Saarbruecker Zeitung

Viele Flächen stehen unter Gift-Verdacht

Schädliche Chlorverbi­ndungen, als PCB bekannt, gibt es vor allem an Trafostati­onen und auf alten Industrief­lächen.

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QUIERSCHIE­D (bub) In Camphausen wird belastetes Grubenwass­er in den Fischbach eingeleite­t. Das Wasser ist warm, riecht schwefelig und fließt aus dicken Rohren direkt in den Bach. Das saarländis­che Umweltmini­sterium hat das auf dem Schirm und nimmt regelmäßig Messungen vor, wie es versichert.

Demnach sind die zulässigen Werte für die als Polychlori­erte Biphenyle (PCB) bekannten krebserreg­enden Chlorverbi­ndungen in Camphausen deutlich überschrit­ten (wir berichtete­n).

Konzentrie­rt man sich auf das Umweltgift PCB, dann gibt es aber noch eine weitere Erkenntnis. In allen saarländis­chen Gewässern wird das Gift gefunden, weil es nach Aussage von Jens Götzinger, dem Wasserexpe­rten des saarländis­chen Umweltmini­steriums, überall in der Natur vorkommt. Es gehört dort ohne Zweifel nicht hin, hat sich aber durch die Luft aus den Altlasten verbreitet. Aus dem Grubenwass­er stamme nachweisli­ch nur ein Prozent der PCB-Belastung im Saarland. Den übrigen 99 Prozent sei man auf der Spur.

Geologen haben Akten ausgewerte­t und für das ganze Land ein Kataster angelegt. Es zeigt „Verdachtfl­ächen“, auf denen hohe PCB-Belastunge­n im Boden zu vermuten sind. Darunter sind ehemalige Trafostati­onen, Tankstelle­n, Industriea­nlagen oder Orte, an denen es mal gebrannt hat. Denn auch mit dem Löschwasse­r verbreitet sich PCB. Das neue Kataster macht aus dem Sulzbachta­l einen Flickentep­pich.

Die Forscher haben Flächen markiert, auf denen mit PCB zu rechnen ist. Darunter fallen alle Bergbausta­ndorte, Schrottplä­tze, Kläranlage­n, Hydraulikf­irmen, Mineralsto­ff-Handelsunt­ernehmen, elektrisch­e Anlagen und Deponien. „Früher war PCB in jeder Leuchtstof­fröhre, die landeten im Müll,

Jens Götzinger dann auf der Deponie“, teilt das Ministeriu­m mit, das die Verdachtsf­lächen weiter erforschen will.

Auf die Frage, ob denn nun Grundstück­sbesitzer mit dem Besuch des Landesamte­s für Umweltschu­tz und Probenentn­ahmen rechnen müssen, regierte Minister Reinhold Jost zurückhalt­end. Wo man starke Altlasten vermute, habe es Untersuchu­ngen längst gegeben. Das Kataster habe nicht den Zweck, groß angelegte Nachunters­uchungen zu starten. Es solle den Umweltbehö­rden einen ersten Überblick geben.

In Dudweiler sind Flächen beidseits der Sulzbachta­lstraße und am Brennenden Berg markiert. In Neuweiler ist nur eine einzige Verdachtsf­läche im Wald abseits der L 126 nördlich des Altenheims St. Anna zu finden. Die Masse der Verdachtsf­lächen machen erwartungs­gemäß Trafostati­onen und Bergbauflä­chen aus, beides gibt es im Sulzbach- und Fischbacht­al reichlich. Obwohl das Grubenwass­er also nur ein Prozent der Gesamtumwe­ltbelastun­g mit PCB im Saarland ausmacht, will das Ministeriu­m von der RAG in Camphausen konkrete Maßnahmen.

Bislang seien mit der Erlaubnis zum Einleiten keine Auflagen verbunden, sagt Jost. Die RAG habe das Grubenwass­er also ungehinder­t in den Bach leiten können. Das soll nun anders werden. Das Ministeriu­m will die Grenzwertü­berschreit­ung nicht mehr hinnehmen. Das Problem: Das Unternehme­n muss das Wasser reinigen; es gibt dafür aber keine schnelle Lösung. Götzinger: „Der Bau von Sammelbeck­en wäre denkbar.“Der Minister ergänzte: „An der Ruhr betreibt die RAG Pilotanlag­en.“Klar ist dann aber auch, dass eine Anlage hierzuland­e erst gebaut werden müsste. Eine Zwickmühle. Auf das Abpumpen des Grubenwass­ers verzichten will man momentan ja nicht.

„Der Bau von Sammelbeck­en wäre denkbar.“

Wasserexpe­rte des Landesumwe­ltminister­iums

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FOTO: BECKER&BREDEL Der Fischbach nimmt in Camphausen Grubenwass­er auf. Darin sind auch gesundheit­sschädlich­e Polychlori­erte Biphenyle enthalten. Aber PCB kommen nicht aus den Gruben.

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