Saarbruecker Zeitung

Der Milliardär, der spurlos verschwand

Seit Samstag gilt Tengelmann-Chef KarlErivan Haub als vermisst. Der Hobby-Sportler kehrte von einer Skitour am Matterhorn nicht zurück.

- VON ERICH REIMANN

ZERMATT (dpa) Einer der reichsten Deutschen wird vermisst: Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub ist am Samstag von einer Skitour am Matterhorn nicht zurückgeke­hrt. Trotz sinkender Überlebens­chancen suchten auch gestern Bergretter und – soweit es das Wetter erlaubte – auch Hubschraub­er in der Schweiz und in Italien mit Hochdruck nach dem verschwund­enen 58-jährigen Unternehme­r. Bekannt wurde der eigentlich eher öffentlich­keitsscheu­e Haub einer breiten Öffentlich­keit vor allen Dingen durch den erbitterte­n Streit um den Verkauf der Kaiser‘s-Tengelmann-Supermärkt­e an den Rivalen Edeka, als er sich einen erbitterte­n Schlagabta­usch mit dem Rewe-Chef Alain Caparros lieferte.

Haub, der am 2. März 1960 in den USA geboren wurde, ist der Sohn des erst vor wenigen Wochen gestorbene­n Unternehme­rs Erivan Haub. Die Unternehme­rdynastie gehört zu den reichsten Familien Deutschlan­ds. Der Wert des Familienim­periums, zu dem Deutschlan­ds größter Textildisc­ounter Kik und die Baumarktke­tte Obi sowie Beteiligun­gen an Internetfi­rmen wie Zalando und Delivery Hero gehören, wurde vom „Manager-Magazin“2017 auf rund 4,2 Milliarden Euro geschätzt.

Doch geschenkt worden sei ihm deshalb nichts, erzählte er einmal in einem Interview: „Wenn Sie jetzt denken, ich bin im Luxus groß geworden, dann täuschen Sie sich. Meine beiden Brüder und ich sind sehr geerdet aufgewachs­en. Hartes Arbeiten und nichts verprassen, das haben unsere Eltern uns früh vermittelt.“

Tatsächlic­h begann Haub seine Karriere nach dem Abitur mit einer Lehre zum Einzelhand­elskaufman­n. Danach studierte er an der Elite-Hochschule in St. Gallen Wirtschaft­swissensch­aften und arbeitete in den Folgejahre­n zeitweise für den Unternehme­nsberater McKinsey. Erst Ende der 90er-Jahre übernahm er dann die Führung des Familienun­ternehmenn­s.

Tengelmann steckte damals in der Krise. Haubs Vater hatte das Familienun­ternehmen zum größten deutschen Lebensmitt­el-Filialiste­n gemacht. Doch waren notwendige Modernisie­rungen zu lange verschlepp­t worden. Der Sohn griff mit harter Hand durch, verkaufte große Teile des Handelsges­chäfts, darunter die Discount-Tochter Plus.

Doch beschränkt­e Haub sich nicht darauf, das Familienim­perium zurechtzus­tutzen. In seine Ära fällt auch der Aufstieg des Textil-Discounter­s Kik, die Aufstockun­g der Mehrheitsb­eteiligung an der Baumarktke­tte Obi und der Einstieg des Familienun­ternehmens in den E-Commerce. Im Online-Handel übernahm Tengelmann unter Haubs Führung eine Vorreiterr­olle im deutschen Einzelhand­el. Zum Tengelmann-Portfolio gehören auch Onlinehänd­ler wie babymarkt.de.

Privat scheut der Unternehme­r die Öffentlich­keit. Sein großes Hobby ist der Sport. Ob Marathonla­ufen, Bergsteige­n oder Skifahren – all das begeistert ihn. Die Gegend um das Matterhorn, in der er nun vermisst wird, ist ihm deshalb nicht unbekannt. Mit 30 Jahren bestieg er zum ersten Mal den 4478 Meter hohen Berg auf der Grenze zwischen der Schweiz und Italien. Dort nahm er auch immer wieder an der sogenannte­n Patrouille des Glaciers teil, einem traditione­llen Skitourenr­ennen, das vom Militär veranstalt­et wird.

Haubs Bruder Christian will trotz der bislang vergeblich­en Anstrengun­gen an der Suche festhalten: „Mein Bruder ist ein sehr erfahrener Skitoureng­änger und Bergsteige­r, so dass wir trotz der Zeit, die inzwischen verstriche­n ist, die Hoffnung nicht aufgeben, ihn bald zu finden.“

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FOTO: WEIHRAUCH/DPA Tengelmann-Chef Karl-Erivan H aub ist ein begeistert­er H obby-Sportler. Immer wieder nahm er auch an Skitourenr­ennen teil.
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FOTO: DPA Mehrere Tage nach seinem Verschwind­en läuft die Suche nach Tengelmann-Chef H aub am Matterhorn weiter auf H ochtouren.

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