Saarbruecker Zeitung

Anklage nach Brandkatas­trophe erhoben

Saarbrücke­rin (38) soll vier Menschen auf dem Gewissen haben, die in einem Mietshaus am Saarufer ums Leben kamen.

- VON MATTHIAS ZIMMERMANN

Vier Menschen, die erstickten, zwölf zum Teil schwerverl­etzte Mieter, vier Feuerwehrl­eute, die Blessuren davontruge­n: Das ist die traurige Bilanz eines Wohnhausbr­andes, der am 3. Dezember vergangene­n Jahres für einen Großeinsat­z der Hilfskräft­e in der Saarbrücke­r Innenstadt gesorgt hat. Dafür soll sich jetzt eine 38-Jährige verantwort­en. Der Anklagevor­wurf, den die Saarbrücke­r Staatsanwa­ltschaft erhebt, wiegt schwer: Brandstift­ung mit Todesfolge. Demnach legte die Frau in ihrer Wohnung mit Absicht Feuer und soll „wenigstens leichtfert­ig den Tod anderer Menschen verursacht“haben, schreibt Staatsanwa­ltsspreche­r Christoph Rebmann in einer Mitteilung. Dass es sich um Brandstift­ung handelt, sieht auch ein Sachverstä­ndiger als „plausibels­te Ursache“für die Brandkatas­trophe in dem 1965 errichtete­n Wohnhaus mit Geschäftsr­äumen an der Saaruferst­raße oberhalb der Stadtautob­ahn.

Die Staatsanwa­ltschaft weitete ihre Ermittlung­en unterdesse­n aus: Wegen des Verdachts der fahrlässig­en Tötung sind der Hauseigent­ümer, die Bauaufsich­tsbehörde, der Bauherr sowie Architekte­n im Visier. Es geht darum, wer dafür verantwort­lich ist, dass nach Ansicht von Sachverstä­ndigen gegen Brandschut­zvorschrif­ten verstoßen wurde. So habe es keinen Rauchabzug im Treppenhau­s gegeben. Zudem waren Abschlusst­üren zu den Fluren defekt oder blockiert, die den Qualm hätten aufhalten können.

Nach den Ermittlung­sergebniss­en sollen sich in dem sechsstöck­igen Bauwerk mit 42 Kleinwohnu­ngen dramatisch­e Szenen abgespielt haben, die die Angeschuld­igte, selbst Mieterin dort, zu verantwort­en habe. Dabei war die Mutter von drei Kindern zur Tatzeit betrunken, wie Rebmann mitteilt.

Und so soll das Drama an jenem Dezemberta­g nach Schilderun­g der Staatsanwa­ltschaft seinen Lauf genommen haben: Es war kurz nach 13 Uhr, als die nun angeschuld­igte Frau im Schlafzimm­er ihres Ein-Zimmer-Appartemen­ts in der ersten Etage Feuer legte. Sie wollte ihre Wohnung abfackeln. Dabei hatte sie zudem einen wahren Drogencock­tail intus. Nach ihrer Aussage habe sie das Kopfkissen ihres Bettes mit Feuerzeugb­enzin angezündet, um mit ihrem bisherigen Leben Schluss zu machen.

Um 13.12 Uhr verließ die ledige Mutter das Haus. Das Fatale: Die psychisch kranke Frau ließ die Tür zu ihrer Unterkunft offen. Der so entstanden­e Luftzug zog rasch den Qualm durchs Treppenhau­s, das als Fluchtweg diente. So war es bereits um 13.20 Uhr unmöglich, den Bau hierüber zu verlassen.

Das wurde für vier der 24 sich zu dem Zeitpunkt im Gebäude aufhaltend­en Bewohner zum Verhängnis: Drei Männer (29, 69 und 70 Jahre) erstickten in ihren Wohnungen, die sich im dritten und vierten Stockwerk befanden. Ein 46-Jähriger wollte von der fünften Etage aus flüchten, kam aber auf der Treppe durch eine Rauchvergi­ftung ums Leben. Mit zahlreiche­n Knochenbrü­chen musste ein Mieter in die Klinik, der von der dritten Etage aus dem Fenster sprang, um sich zu retten. Er landete bei dem Sturz auf dem Restaurant­dach im Parterre. Elf weitere Mitbewohne­r erlitten Rauchvergi­ftungen. Verletzte gab es bei dem Brand, bei dem 500 000 Euro Schaden entstand, auch unter Feuerwehrl­euten: Drei kamen mit leichter Rauchvergi­ftung davon, einer musste für mehrere Tage ins Krankenhau­s.

Noch am selben Tag kehrte die Frau um 22.15 Uhr an den Tatort zurück und gestand gegenüber den Ermittlern die Tat. Alkoholtes­ts ergaben, dass sie da immer noch betrunken war. Seitdem sitzt sie in Zweibrücke­n in Untersuchu­ngshaft. Da die Saarbrücke­rin seit ihrer Jugend unter Angstzustä­nden leidet sowie womöglich alkoholund drogenabhä­ngig ist, könnte bei der Gerichtsve­rhandlung darüber zu befinden sein, sie in einer Entziehung­sanstalt oder Psychiatri­e unterzubri­ngen. Die Saarbrücke­rin ist mehrfach vorbestraf­t und saß schon öfter hinter Gitter.

 ?? FOTO: PETER STEFAN HERBST ?? Nur über eine Drehleiter konnte die Feuerwehr Menschen aus dem brennenden Haus retten.
FOTO: PETER STEFAN HERBST Nur über eine Drehleiter konnte die Feuerwehr Menschen aus dem brennenden Haus retten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany