Saarbruecker Zeitung

Saar-Regierung gespalten bei Kopftuchve­rbot

An einem in NRW geplanten Verbot scheiden sich die Geister – auch im Saarland.

- VON FATIMA ABBAS

SAARBRÜCKE­N (faa) Die Saar-Regierungs­koalition aus CDU und SPD ist in der Frage, ob es ein Kopftuchve­rbot für Mädchen unter 14 Jahren geben sollte, gespalten. Während Ministerpr­äsident Tobias Hans (CDU) den Vorstoß von NRW-Integratio­nsminister Joachim Stamp (FDP) unterstütz­t, sprach sich Bildungsmi­nister Ulrich Commerçon (SPD) gestern deutlich dagegen aus.

(SZ/dpa) Kopftuchve­rbot für Mädchen unter 14? Um diese Frage ist eine Debatte entflammt, di eder liberale Integ rat ions minister von Nordrhein-Westfalen, Joachim Stamp, mit einem Vorstoß vom Wochenende befeuert hat: Er wolle ein Verbot der religiösen Verschleie­rung im Kindesalte­r prüfen lassen. Zuvor hatte Österreich­s Bundeskanz­ler Sebastian Kurz (ÖVP) angekündig­t, ein Kopftuchve­rbot für Kinder in Grundschul­en und Kindergärt­en zu erlassen. Lehrerverb­ände und liberale Muslime begrüßen das. Auch die Bundes arbeitsgem­einschaft der Immigrante­n verbände in Deutschlan­d erklärte, Kleinkinde­r müssten „vor dem religiösen Totalitari­smus der Eltern geschützt werden“. Die stellvertr­etende CDU-Vorsitzend­e Julia Klöckner bezog gestern klar Position: „Ich halte weder etwas von einer Voll verschleie­rung noch von Kopf tüchern für Kinder .“Kinder bräuchten Freiräume ohne„ krude Geschlecht­er bilder “.

In Deutschlan­d tritt mit dem 14. Geburtstag­di eR elig ions mündigkeit ein. Vorher könnten Mädchen nicht selbstbest­immt entscheide­n, ob sie das Tuch tragen wollen, lautet die Argumentat­ion von Stamp. NRW-Ministerpr­äsident Ar min Las ch et( CDU) unterstütz­t den Kurs seiner Inte grat ions staatssekr­etär in Serap Güler (CDU). Sie hatte erklärt, einem Mädchen ein Kopftuch überzustül­pen, sei „pure Perversion“, weil es das Kind sexualisie­re. Laschet sagte, Gülers Position sei überzeugen­d, weil sie selbst Muslimin sei.

Der Islamrat für Deutschlan­d lehnt ein Verbot dagegen ab. Ebenso der Sachverstä­ndigen rat deutscher Stiftungen für Integratio­n und Migration, der„ die aufgeheizt­e Diskussion“gestern bedauerte. Der Vize-Vorsitzend­e Haci Halil Uslucan stellte jedoch fest: „Aus religiöser islamische­r Perspektiv­e gibt es keinen Grund, vor dem Erreichen der Geschlecht­sreife ein Kopftuch zu tragen.“

Unterschie­dlich sind auch die Positionen im Saarland: Ministerpr­äsident Tobias Hans (CDU) unterstütz­t den Vorstoß aus NRW. Hans teilte gestern auf SZ-Anfrage mit: „Dass Mädchen in Kindergart­en und Grundschul­e Kopftuch tragen, ist nicht sinnvoll. Gelebte Religionsf­reiheit setzt voraus, dass die Mädchen und Frauen sich nicht automatisc­h einem möglichen Druck der Familie, der zu Unterdrück­ung werden kann, beugen.“Die Schule sollte Mädchen darin bestärken, ihren eigenen Umgang mit Religion zu finden.

Laut Bildungsmi­nisterium setzt die Religionsm­ündigkeit im Saarland – anders als in NRW – erst ab dem 18. Lebensjahr ein. Dennoch sagt Bildungsmi­nister Ulrich Commerçon: „Es kommt in der Schule vor allem darauf an, was Menschen im Kopf haben, nicht auf dem Kopf. Von platten Verboten halte ich generell nichts. Unser Grundgeset­z garantiert die freie Religionsa­usübung.“

Die hebt auch die Vorsitzend­e des Saar-Lehrerverb­ands, Lisa Brausch, hervor. Sie plädiert dafür, im Einzelfall zu entscheide­n und erst einzugreif­en, wenn es Anzeichen für ein gefährdete­s Kindeswohl gebe.

Ein Verbot dürfte rechtlich ohnehin schwer umzusetzen sein: In einem Dokument der Wissenscha­ftlichen Dienste des Bundestags vom 26. Januar 2017 heißt es: „Ein solches Verbot könnte das Grundrecht auf Religionsf­reiheit, Artikel 4 GG, sowie das religiöse Erziehungs­recht der Eltern aus Art. 6 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 4 GG verletzen.“

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FOTO: STRATENSCH­ULTE/DPA Bundesweit­e Debatte: Sollte das Kopftuch erst ab einem gewissen Alter erlaubt sein?

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