Saarbruecker Zeitung

Wim Delvoyes Kapelle fliegt aus dem Mudam

Installati­on des Konzeptkün­stlers muss Museumspäd­agogik weichen – Sorgt sich Luxemburgs Premier um Sanitäranl­agen im Museum?

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Xavier Bettel die für Ende Mai vorgesehen­e Einlagerun­g der Delvoye-Installati­on demnach unter anderem damit, dass diese im Mudam den Zugang zu einem Toilettenr­aum blockiere. Ist die Benutzung von Sanitäranl­agen in Luxemburg inzwischen zur Staatsange­legenheit geworden? Nun, ganz so grundbedür­ftig scheint die Politik im Großherzog­tum dann doch nicht ausgericht­et zu sein: Liest man genauer nach, stellt sich heraus, dass dort, wo Delvoyes berückende gotische Metallkape­lle (mit ihren geradezu subversiv anmutenden Glasfenste­rn) noch steht, künftig die museumspäd­agogische Arbeit konzentrie­rt werden soll. Angeblich sei das von Architekt I.M.Pei, der das Mudam entworfen hat, immer so vorgesehen gewesen. Eine kuriose Begründung: Wer je im Mudam gewesen ist, dürfte sich davon überzegt haben können, dass es wenige internatio­nale Museen von Rang gibt, in den solcherlei Raumversch­wendung betrieben wird wie im Mudam. Anders gesagt: Ein Ausweichqu­artier für Delvoyes „Chapelle“innerhalb des Mudam hätte sich wohl finden lassen – wenn man denn gewollt hätte.

Während Premier Bettel, indem er in der Causa selbst Stellung bezieht, den Eindruck aufkommen lässt, selbige zur Chefsache zu machen, erstaunt die verhaltene offizielle Reaktion der erst im Januar neu bestallten Mudam-Direktorin, der Australier­in Suzanne Cotter. In einer äußerst dürren Pressemitt­eilung beließ sie es dabei, darauf hinzuweise­n, dass im ersten Stock des Mudam dessen pädagogisc­he Arbeit lokalisier­t werde, sodass Delvoyes antiklerik­ale Kapelle am 28.Mai das Feld zu räumen hat und eingelager­t wird. Während in Luxemburgs Medien darüber kein Aufschrei zu vernehmen ist, findet sich in den Leserkomme­ntaren durchaus Hohn und Spott. Von „Kulturbana­usentum“ist da etwa die Rede.

Das Mudam selbst befindet sich in einer Umbruchpha­se. 2017 war der langjährig­e Direktor Enrico Lunghi im Streit mit Premier Bettel zurückgetr­eten. Ihm war vorgeworfe­n worden, bei einem Interview gegenüber einer RTL-Journalist­in angeblich handgreifl­ich geworden zu sein. Lunghi selbst fühlte sich abserviert. Unklar ist seither, in welche Richtung seine Nachfolger­in das Mudam führen will. Die opposition­elle CSV im Parlament forderte bereits ein Treffen mit Cotter, um deren „künstleris­chen Prioritäte­n und Entwicklun­gspläne“zu erfahren, so CSV-Fraktionsc­hef Claude Wiseler.

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FOTO: RÉMI VILLAGGI/MUDAM Delvoyes „Chapelle“aus Metall im Musée d‘art moderne Grand-Duc Jean (Mudam).

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