Zwei Grubenloks werden „Blutsbrüder“
Ersatzteile für Oldtimer sind oft schwer zu finden. Mit einer alten Grubenlok haben ehemalige Bergleute in Velsen jetzt aber wohl Glück.
VELSEN (red) Mit dem Bergbauerbe ist es im Saarland bekanntlich so eine Sache. Leuchtturmprojekte wie die Ausstellung „Das Erbe“oder bayrische Gemütlichkeit auf der Redener Alm konkurrieren mit einem Kunst-Bau auf der Ensdorfer Halde, den, so spektakulär er ist, nur wenige mit dem Bergbau in Verbindung bringen. Das jedenfalls meint Carsten Grammes, beim Verein Erlebnisbergwerk Velsen (EBV ) für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig.
Und er schildert den sozusagen alternativen Umgang der EBV-Leute mit diesem Erbe: Sie erinnern lieber mit handfester Technik, die man anfassen kann, an das, was das Saarland mehr als 250 Jahre lang zu einem bescheidenen Reichtum führte. Gerade in diesen Tagen haben sie weiter an historischen Grubenloks geschraubt.
Rückblende: Transport untertage wurde zuerst durch menschliche Muskelkraft, dann durch eine Pferdestärke und schließlich mit Hilfe von Lokomotiven ermöglicht. Grubenloks vom Typ Vollsicht der Maschinenfabrik Ruhrthaler wurden im ganzen Saarland in den 1950er Jahren eingesetzt. DAs Unternehmen hat 20 Exemplare der Vollsicht G 60 Z/V B-dm 665 gebaut, die sämtlich an saarländische Gruben ausgeliefert wurden. Gerade mal zwei davon sind heute noch erhalten geblieben; sie hatten einen Abstellort auf Spielplätzen gefunden, was sie vor der Verschrottung rettete. Von dort hat der EBV im Herbst 2017 zwei unterschiedliche alte Grubenloks nach Velsen geholt (die SZ berichtete bereits)
Das Vereinsteam vom Erlebnisbergwerk Velsen bemüht sich nun, wenigstens eine dieser Loks wieder instandzusetzen, so dass sie auf dem Gleisgestänge des EBV in Velsen aus eigener Kraft ihre Runden drehen kann. Die zweite noch erhaltene Lok des Vollsicht-Typs findet sich in einem kleinen Ensemble mit zwei Loren in einem Park in Niederwürzbach. Hier hatte die Ortsvorsteherin Petra Linz, die selbst aus dem Bergbau kommt, der Tradition Niederwürzbacher Bergleute in saarländischen Gruben ein Denkmal gesetzt.
Es stellte sich nun heraus, dass den Velsener Bergleuten doch einige Teile rund um den Motor der Lok fehlten. Aber die waren bei der Niederwürzbacher Lok noch vorhanden. Und wie es vom Bergbau immer gesagt wird: Im Bergbau hält man zusammen und hilft einander. Und so brauchte es nur einige Gespräche, und es kam zum Familienzusammentreffen. Am Wochenende durften die Jungs vom EBV die gelbe Niederwürzbacher Lok vom Sockel holen und nach Velsen transportieren. Dort wird das eine oder andere noch brauchbare Teil des Innenlebens abgebaut. Anschließend wird die Lok wieder herausgeputzt und auf ihren Platz zurückgeführt, an dem sie mal von der ehemaligen Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer eingeweiht wurde.
Es ist ein Gewinn für beide Seiten: Mit Hilfe der Teile wird der EBV wieder eine Ruhrthaler Vollsicht-Lok fahrbereit restaurieren, greifbare Erinnerung an das Bergbauerbe. Und die bergbauaffine Ortvorsteherin erhält ihre frisch gestrichene Lok zurück auf den Niederwürzbacher Denkmalsockel. Darüber hinaus, meinen die EBV-Leute, könne Petra Linz auch mit der Tatsache punkten, dass ihre Lok nun wieder stampfend Loren über Gleise zieht. Denn die beiden Loks in Velsen und Niederwürzbach – und hier wird’s fast mystisch – seien durch die „Organspende“ja quasi Blutsbrüder. Jedenfalls schicken die Velsener Aktiven nun ein herzliches Glückauf nach Niederwürzbach.