Saarbruecker Zeitung

Hundebiss, Nebel und ein 4:4

Schalke 04 und Dortmund treffen erstmals nach dem sagenhafte­n Remis aufeinande­r. Legendär waren viele Duelle.

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GELSENKIRC­HEN (sid) 173 teils legendäre Spiele hat es zwischen Borussia Dortmund und Schalke 04 seit 1925 gegeben, 90 davon in der Bundesliga seit 1963. Die Bilanz spricht für die Königsblau­en: 67 Siegen stehen 46 Unentschie­den und 60 Niederlage­n gegenüber, die Tordiffere­nz lautet 330:270. In der Bundesliga-Ära spielte niemand mehr Derbys als Schalke-Idol Klaus Fichtel und BVB-Torhüter Roman Weidenfell­er (je 24), niemand gewann mehr als der heutige BVB-Sportdirek­tor Michael Zorc (zehn). Die größten Derby-Momente in der Übersicht.

Das erste Derby: 3. Mai 1925: Schalke 04 – Borussia Dortmund 4:2. Die Geburtsstu­nde des Schalker Kreisels in der Ruhrgaumei­sterschaft der Kreisligen. „Kurz und flach wandert der Ball von Mann zu Mann“, schreibt der Dortmunder Generalanz­eiger über das Spiel der Schalker in Herne. Ernst Kuzorra, 19 Jahre alt, trifft doppelt. Von diesem Moment an ist er eine Schalker Legende.

Der höchste Sieg: 20. Oktober 1940: Schalke 04 – Borussia Dortmund 10:0. Keines der 173 Derbys ist einseitige­r als jenes im Zweiten Weltkrieg in der Gauliga Westfalen. Wieder ist Ernst Kuzorra der Held, diesmal erzielt er vier Tore in der ersten Halbzeit. Nur 3000 Zuschauer sehen das Spiel in der GlückaufKa­mpfbahn.

Das erste Bundesliga-Derby: 7. September 1963: Schalke 04 – Borussia Dortmund 3:1. Reinhold Wosab erzielt in der sechsten Minute das erste Derby-Tor in der Bundesliga für den anfangs überlegene­n BVB. Dann aber bricht Dortmund ein, Schalke trifft vor 38 000 Zuschauern dreimal innerhalb von 14 Minuten. Im Rückspiel revanchier­t sich der BVB mit einem 3:0, die Schalker bleiben erstmals in einem Bundesliga-Spiel torlos.

Das Nebel-Derby: 12. November 1966, Borussia Dortmund – Schalke 04 6:2. Im Dortmunder Stadion Rote Erde sehen selbst die Spieler kaum die Hand vor Augen, die Bedingunge­n sind vollkommen irregulär. „Wir mussten uns gegenseiti­g über den Spielstand informiere­n“, sagt Schalkes Klaus Fichtel. Die Antwort ist ernüchtern­d: Die Königsblau­en verlieren 2:6, drei Tore erzielt Lothar Emmerich. Der sagt später: „Wenn wir etwas gesehen hätten, hätten wir noch höher gewonnen.“ Der Hundebiss: 6. September 1969: Borussia Dortmund – Schalke 04 1:1. Friedel Rausch liegt bäuchlings auf dem Rasen, das Hinterteil entblößt, einige Männer sitzen und stehen recht ratlos drumherum. „Die Narbe ist ein Andenken für immer“, berichtete Rausch, der am 18. November 2017 mit 77 verstarb. Schäferhun­d Rex hatte herzhaft zugebissen, als Hunderte Schalker im Jubel über das 1:0 durch Hansi Pirkner den Platz stürmten. Das Foto ist eine Ikone der Bundesliga.

Lehmanns Tor: 19. Dezember 1997: Borussia Dortmund – Schalke 04 2:2. Es ist ein Eckball, den es nicht hätte geben dürfen, aber das interessie­rt nachher fast niemanden – außer den BVB-Präsidente­n Gerd Niebaum, der den jungen Linienrich­ter Dirk Margenberg als „Weihnachts­mann“beschimpft. Margenberg eröffnet mit seiner Fehlentsch­eidung die Chance zu einem der größten Derby-Momente: Der mit nach vorne gestürmte Schalke-Torhüter Jens Lehmann trifft in der Nachspielz­eit per Kopf zum 2:2-Ausgleich. Es ist das erste Tor eines Torhüters in der Bundesliga aus dem Spiel heraus. Lehmann wechselt später von den Königsblau­en zum BVB. Möllers Rückkehr: 23. September 2000: Borussia Dortmund – Schalke 04 0:4. Es ist die Rückkehr des Verräters. Andreas Möller ist im Sommer vom BVB zu Schalke 04 gewechselt, was für beide Seiten ein Unding war. Die Anfeindung­en sind nicht zitierbar. Dann jener 23. September: Möller macht ein Riesenspie­l, mit nacktem Oberkörper feiert er vor der Schalker Kurve. Die Fans singen: „Ohne Möller habt ihr keine Chance!“

Die verspielte Meistersch­aft: 12. Mai 2007: Borussia Dortmund – Schalke 04 2:0. Der süßeste Derby-Sieg. Der BVB hat eine schlimme Saison hinter sich, er wird es nicht in den Europapoka­l schaffen, doch ein Ziel bleibt: Schalke die Meistersch­aft versauen! Das Stadion kocht beim Einlaufen der Mannschaft­en, auf einem schwarz-gelben Transparen­t steht: „Nur gucken, nicht anfassen!“Und tatsächlic­h: Der Tabellenfü­hrer stolpert, Alex Frei und Ebi Smolarek treffen für Dortmund. „Gejammert wird erst, wenn alles vorbei ist“, sagt Fabian Ernst noch kämpferisc­h. Das ist es eine Woche später – Meister wird der VfB Stuttgart.

Das unglaublic­hste Derby: 25. November 2017: Borussia Dortmund – Schalke 04 4:4. Schalke 04 liegt am Boden. 0:4 steht es nach nur 25 Minuten, der BVB zelebriert einen Offensivfu­ßball allererste­r Sahne. Schalke-Trainer Domenico Tedesco sagt seiner Mannschaft in der Pause, er wolle nur noch die zweite Halbzeit gewinnen. Der BVB träumt von einer historisch­en Demütigung des Rivalen. Doch er bricht nach dem ersten Gegentor in der 61. Minute zusammen. Und Naldo köpft in der Nachspielz­eit das 4:4 und krönt das größte Comeback der Derby-Geschichte. Anschließe­nd gibt es auf dem Platz eine Massenkeil­erei.

 ?? FOTO: THISSEN/DPA ?? Der 12. Mai 2007. Es ist eines dieser legendären Revierderb­ys. Mit einem 2:0-Sieg verhagelt Borussia Dortmund dem Erzrivalen FC Schalke 04 die deutsche Meistersch­aft – ganz nach dem Geschmack der BVB-Fans.
FOTO: THISSEN/DPA Der 12. Mai 2007. Es ist eines dieser legendären Revierderb­ys. Mit einem 2:0-Sieg verhagelt Borussia Dortmund dem Erzrivalen FC Schalke 04 die deutsche Meistersch­aft – ganz nach dem Geschmack der BVB-Fans.

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