Saarbruecker Zeitung

Grubenwass­er belastet Bäche mit PCB

In Sinnerbach, Fischbach und Rossel wird der Grenzwert für das Umweltgift deutlich überschrit­ten.

- VON NORA ERNST

Das Grubenwass­er, das in die saarländis­chen Flüsse und Bäche geleitet wird, belastet Sinnerbach, Fischbach und Rossel. Eine großangele­gte Untersuchu­ng des saarländis­chen Umweltmini­steriums hat ergeben, dass dort der Grenzwert für das Umweltgift PCB (Polychlori­erte Biphenyle) deutlich überschrit­ten wird. Zulässig sind 20 Mikrogramm pro Kilo Schwebstof­f (PCB haftet sich an Schwebstof­fe im Wasser an). Im Fischbach wurde dieser Wert im Jahr 2017 um das Siebeneinh­albfache überschrit­ten: Die Konzentrat­ion von PCB 52 – eine für den Bergbau typische Substanz – lag bei rund 153 Mikrogramm (2016: 44 Mikrogramm). Im Sinnerbach waren es im selben Jahr rund 53 Mikrogramm (2016: 70 Mikrogramm).

In den restlichen 110 Gewässern wurde der Grenzwert nicht überschrit­ten. „Im Gegenteil: Die PCB-Belastung geht tendenziel­l zurück“, sagte Umweltmini­ster Reinhold Jost (SPD) bei der Vorstellun­g der Untersuchu­ng. Er betonte, er wolle die „Herausford­erung“, die das PCB darstelle, nicht kleinreden, aber „die Belastung etwa durch die Wärme und den hohen Salzgehalt des Grubenwass­ers macht den Gewässern mehr zu schaffen“. Er versprach: „Bei Sinnerbach und Fischbach wird gehandelt.“Das Ministeriu­m hat den Bergbaukon­zern RAG verpflicht­et, bis Ende des Jahres ein Konzept vorzulegen, wie das Grubenwass­er gereinigt werden kann, bevor es in die Flüsse und Bäche eingeleite­t wird. Sollte die RAG dem nicht nachkommen, werde sie keine Genehmigun­g für die weitere Einleitung erhalten. Ursache der Belastung der Rossel sei vermutlich das Grubenwass­er, das auf französisc­her Seite eingeleite­t werde, sagte Jost. Die französisc­hen Behörden führten dazu derzeit eine Untersuchu­ng durch.

Zwei Jahre lang hatte das Landesamt für Umwelt- und Arbeitssch­utz (LUA) die Gewässer an insgesamt 14 Messstelle­n untersucht. Dabei spielten neben dem PCB weitere Faktoren eine Rolle, etwa Salze, Nährstoffe und Schwermeta­lle. Dabei zeigte sich, dass Fischbach und Sinnerbach auch erhöhte Werte bei Zink, Arsen und Kupfer aufweisen.

Das PCB in der Saar stammt nur zu einem Prozent aus dem Bergbau. Um herauszufi­nden, woher die restlichen 99 Prozent stammen, hat das Ministeriu­m nun ein PCB-Kataster erstellen lassen. Darin sind rund 1600 Flächen und 1700 Punkte verzeichne­t, die eine PCB-Quelle sein könnten – etwa Deponien, Militärsta­ndorte, Schrottplä­tze oder Abfallverb­rennungsan­lagen. Einzelne Standorte wird das Ministeriu­m nun genauer unter die Lupe nehmen. „Die Daten wurden nicht für die Schublade gemacht“, beteuerte Jost.

Die RAG kündigte an, die Untersuchu­ngen des Ministeriu­ms genau zu analysiere­n und zu bewerten. Danach werde der Konzern gemeinsam mit den Behörden gegebenenf­alls notwendige Maßnahmen einleiten, sagte ein Sprecher. Die RAG ist der Ansicht, dass die Bäche deutlich entlastet werden könnten, wenn die Landesregi­erung die erste Phase des Grubenwass­eranstiegs genehmigen würde. In dieser Phase sollen die Wasserprov­inzen Reden und Duhamel miteinande­r verbunden werden. Das Wasser stiege auf -320 Meter unter Normalnull an und würde dann ohne den Umweg über die Nebenbäche direkt am Standort Duhamel bei Ensdorf in die Saar gepumpt, sagte der Sprecher: „So werden die Nebenbäche auf einer Gesamtläng­e von

70 Kilometern frei von Grubenwass­er und möglichen Schadstoff­frachten.“

Der Umweltvere­in „ProH2O“warf Umweltmini­ster Jost vor, die Situation zu verharmlos­en. Die PCB-Belastung sei eklatant, teilten die Sprecher Barbara Meyer-Gluche, Armin König und Hubert Ulrich mit. „Hier geht es um die Gesundheit Tausender Saarländer. Trotzdem hat man einfach zugelassen, dass die RAG die Drecksbrüh­e unbehandel­t in Bäche eingeleite­t hat.“Der Verein forderte ein Sofortprog­ramm, um die Belastung der Bäche zu stoppen. Auch der saarländis­che FDP-Landesvors­itzende Oliver Luksic warnte davor, die PBC-Belastung zu verharmlos­en, und forderte die Landesregi­erung auf, die RAG zu verpflicht­en, ähnlich wie in Nordrhein-Westfalen Pilotanlag­en zu installier­en, mit denen Grubenwass­er von PCB gereinigt wird.

Alle Ergebnisse der PCB-Untersuchu­ng im Internet unter www.saarland.de/235172.htm

 ?? FOTO: ROBBY LORENZ ?? Im Fischbach, wo Wasser aus der Grube Camphausen eingeleite­t wird, war die Belastung mit PCB 52 im Jahr 2017 siebeneinh­alb Mal höher als erlaubt.
FOTO: ROBBY LORENZ Im Fischbach, wo Wasser aus der Grube Camphausen eingeleite­t wird, war die Belastung mit PCB 52 im Jahr 2017 siebeneinh­alb Mal höher als erlaubt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany