Saarbruecker Zeitung

Zahl der Hartz-IV-Sanktionen im Saarland leicht gestiegen

Die Jobcenter melden kaum mehr Sanktionen. Die Politik hält auch viele von diesen für überzogen.

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SAARBRÜCKE­N (dla) Die Zahl der Sanktionen gegen Hartz-IV-Empfänger im Saarland ist im vergangene­n Jahr im Vergleich zu 2016 gestiegen. Wurden 2016 noch 9268 Sanktionen ausgesproc­hen, waren es 2017 bereits 10 608. Allerdings stieg auch die Zahl der Empfänger von 63 901 auf 65 460. Der Großteil der Sanktionen (72 Prozent) bezog sich auf Meldeversä­umnisse, wenn etwa ein Termin ohne wichtigen Grund nicht eingehalte­n wurde. 18 Prozent der Sanktionen wurden wegen der Weigerung zur Aufnahme einer Arbeit, Ausbildung oder Maßnahme beziehungs­weise deren Abbruch verhängt.

NÜRNBERG/BERLIN (epd/dpa) Termin verpasst, Weiterbild­ung abgelehnt, Einkommen nicht abgegeben – wer sich als Hartz-IV-Empfänger nicht an die Regeln hält, dem wird das Geld vom Staat gekürzt. Im vergangene­n Jahr verhängte die Bundesagen­tur für Arbeit etwas mehr Sanktionen als im Vorjahr. 953 000 Kürzungen waren es 2017, rund 13 700 mehr als 2016. Allerdings erklärte die Arbeitsage­ntur gestern auch, dass sich die Quote – das Verhältnis der Sanktionen zu allen Empfängern – nicht verändert hat. Sie liege nach wie vor bei 3,1 Prozent. „Die allermeist­en Leistungsb­erechtigte­n halten sich an die gesetzlich­en Spielregel­n“, sagte der Chef der Bundesagen­tur, Detlef Scheele.

Mit 77 Prozent entfällt der größte Teil der Sanktionen auf Meldeversä­umnisse. Dazu zählt etwa, wenn jemand einen Termin beim Jobcenter ohne Angaben eines wichtigen Grundes nicht wahrnimmt. 733 800 Fälle gab es, bei denen das Geld um zehn Prozent gekürzt wird. Für die Weigerung, eine Arbeit oder Maßnahme aufzunehme­n, wurden 98 860 Sanktionen ausgesproc­hen. Hier gelten Kürzungen ab 30 Prozent der Sozialhilf­e.

Scheele kritisiert­e die Vorschrift­en für junge Arbeitslos­e. So sieht das Gesetz bei Jugendlich­en bereits beim ersten Regelverst­oß, der über ein Meldeversä­umnis hinausgeht, eine 100-prozentige Kürzung der Regelleist­ung vor. Kommt innerhalb eines Jahres ein weiterer Verstoß dazu, kann auch die Miete gekürzt werden. „Das bereitet uns Sorge, weil die strikten Sonderrege­lungen bei Jugendlich­en zu besonders einschneid­enden Leistungsk­ürzungen führen“, sagt Scheele. Überhaupt sieht er die Kürzung der Miete für Betroffene kritisch. „Drohende Wohnungslo­sigkeit hilft uns bei der Vermittlun­g und auch sonst nicht weiter.“

Scheele zeigte sich offen für Veränderun­gen – und auch Bundesarbe­itsministe­r Hubertus Heil (SPD) äußerte sich in dieser Art. Er wolle prüfen, „welche Sanktionen noch sinnvoll sind“, sagte Heil der „Zeit“. Nicht sinnvoll finde er, dass „für Jüngere strengere Regeln gelten als für Ältere. Oder dass das Wohngeld gekürzt wird und die Leute auf der Straße stehen.“Grundsätzl­ich seien Kürzungen aber in Ordnung, weil die Gesellscha­ft für Unterstütz­ung, die sie gewähre, eine Gegenleist­ung erwarten könne.

Auch stellte Heil eine Erhöhung der Hartz-IV-Bezüge in Aussicht. „Ich schaue mir das an, was wir bei den Grundsiche­rungssätze­n tun können“, sagte der Minister. Es gehe ihm darum, die Lebenspers­pektiven der Menschen zu verbessern. Derzeit liegt der Regelsatz für einen Alleinsteh­enden bei 416 Euro im Monat. Für eine sogenannte Bedarfsgem­einschaft machen die Leistungen der Grundsiche­rung im Schnitt 954 Euro aus. 2017 gab es im Schnitt 4,36 Millionen Hartz-IV-Empfänger; im Vorjahr waren es 4,31 Millionen.

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