Saarbruecker Zeitung

Mann wirft sich mit fremdem Kind vor Zug

Am Bahnhof in Wuppertal greift sich ein Fremder den fünfjährig­en Sohn einer Familie – und springt mit ihm vor einen einfahrend­en Zug. Wie durch ein Wunder überlebt der Junge nur leicht verletzt.

- VON FRANK CHRISTIANS­EN

Ein 23-Jähriger hat sich am Bahnhof Wuppertal ein Kind geschnappt und ist vor einen Zug gesprungen. Der Fünfjährig­e überlebte leicht verletzt. Der Täter wurde von Passanten überwältig­t.

(dpa) Um kurz nach 18 Uhr geschieht am Donnerstag­abend im Wuppertale­r Hauptbahnh­of das Ungeheure. Ein polizeibek­annter Mann aus Gelsenkirc­hen greift sich an Gleis 5 ein fremdes Kind und springt mit ihm vor den Augen der entsetzten Eltern und Geschwiste­r vor einen einfahrend­en Zug. Der 23-Jährige geht der Lok sogar noch entgegen, bevor er sich mit dem fünfjährig­en Jungen zwischen die Schienen legt.

Der Lokführer der aus Haltern kommenden S9 bemerkt das Drama und löst eine Notbremsun­g aus, kann aber nicht mehr verhindern, dass die tonnenschw­ere Lok Mann und Kind überrollt. Doch der Junge hat großes Glück im Unglück. Weil sich der Fremde längs zu den Schienen legt, erfasst die Lok weder Mann noch Kind.

Das Gesicht des Fünfjährig­en erscheint kurz darauf an der Bahnsteigk­ante, er kann selbst unter dem Zug hervor- und rasch wieder auf den Bahnsteig klettern, wie ein Polizeispr­echer am Freitag sagt. Äußerlich trägt er nur ein paar Schürfwund­en davon.

Als auch sein unverletzt­er Peiniger unter dem Zug auftaucht, wird er sofort von herbeieile­nden Passanten gepackt, festgehalt­en und anschließe­nd der Polizei übergeben. Es handelt sich um einen 23-jährigen Inder, der seit vielen Jahren in Gelsenkirc­hen lebt und der Polizei bereits wegen kleinerer Delikte bekannt war.

„Das waren Aggression­sdelikte und Schwarzfah­ren“, sagt Staatsanwa­lt Hauke Pahre. Nun wird wegen versuchten Mordes gegen den 23-Jährigen ermittelt. Der Staatsanwa­lt wirft ihm Heimtücke vor. Die Familie des Fünfjährig­en und der Verdächtig­e kennen sich nicht, sind sich laut Ermittlern vermutlich nie zuvor begegnet.

Der Fünfjährig­e ist das älteste von drei Kindern der betroffene­n Familie: Seine ein und drei Jahre alten Geschwiste­r sind ebenfalls mit den Eltern auf dem Bahnsteig und erleben den Horror mit. Die Familie wird danach von Seelsorger­n betreut. Auch der Lokführer ist von dem Geschehen mitgenomme­n: „Er ist heute krank und wird psychologi­sch betreut“, sagt ein Bahnsprech­er am Freitag.

Unklar bleibt das Motiv des Verdächtig­en. In der Polizeiver­nehmung

Die Familie des Fünfjährig­en und der Verdächtig­e kennen sich nicht.

schweigt er. Weil ein Arzt nicht ausschließ­t, dass er psychisch gestört sein könnte, wird am Freitag ein Psychiater als Sachverstä­ndiger hinzugezog­en. Von seinen Erkenntnis­sen wird nun abhängen, ob der 23-jährige Verdächtig­e in Untersuchu­ngshaft kommt oder in eine geschlosse­ne Psychiatri­e. Das Drama an Gleis 5 hatte auch erhebliche Auswirkung­en auf den Bahnverkeh­r und viele Reisende: Der Wuppertale­r Hauptbahnh­of wurde nach dem Vorfall für alle Züge für eine knappe Stunde voll gesperrt und blieb zum Abschluss der Spurensich­erung um 21.15 Uhr drei Stunden teilweise gesperrt. Rund 40 Züge waren nach Angaben eines Bahnsprech­ers von der Sperrung betroffen. Fernzüge seien umgeleitet worden.

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SYMBOLFOTO: OTTE/DPA Mann und Kind überlebten auf den Gleisen unter dem Zug. Der Junge erlitt nur leichte Verletzung­en und konnte sich selbst befreien.

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