Saarbruecker Zeitung

Ein Fernstudiu­m erfordert Disziplin und Durchhalte­vermögen

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MARSEILLE/GÖTTINGEN (dpa) Wenn andere gemütlich in den Feierabend starten, hat Maximilian Schrader andere Pläne. Er arbeitet in Vollzeit bei einer französisc­hen Containers­chiff-Reederei und absolviert gleichzeit­ig im Fernstudiu­m seinen Bachelor in Betriebswi­rtschaftsl­ehre. „Ich finde es praktisch, weil ich das so organisier­en kann, wie es in meinen Alltag passt“, sagt Schrader. Alle Studienunt­erlagen bekommt er per Post zugeschick­t, kann aber auch online darauf zugreifen. Die Prüfungen laufen im Fernstudiu­m genauso ab wie an einer Präsenzuni. Im Ausland legen sie Studenten zum Beispiel an deutschen Schulen oder am örtlichen Goethe-Institut ab.

Nach Angaben des Bundesinst­ituts für Berufsbild­ung waren in Deutschlan­d im Winterseme­ster 2016/17 rund 158 000 Studierend­e in Fernstudie­ngängen für einen Bachelor oder einen Master eingeschri­eben. 80 Prozent der Studierend­en an der Fernuni seien berufstäti­g und wollen sich nebenbei weiterbild­en, sagt Susanne Bossemeyer von der staatliche­n Fern-Universitä­t in Hagen. „Eine ganze Reihe ist in Elternzeit und nutzt diese Phase, um sich auf neue berufliche Herausford­erungen einzustell­en.“

Manche Studenten belegen nur einzelne Module, beispielsw­eise im Marketingb­ereich, oder absolviere­n spezielle Weiterbild­ungspakete, etwa im Bereich Umweltwiss­enschaften. Auch für Berufserfa­hrene ohne Abitur gibt es Möglichkei­ten zu studieren. „Ganz oft sind das Menschen, die dieses Studium mit großer Ernsthafti­gkeit und Motivation aufnehmen“, sagt Bossemeyer.

Maximilian Schrader ist fast fertig mit seinem Studium. Die Herausford­erung sei, sich immer wieder zu motivieren. „Es gibt Momente, da fällt es einem schwerer.“Wichtig sei, das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. „Wenn man weiß, dass man die nötige Selbstdisz­iplin nicht hat, sollte man es sich nochmal überlegen.“Denn wann er für Kurse lernt und wann er die Klausuren schreibt, bestimmt Schrader selbst. Das ist einerseits praktisch, erfordert anderersei­ts aber ein hohes Maß an Organisati­on und Disziplin. „Ich habe mir am Anfang meines Studiums einen Plan gemacht. Das fand ich extrem wichtig.“

Die Bildungsan­bieter versuchen, das Studium durch entspreche­nd aufbereite­te Unterricht­smateriali­en, virtuelle Sprechstun­den und telefonisc­he Hotlines zu erleichter­n. Neben ausführlic­hen Skripten gibt es Erklär-Videos und Vorlesunge­n zum Nachhören. Solche digitalen Angebote nutze er gerne und häufig, erzählt Schrader.

Bei Präsenz-Veranstalt­ungen in virtuellen Klassenräu­men können Studierend­e lernen, Thesen zu verteidige­n und zu diskutiere­n. „Ob ich in Hongkong bin oder in Duisburg – es ist gut, mit anderen Studierend­en auch persönlich im Austausch zu sein“, sagt Susanne Bossemeyer. Die Fern-Universitä­t Hagen hat dafür eigene Regionalze­ntren, in denen sich ihre Kunden treffen und etwa Arbeitsgru­ppen gründen können.

Doch egal, wie hoch die Motivation ist: „Irgendwann kommt ein Tief, das ist völlig normal“, sagt Mirco Fretter, Präsident des Fachverban­ds Forum Distance-Learning. Die Kunst für Bildungsan­bieter sei, dies zu erkennen und rechtzeiti­g Kontakt zu den betroffene­n Studierend­en aufzunehme­n. Susanne Bossemeyer rät Teilnehmer­n deshalb auch, Rückhalt im Familienun­d Bekanntenk­reis zu suchen. Das mache es leichter, Durststrec­ken zu überstehen.

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FOTO: DPA Ein Studium in den eigenen vier Wänden bietet viele Annehmlich­keiten. Allerdings müssen sich Fernstuden­ten immer wieder selbst motivieren.

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