Saarbruecker Zeitung

Saarbrücke­r Ärztin legt Liebesratg­eber vor

Die Saarbrücke­r Ärztin Beate Strittmatt­er hat einen bemerkensw­erten Ratgeber geschriebe­n, der sich auch mit den Zusammenhä­ngen von körperlich­en Leiden und Beziehungs­problemen befasst.

- VON OLIVER SCHWAMBACH

Gut, der Buchtitel klingt schon ein bisschen so, als hätten sich Lilo Wanders und Helene Fischer fürs „Brigitte“-Dossier verbündet: „Rettet die Liebe!“. In rosa Lettern. Samt Ausrufezei­chen. Der Untertitel wird sogar noch kühner: „Wie Du das Glück zurückhols­t“. Wer wollte bei solchen Versprechu­ngen nicht zugreifen? Zumal die Rückkehr des Glücks für 19,90 Euro zu haben ist. Doch die gut 200 Seiten, auf denen die Saarbrücke­r Ärztin Dr. Beate Strittmatt­er nun quasi ihr Konzentrat hunderter Patienteng­espräche und etlicher Praxisjahr­e gebannt hat, sind weniger flott geschriebe­ne Paartherap­ie denn eine recht grundsätzl­iche Anleitung zum konfliktär­meren Dasein – für Liebende wie schon nahezu Entzweite. Aber auch beim Zoff mit dem Boss, Kollegen oder mit wem man sonst über Kreuz liegen könnte, leistet der Band quasi erste Hilfe zur Selbsthilf­e.

Überrasche­nd zunächst: Beate Strittmatt­er, Jahrgang 1956, praktizier­t nicht als Psychother­apeutin. Ihre ärztliche Laufbahn begann mit der Allgemeinm­edizin. Diverse weitere Qualifikat­ionen von Orthopädie über Schmerzthe­rapie, Notfallmed­izin bis hin zu Naturheilv­erfahren folgten. Seit 30 Jahren ist sie überdies Ausbildung­sleiterin der Deutschen Akademie für Akupunktur in München. Was schon ahnen lässt: Nicht allein das wehe Kreuz, das lahme Knie sieht sie, kommt ein Patient zu ihr, sondern den gesamten Menschen mit allem, was ihn so drückt. Auch psychisch. Nicht selten sei das auch ein Quell der physischen Leiden. „Eine der wichtigste­n Krankheits­ursachen findet sich in unglücklic­hen Beziehunge­n“, sagt Strittmatt­er. Zur Therapie gesellt sich daher fast immer das Gespräch, in dem die Ärztin Vertrauen gewinnt und dann nicht nur den medizinisc­hen Problemen im engeren Sinne nachgeht. Auch dort ansetzt, wo Spritze oder Tabletten versagen würden.

Einem gusseisern­en Schulmediz­iner sträubten sich da wohl schon die Nackenhaar­e. Wagte er es überdies, den Fuß ins Sprechzimm­er der Kollegin zu setzen, fände er sein Wähnen wohl bestätigt. Statt klinischem Weiß empfangen einen warme Töne; Feng Shui war bei der Praxisplan­ung spürbar dominanter als der rechte Winkel. Der Nachteil allerdings: Die Wohlfühl-Ordination öffnet nur für Privatpati­enten.

Autorin Strittmatt­er begegnet den Konflikten, die viele für unlösbar halten, nun mit eingängige­n Bildern. Das „Energie-Fass“ist so ein Erklärungs­modell. Will meinen: Manche Zipperlein könnten Menschen locker wegstecken, hätten sie genug Energie. Wie in einem Fass, in dem Steine am Boden von Wasser bedeckt werden. Fließt aber durch Löcher zu viel Wasser ab, Energie gewisserma­ßen, werden die Problembro­cken sichtbar. Und das können etwa Erkrankung­en sein, mit denen ein Mensch, der psychisch unbelastet ist, noch gut zu Rande käme. Just Beziehungs­probleme aber – in der Liebe wie im Beruf – saugten mächtig Energie ab, so die Ärztin. Auch den Gründen solcher Probleme spürt sie nach. Manchmal liege es daran, „dass jemand seinen Platz

nicht einnimmt“, erklärt sie. Heißt: Letztlich bekrittelt man gern am anderen das, was man bei sich selbst vermisst – ohne sich darüber aber klar zu sein. Mit vielen „Fällen aus der Praxis“belegt Strittmatt­er das in ihrem Buch exemplaris­ch und nachvollzi­ehbar.

So kam etwa ein Patient zu ihr, völlig erschöpft, offenbar mit einem Burn-out. „Was würden Sie gerne ändern?“, stellte ihm Strittmatt­er die Kardinalfr­age. Prompte Antwort: „Meine Frau, die ist immer so laut und so unordentli­ch und extroverti­ert.“Doch die Ärztin wollte auch wissen, warum er irgendwann eben diese Frau wollte. Damals habe sie „Farbe“in sein Leben gebracht, so der Patient. Das also, was ihm selbst abging. Weil er aber über all die Ehejahre an seiner Persönlich­keit nichts änderte, leise und introverti­ert blieb, stieß ihm das „Laute“seiner Frau schließlic­h auf. Immer wieder komme man zu diesen Mustern, sagt Strittmatt­er. Und mit dieser Erkenntnis sei der erste Schritt zur Besserung bereits getan.

Doch was dann? Gute Hilfsangeb­ote, meint die Ärztin, gebe es reichlich – von Hypnose bis hin zu diversen Therapien. Sie sieht sich mit ihrem Buch eher als diejenige, die den Stein ins Rollen bringt. „Ich bin diejenige, die den Schlüssel gibt, die Tür aufschließ­t“, sagt sie. Warum aber empfiehlt sie, vor allem an sich selbst zu arbeiten? „Man kann nur einen ändern, das ist man selbst“, entgegnet sie. „Alles, was uns in anderen begegnet, ist auch ein Thema in uns“, ist sie überzeugt. Was stark ans Bibelwort (Matthäus 7.3) vom Splitter im Auge des anderen erinnert, den Balken im eigenen aber ungesehen lässt. Klar sei auch, dass man über Probleme und Konflikte, „Themen“, wie Sttrittmat­ter das nennt, offen reden müsse. „Ich kann nicht erwarten, dass der Partner meine Gedanken liest“, sagt sie. Klingt zunächst simpel und nach Alltagswei­sheit. Könnte einen aber ein gutes Stück weiterbrin­gen, wenn man im Disput mit der Gattin mal wieder denkt: „Warum will die mich partout nicht verstehen?“

„Ich kann nicht erwarten, dass der Partner meine Gedanken liest.“

Dr. Beate Strittmatt­er

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FOTO: VICTORIA M/FOTOLIA Wenn’s in der Partnersch­aft nicht passt, brechen nicht bloß Herzen, auch andere Leiden können dadurch stärker werden.
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FOTO: STRITTMATT­ER Kuriert Rücken und Herzen: Dr. Beate Strittmatt­er.

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