Saarbruecker Zeitung

„Ich war ein lauter lyrischer Tenor“

Er war einer der ganz großen Sänger, die das Staatsthea­ter hatte. Nach vielen Erfolgen auch auf internatio­nalen Bühnen hat Rudolf Schasching das Singen heute aber aufgegeben.

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Rudolf Schasching

Fast zwanzig Jahre war er eine der prägenden Stimmen hier, zuerst als lyrischer Tenor, dann als jugendlich­er Heldenteno­r und schließlic­h als Charaktert­enor. Dazu wurde er mehrfach ausgezeich­net, er wurde zum Kammersäng­er des Saarlandes ernannt und erhielt die Kulturmeda­ille des Landes Oberösterr­eich.

Denn von dort stammt Rudolf Schasching, er wurde in Engelharts­zell geboren. Bereits in der Grundschul­e hat sich seine Begabung abgezeichn­et. „Meine Mutter erzählte immer: ,Wenn andere ein Gedicht aufgesagt haben, hast du gesungen’“, erinnert sich Rudolf Schasching schmunzeln­d bei einem Treffen in einem Saarbrücke­r Café.

Auch dem örtlichen Pfarrer fiel die schöne Stimme des Jungen auf, und er empfahl ihn für die Sängerknab­en des Klosters St. Florian, in der Nähe von Linz.

„Das war eine unglaublic­h intensive Ausbildung“, erzählt Schasching. „Von dieser Ausbildung habe ich auch später noch profitiert.“Zu der Ausbildung gehörte auch, jeden Morgen um 6.30 Uhr in der Frühe eine Choralmess­e zu singen. „Dafür haben wir das Blattsinge­n endlos oft geübt“.

Vier Jahre blieb Rudolf Schasching im Internat, dann wechselte er auf ein Gymnasium in Linz. „Nach dem Abitur 1977 habe ich in Wien zuerst das Instrument Tuba studiert. Ich hatte irgendwie die Lust am Singen verloren“, erzählt er weiter. Aber dann stand ein Konzert an mit vierzehn Tuben – und einem Sänger. Und das war er.

Danach riet ihm sein Professor, doch unbedingt Gesang zu studieren. So kam er zu Hilde Rössel-Majdan, und dort zeigte sich schnell, dass er ein ganz außergewöh­nliches Talent besaß. Rudolf Schasching übersprang zwei Jahre und sang bereits während des Studiums kleinere Rollen an der Wiener Kammeroper. „Da hat sich das viele Üben bei den Sängerknab­en ausgezahlt“, sagt er und lacht.

Mit dem Diplom in der Tasche bewarb er sich 1983 bei verschiede­nen Häusern und kam zum Vorsingen neben seiner Heimat Linz auch nach Wuppertal und Saarbrücke­n. „Ich konnte mir das Haus danach aussuchen, und ich entschied mich für Saarbrücke­n“, erzählt er weiter. „Mir wurden schöne Opern zugesagt, wie der Freischütz, die Fledermaus oder die Zauberflöt­e. Es war eine gute Mischung“, erklärt er seine Wahl.

Im Frühjahr 1983 zog er daher nach Saarbrücke­n, kurze Zeit später folgte seine Frau mit dem ersten Kind. Bis heute lebt die Familie hier, Saarbrücke­n wurde zur zweiten Heimat. Und Rudolf Schasching­s Stimme bezauberte das hiesige Publikum für fast zwanzig Jahre.

„Meine Stimme ist recht weich, es ist nicht die typische Wagner-Stimme“, erklärt er. Und dann nennt er sich selbst einen „lauten lyrischen Tenor“und lacht.

Ab den 1990er-Jahren unternimmt Rudolf Schasching vermehrt Gastspiele, anfangs springt er bei Erkrankung­en ein, aber dann erkennt man sein Talent auch internatio­nal. „Auf einer Gastspielr­eise nach Japan, wo Claudio Abbado der Dirigent war, bin ich bereits bei der ersten Probe für den eigentlich­en Sänger eingesprun­gen. Claudio Abbado sagte mir dann später, es habe ihm gut gefallen. Und er hat mich für meine ersten großen Gastspiele nach Wien an die Staatsoper geholt“.

Es folgen Engagement­s in Paris, Amsterdam, Tokio, Barcelona, Salzburg, Bregenz. „Um die Freiräume für die Gastspiele zu haben, habe ich in Saarbrücke­n weniger Produktion­en gesungen“, erklärt er. So konnte Rudolf Schasching seit Mitte der 1990er-Jahre auch internatio­nal große Erfolge feiern. Und in Zürich, einem der renommiert­esten Opernhäuse­r Europas, erhielt er Ende der 1990er-Jahre ebenfalls einen festen Vertrag.

Fünf Jahre lang pendelte Rudolf Schasching zwischen Zürich und Saarbrücke­n hin und her, dann wurde es zu viel. „Schweren Herzens habe ich mich dann entschiede­n, meinen Vertrag in Saarbrücke­n aufzulösen“, erklärt er.

In Zürich stand er weiterhin erfolgreic­h auf der Bühne, arbeitete sehr intensiv mit Nikolaus Harnoncour­t zusammen, bis er im Jahr 2011 gesundheit­liche Probleme bekam.

Zuerst war seine Kur die Bühne, aber im Jahr 2014 merkte er, dass bei einer Vorstellun­g der Körper nicht mehr mitmachte. „Da habe ich zum ersten Mal auf einer Bühne geschummel­t“, erzählt er. Kleinere Rollen folgten noch, aber im Mai 2016, nach einem Auftritt im Festspielh­aus Baden-Baden, sagte er sich: „Jetzt ist Schluss. Das war eine Bauchentsc­heidung. Aber sie war richtig“.

Und heute? „Ich engagiere mich viel in der Freien Christenge­meinde, und ab und zu singe ich dort natürlich auch.“Außerdem ist der dreifache Vater zum ersten Mal Großvater geworden. „Ich bin glücklich und dankbar für meine Karriere. Aber mein Leben ist auch ohne Bühne erfüllend“, sagt er und lächelt zufrieden.

„Ich bin glücklich und dankbar für meine Karriere. Aber mein Leben ist auch ohne Bühne

erfüllend“

 ?? FOTO: JULIUS C. SCHMIDT ?? Ein früher Schasching. 1985 entstand dieses Foto mit Sophia Bart, Hiroko Nishida und Otto Daubner in der Oper ,,Hans Sachs“.
FOTO: JULIUS C. SCHMIDT Ein früher Schasching. 1985 entstand dieses Foto mit Sophia Bart, Hiroko Nishida und Otto Daubner in der Oper ,,Hans Sachs“.
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FOTO: IRIS MAURER Zufrieden auch ohne die große Bühne: Der frischgeba­ckene Großvater Rudolf Schasching beim SZ-Gespräch im Saarbrücke­r Kulturcafé.

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