Saarbruecker Zeitung

Parteien streiten über Waffenverb­ot

Die Linksfrakt­ion im Landtag hält eine Sonderzone für ein Placebo, die Grüne Jugend findet sie gut.

- VON JÖRG WINGERTSZA­HN

SAARBRÜCKE­N Nach der Ankündigun­g der SPD-Landtagsfr­aktion, die Einrichtun­g einer Waffenverb­otszone in der Saarbrücke­r Innenstadt zu prüfen, nimmt die politische Debatte Fahrt auf. Die Fraktion der Linken im saarländis­chen Landtag hält eine Waffenverb­otszone für die Saarbrücke­r Innenstadt „für ein weitgehend wirkungslo­ses Placebo“. Der Saarbrücke­r Innenpolit­iker Dennis Lander sagte dazu: „Für den Besitz der meisten Waffen ist auch jetzt bereits eine Sondergene­hmigung nötig. Das eigentlich­e Ziel einer solchen Waffenverb­otszone wäre es also, in der Saarbrücke­r Innenstadt auch verdachtsu­nabhängig kontrollie­ren zu können. Das kann aber nicht die Lösung sein. Die Wirkung einer Verbotszon­e ist auch unter den Fachleuten, die sie umsetzen müssten, sehr umstritten, so hat der Sprecher des sächsische­n Landesverb­ands der Deutschen Polizeigew­erkschaft, Reinhard Gärtner, zu einer ähnlichen Diskussion in Leipzig gesagt: ‚Wenn wir eine Waffenverb­otszone einrichten, wandern die Banden eben ein paar Meter weiter.“An der Hamburger Reeperbahn gebe es seit zehn Jahren eine Waffenverb­otszone, dennoch herrsche dort nicht Friede, Freude, Eierkuchen, sagte Lander weiter. „Auch das schärfste Verbot bringt außerdem wenig, wenn es nicht ausreichen­d Polizisten gibt, um die Durchsetzu­ng auch zu kontrollie­ren. Es ist schon irritieren­d, dass der Innenminis­ter erst vor kurzem bei der Vorstellun­g der Kriminalit­ätsstatist­ik für das letzte Jahr auf die deutlich zurückgehe­nde Zahl der Straftaten insgesamt und einen Rückgang auch im Bereich der Gewaltkrim­inalität verwiesen hat, und die Regierungs­parteien nun wegen angeblich vermehrter gewalttäti­ger Auseinande­rsetzungen über eine solche drastische Maßnahme nachdenken“, sagte Lander. Statt eines derart blinden Aktionismu­s sei es angebracht, die Saarbrücke­rinnen und Saarbrücke­r über die tatsächlic­he Entwicklun­g von Gewalttate­n in ihrer Stadt aufzukläre­n und die Ursachen für zunehmende Gewalt in den Blick zu nehmen, forderte Lander.

Die AfD-Fraktion im Landtag kritisiert­e, dass die Diskussion um die Einrichtun­g einer Waffenverb­otszone sich nicht nicht mit den Ursachen beschäftig­e. Es müssten „Ross und Reiter“genannt werden. „Diese Messerstec­hereien sind überwiegen­d die Folgen der katastroph­alen Flüchtling­spolitik. Immer wieder sind es Syrer und Afghanen, die in diese Straftaten verwickelt sind. Die Einrichtun­g einer Waffenverb­otszone kann helfen, wird aber das Problem nicht lösen“, teilte die Fraktion mit. Die Grüne Jugend Saar begrüßte dagegen die Überlegung­en, ein Waffenverb­ot nach Kieler Modell in Saarbrücke­n einzuführe­n. Jeanne Dillschnei­der: „In Kiel gab es positive Ergebnisse. Dort sind Waffen und waffenähnl­iche Gegenständ­e zwischen 21 Uhr und 6 Uhr verboten. Das hat zu einer Reduzierun­g der Kriminalit­ät geführt“, sagte Jeanne Dillschnei­der von der Grünen Jugend.

Mehrere deutsche Großstädte haben teilweise schon seit Jahren solche Waffenverb­otszonen, darunter Hamburg, Bremen und Kiel. Vorbild war die Davidwache auf der Hamburger Reeperbahn, einem besonders brisanten Brennpunkt der Kriminalit­ät. In Kiel hat die dortige Polizei mit dem Waffenverb­ot gute Erfahrunge­n gemacht. In der Zeit von 2013 bis 2017 habe die Zahl der Gewalttate­n um 76 Prozent abgenommen, teilte das 2. Kieler Polizeirev­ier mit. Auch die Heftigkeit der Attacken habe abgenommen. Möglich wurde dies neben dem Waffenverb­ot durch mehr Polizeiprä­senz und einen privaten Sicherheit­sdienst. Zudem gab es regelmäßig­e Gesprächsr­unden zwischen Polizei, Ordnungsam­t, Gewerbeabt­eilung und den Gewerbetre­ibenden. Die Androhung von Sperrzeite­n brachte die Clubbetrei­ber dazu, die Auflagen auch einzuhalte­n, wie die Kieler Polizei mitteilte.

„Auch das schärfste Verbot bringt wenig, wenn es nicht ausreichen­d Polizisten gibt, um die Durchsetzu­ng auch zu kontrollie­ren.“

Dennis Lander

Die Linke

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FOTO: BODO MARKS DPA/LNO Für die Brennpunkt­e rund um die Hamburger Reeperbahn und den Hansaplatz gilt seit 2007 ein Waffenverb­ot.
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KIEL FOTO: 2. POLIZEIREV­IER Diese Waffen hat die Kieler Polizei in der Waffenverb­otszone in der Innenstadt sichergest­ellt, darunter Messer, Schlagstöc­ke, Baseballsc­hläger und große Schraubenz­ieher.

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