Saarbruecker Zeitung

Große Koalition unter Erfolgsdru­ck

- Liebe Leserinnen, liebe Leser,

große Enttäuschu­ngen haben ihren Ursprung meist in zu großen Erwartunge­n. Wer sich von der Kabinettsk­lausur auf Schloss Meseberg viel erhofft hatte, dem wurde nur wenig geboten.

Die neue Bundesregi­erung verarbeite­t immer noch ihren schwierige­n und langen Findungspr­ozess. Viele Akteure – vor allem aus der SPD – müssen noch lernen, die Kampfrheto­rik aus dem Wahlkampf und der Zeit danach abzulegen. Einige – gerade aus der Union – sind in der Pflicht, neuen Rollen und der damit verbundene­n Verantwort­ung gerecht zu werden. Zweifellos müssen Debatten zu wichtigen Themen auch kontrovers geführt werden. Der Wettbewerb um die stärksten Argumente und die besten Lösungen gehört in eine Regierung. Niedere Beweggründ­e, ausschließ­lich parteitakt­isches Kalkül und persönlich­e Profilieru­ngssucht sind aber nicht hilfreich. Zwangsläuf­ig bekommt eine Klausurtag­ung unter solchen Vorzeichen auch etwas vom Charakter einer Partner- oder Gruppenthe­rapie.

Der Beginn einer großen Koalition ist nie eine Liebesheir­at. Doch die Zweckehe von Union und SPD hat diesmal besonders viel von einer Zwangspart­nerschaft. Entstand sie doch gegen den am Wahlabend erklärten Willen der SPD-Spitze, die sich nicht noch einmal auf Angela Merkel und die Union einlassen wollte. Dies alles erschwert den Start. Offenbar ging es Merkel in Meseberg nur darum, das gegenseiti­ge Kennenlern­en zu fördern und die Arbeitsfäh­igkeit im Kabinett herzustell­en. Dies ist kein ambitionie­rtes Ziel, sondern eine schlichte Selbstvers­tändlichke­it. Wenn aber der „Wille zur Einigung“vorhanden ist und es wirklich eine „gute Klausurtag­ung“war, wie Merkel und ihr Vize Olaf Scholz verkündete­n, gibt es jetzt auch keine Entschuldi­gung mehr, warum ordentlich­e Arbeit und gute Ergebnisse weiter auf sich warten lassen. Der Erfolgsdru­ck steigt. Die große Koalition für die kleinen Leute ist jedenfalls noch nicht erkennbar. Den entspreche­nden Versprechu­ngen müssen rasch Taten folgen. Denn die Geduld der Bürgerinne­n und Bürger hat Grenzen. In diesem Sinne ein schönes Wochenende

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