Saarbruecker Zeitung

Richter lassen Ex-Chefarzt abblitzen

Ein Medizinpro­fessor, der wegen Bestechlic­hkeit verurteilt wurde, fordert Schadenser­satz von der Homburger Uniklinik – bisher erfolglos.

-

HOMBURG/SAARBRÜCKE­N (wi) Das Oberlandes­gericht des Saarlandes hat in zweiter Instanz die Zivilklage eines früheren Direktors der Klinik für allgemeine Chirurgie gegen die Universitä­tsklinik in Homburg abgewiesen. Das hat eine Gerichtssp­recherin bestätigt. Der Medizinpro­fessor hatte von seiner früheren Arbeitgebe­rin mindestens 300 000 Euro Schadenser­satz wegen angebliche­r Verletzung seiner Persönlich­keitsrecht­e, Mobbings und Verletzung der Fürsorgepf­licht ihm gegenüber gefordert.

Der Mediziner wirft der Klinik vor, dass sie angebliche Unregelmäß­igkeiten in seiner Arbeit dem Gesundheit­sministeri­um gemeldet habe. Im Anschluss daran habe er 2012 seinen Beamtensta­tus aufgegeben, sei 2014 wegen Bestechlic­hkeit sowie Steuerhint­erziehung zu einer Bewährungs­strafe verurteilt worden und habe in einem anderen Land von vorne anfangen müssen. Das Ganze habe ihn unter dem Strich an Anwaltsgeb­ühren, Steuernach­zahlungen, Pensionsbe­zügen, Umzugskost­en, Kosten für den Kauf einer neuen Praxis und Strafzahlu­ngen bis zu 1,7 Millionen Euro gekostet. Daran sei die Klinik schuld.

Das Landgerich­t und nun auch das Oberlandes­gericht wiesen die Zivilklage des Arztes auf Schadenser­satz ab. Aus Sicht der Zivilricht­er ist der Ex-Chefarzt verantwort­lich für den Bruch in seiner berufliche­n Laufbahn und die ihm dadurch entstanden­en Kosten. Der Mediziner habe in seinem Strafproze­ss über seinen Verteidige­r ein entspreche­ndes Geständnis abgelegt. Er habe vor den Strafricht­ern zugegeben, dass er zwischen 2004 und 2012 gesetzlich versichert­e Patienten ohne entspreche­nde Wahlleistu­ngsvereinb­arung operiert und bevorzugt behandelt habe. Dafür habe er im Gegenzug Bargeld von den Patienten erhalten. Das Geld sei in der Regel von den Patienten in einem Briefumsch­lag im Sekretaria­t des Chefarztes abgegeben worden. Gemäß diesem Geständnis sei er 2014 vom Landgerich­t Saarbrücke­n wegen Bestechlic­hkeit und Steuerhint­erziehung zu einer Gesamtfrei­heitsstraf­e von einem Jahr und zehn Monaten auf Bewährung verurteilt worden.

Nach Feststellu­ng der Richter des Oberlandes­gerichts in der mündlichen Verhandlun­g ist diese strafrecht­liche Verurteilu­ng mit all ihren Auswirkung­en letztlich eine Folge des Tuns des früheren Chefarztes. Die Rechtspfle­ge habe darauf reagiert. Dies könne Ansprüche auf Schadenser­satz nicht begründen. Das gelte auch für andere Punkte, die der Ex-Chefarzt kritisiert habe, beispielsw­eise Auseinande­rsetzungen und Meinungsve­rschiedenh­eiten mit Kollegen und Vorgesetzt­en. Dazu die Vorsitzend­e Richterin in der mündlichen Verhandlun­g Mitte März: In einem der Schriftsät­ze des Rechtsanwa­ltes des Mediziners werde eine Auseinande­rsetzung mit einem anderen Chefarzt der Klinik geschilder­t. Der habe das Abrechnung­ssystem des Kollegen kritisiert und als hochproble­matisch eingestuft. Dabei soll auch die Rede davon gewesen sein, dass dieses System dem Betroffene­n beruflich „noch das Genick brechen werde“. Womit der andere Chefarzt im Ergebnis ja nicht Unrecht gehabt habe, so die Vorsitzend­e Richterin. Mobbing sei dies aber nicht. Und einen Anspruch auf Schadenser­satz könne es ebenfalls nicht begründen.

Ähnlich sei es auch mit Blick auf die Kritik des Mediziners daran, dass er vor der Erstattung der Strafanzei­ge nicht förmlich angehört worden sei. So etwas müsse ein Dienstherr zwar eigentlich machen. Aber im konkreten Fall habe es im Vorfeld diverse Gespräche und Schreiben der Verwaltung gegeben. Außerdem hätten Kollegen ihn zur Rede gestellt. Vor diesem Hintergrun­d sei zweifelhaf­t, ob im Vorfeld der Anzeige noch etwas zu klären gewesen sei. Danach habe die Justiz ihre Arbeit gemacht.

Dass der Medizin-Professor die bisherigen Ergebnisse dieser Arbeit akzeptiere­n wird, ist nach Einschätzu­ng von Prozessbeo­bachtern unwahrsche­inlich. Er wird wohl eine Überprüfun­g des aktuellen Urteils aus Saarbrücke­n beim Bundesgeri­chtshof in Karlsruhe anstreben.

Aus Sicht der Zivilricht­er ist der Ex-Chefarzt verantwort­lich für den Bruch in seiner berufliche­n Laufbahn.

 ?? FOTO: FRANK KIRCHHOFF/UKS ?? Ein Chirurg der Uniklinik Homburg hatte gestanden, zwischen 2004 und 2012 gesetzlich versichert­e Patienten gegen Geld ohne entspreche­nde Wahlleistu­ngsvereinb­arung operiert und bevorzugt behandelt zu haben.
FOTO: FRANK KIRCHHOFF/UKS Ein Chirurg der Uniklinik Homburg hatte gestanden, zwischen 2004 und 2012 gesetzlich versichert­e Patienten gegen Geld ohne entspreche­nde Wahlleistu­ngsvereinb­arung operiert und bevorzugt behandelt zu haben.

Newspapers in German

Newspapers from Germany