Saarbruecker Zeitung

„Dieser Handelskri­eg könnte unser Wachstum zerstören“

Der Leiter des gewerkscha­ftsnahen Wirtschaft­sforschung­sinstituts IMK sieht eine Lösung am ehesten in internatio­nalen Verhandlun­gen.

- DAS GESPRÄCH FÜHRTE STEFAN VETTER

BERLIN Der Handelsstr­eit zwischen den USA und China wird auch in der deutschen Wirtschaft mit Sorge gesehen.Gustav Horn, Chef des gewerkscha­ftsnahen Instituts für Makroökono­mie und Konjunktur­forschung (IMK), macht da keine Ausnahme, befürchtet aber (noch) keine dramatisch­en Folgen für die deutschen Unternehme­n.

Herr Horn, ebenso wie andere Institute rechnet auch das Institut für Makroökono­mie und Konjunktur­forschung (IMK) für das laufende Jahr mit einem kräftigen Wirtschaft­swachstum in Deutschlan­d. Wird der global heraufzieh­ende Handelskri­eg von den Ökonomen schlicht ignoriert?

HORN Nein. Wir rechnen mit einem Wachstum von 2,4 in diesem und 2,2 Prozent im nächsten Jahr. Das sind zweifellos gute Zahlen. Und darin ist auch schon eingepreis­t, dass der von den USA angezettel­te Handelskri­eg kaum einen Effekt für das deutsche Wachstum haben wird.

Ihren Optimismus in allen Ehren. Aber Deutschlan­d ist bekanntlic­h eine Exportnati­on. Wenn Peking und Washington sich mit Strafzölle­n überziehen, dann ist das doch am Ende auch Gift für deutsche Unternehme­n.

HORN Wirtschaft­sforscher sind gehalten, eine Prognose abzugeben, die sie für die Wahrschein­lichste halten. Dass dieser Handelskri­eg unser Wachstum sogar potenziell zerstören könnte, will ich gar nicht bestreiten. Nur, wir wissen noch gar nicht, welche Wirkungen dieser Handelskri­eg entfaltet. Wir wissen nur, dass er begonnen hat – durch eine Spirale wechselsei­tiger Androhunge­n von Strafzölle­n.

Die USA haben angedeutet, dass diese Drohung auch nur eine Verhandlun­gsstrategi­e gegenüber Peking sein könnte. Wie glaubhaft ist das?

HORN Da ist sicher etwas dran. Trump kann jedenfalls kein Interesse haben, den Welthandel zum Erliegen zu bringen. Denn es gibt auch in den USA zahlreiche exportorie­ntierte Unternehme­n, die dadurch massiven Schaden nehmen würden. Was Trump aber will, ist, bessere Deals herauszusc­hlagen, also die Handelsgew­ichte zugunsten der USA zu verschiebe­n. Die angedrohte­n Strafzölle sind sein Druckmitte­l dafür.

Trump will vor allem das hohe Handelsbil­anzdefizit der USA abbauen, das auch mit Deutschlan­d besteht. Haben Sie dafür Verständni­s?

HORN Dafür habe ich volles Verständni­s. Denn Handelsbil­anzdefizit­e sind genauso wie permanente Überschüss­e eine ungute Entwicklun­g, die in eine Schuldenkr­ise münden kann. Oder, was im Falle der USA wahrschein­licher ist, in heftige Turbulenze­n beim Dollar-Wechselkur­s.

Mit welcher Konsequenz?

HORN Am Ende würden dadurch auch unsere eigenen Exporte schwer belastet. Insofern muss Deutschlan­d ebenfalls daran interessie­rt sein, seine Handelsbil­anz in Ordnung zu bringen. Nicht, indem wir weniger exportiere­n, sondern, indem wir mehr importiere­n, also mit einer höheren Binnennach­frage reagieren. Und was die USA angeht, so wäre zum Beispiel ein schwächere­r Dollar deutlich effektiver für den Abbau ihres Handelsdef­izits als Strafzölle.

China setzt auf eine aggressive Handelspol­itik, indem es zum Beispiel ausländisc­he Firmen zu JointVentu­res zwingt und Technologi­eklau betreibt. Sollten die USA und die EU nicht besser an einem

Strang ziehen?

HORN China ist kein Unschuldsl­amm. Das stimmt. Ein Zusammensc­hluss Europa-USA wäre da sicher strategisc­h wichtig. Nur droht Trump eben auch der EU mit Strafzölle­n. Insofern hat sich das erledigt.

Hat die Welthandel­sorganisat­ion WTO eigentlich noch eine Zukunft, wenn Trump nur noch auf bilaterale Deals setzt?

HORN Gerade jetzt müsste man sich auf multilater­aler Ebene zusammense­tzen, um faire Bedingunge­n aushandeln. Genau dafür ist die Welthandel­sorganisat­ion WTO auch da. Trumps Kurs bedeutet in letzter Konsequenz ein Ende der WTO. Und darunter würde zweifellos nicht zuletzt Deutschlan­d leiden.

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FOTO: HIMSEL/HBS Gustav Horn, Chef des Wirtschaft­sforschung­sinstituts IMK.

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