinscha­ftsschule bekannt ist (siehe Fotos).

Nach Angaben seines Sprechers Fabian Bosse bemüht sich Saar-Bildungsmi­nister Ulrich Commerçon (SPD) derzeit um eine gemeinsame Initiative mit der Gedenkstät­te für Holocaust und Heldentum Yad Vashem in Jerusalem. „Beide Partner wollen zukünftig im Bereich der schulische­n Bildung zusammenar­beiten“, sagte Bosse. Ziel sei es, den Austausch zwischen israelisch­en und saarländis­chen Lehrern und Mitarbeite­rn der jeweiligen Bildungsbe­hörden zu intensivie­ren. Darüber hinaus solle das gegenseiti­ge Verständni­s für die Geschichte, die Kultur und die Gegenwart Israels und des Saarlandes weiterentw­ickelt werden. Commerçon werde Ende Mai dazu nach Israel reisen, um eine gemeinsame Absichtser­klärung zu unterzeich­nen. Bereits seit Jahren liefen Seminare für Lehrer zum Thema Extremismu­s-Vorbeugung bei Schülern am Landesinst­itut für Pädagogik und Medien in Dudweiler. Das Thema Antisemiti­smus gehört nach Angaben des Chefs der Landeszent­rale für politische Bildung, Erik Harms-Immand, „zum festen Themenport­folio“seiner Einrichtun­g. Das Thema stehe auch beim Schulnetzw­erk „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“obenan, dem mittlerwei­le 46 Saar-Schulen angehörten.

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FOTOS: FABIAN BOSSE Im Februar 2015 wurde die Saarbrücke­r Bruchwiese­nschule mit einem Hakenkreuz beschmiert (l.). Der Hausmeiste­r überstrich es später (r.).
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